Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
wach.«
Frohinia stand mit verschränkten Armen und böser Miene an R'shiels Bett. Es brauchte ein, zwei Augenblicke, bis R'shiel begriff, dass sie sich im Krankensaal befand.
»Mutter ...«
»Du hättest wenigstens so viel Anstand haben können, das Einsetzen deiner Frauwerdung an einem weniger öffentlichen Ort zu bekunden«, schalt Frohinia. »Ich glaube, ich darf noch froh sein, dass Tarjanian dich aufgelesen hat, aber warum er unbedingt mit dir auf den Armen durch die Zitadelle laufen und herumschreien musste wie ein Fischweib, anstatt die Angelegenheit verschwiegen zu behandeln, entzieht sich meinem Verständnis.«
»Ich glaube, ich hatte die Besinnung verloren.« R'shiel wünschte sich, nicht aus dem friedvollen Reich der Ohnmacht erwacht zu sein. Jede Hoffnung auf ein Mindestmaß an Mitgefühl seitens ihrer Mutter war im Handumdrehen zerstoben.
»Schwester Gwenell sagt, du habest eine große Menge Blut verloren«, meinte Frohinia ungeduldig. »Ich erwarte von dir, dass du ihre Anweisungen aufs Wort befolgst, damit gewährleistet ist, dass du bald gesund wirst. Es verhält sich schließlich nicht so, dass du die erste Frau bist, bei der die Regel sich mit einer besonders starken Blutung einstellt.«
»Ich gebe mir das nächste Mal Mühe, es besser zu machen.«
»Wenn du nicht ausreichend isst, gibt es kein nächstes Mal«, antwortete Frohinia, indem sie die Schärfe in R'shiels Ton überhörte. »Ich weiß nicht, was du dir davon versprichst, dich zu Tode zu hungern, Liebchen, aber für alle Fälle habe ich Anordnung erteilt, dich zwangsweise zu ernähren, solltest du künftig das Essen verweigern.«
Mit wem hat sie geredet?, überlegte R'shiel. Junie? Kilene? Anderen Seminaristinnen? Doch zumindest - den Gründungsschwestern sollte Dank sein! - litt sie nicht mehr unter Kopfweh. Selbst das dumpfe Pochen hinter ihren Augen war wie durch ein Wunder zu Ende. In letzter Zeit hatte dieser Schmerz sie so beständig durchs Leben begleitet, dass sie sich ohne ihn beinahe ärmer fühlte.
»Ich richte mich nach Schwester Gwenells Weisungen.«
»Gut«, äußerte Frohinia, als wäre die Sache damit ausgestanden. »Gwenell hat mir erklärt, dass du, wenn sie dich entlassen hat, eine gewisse Frist brauchst, um vollends zu genesen und dich zu erholen. Ich nehme an, dass du nach der Entlassung bis zum Gründungsfeiertag in deinem Zimmer bleiben darfst. Meine Erwartung ist, dass du danach wieder den Unterricht besuchst, und ich will nie mehr etwas Ähnliches zu hören bekommen.«
Weil damit das Gespräch für ihre Begriffe beendet war, wandte sich Frohinia ab und rauschte, vorbei an der langen Reihe tadellos gemachter, mehrheitlich unbelegter Betten, zum Krankensaal hinaus. R'shiel blickte ihr nach und fragte sich, was Frohinia denn eigentlich zufrieden stellen könnte. Fünf Jahre hindurch hatte Frohinia ihr gegrollt, weil ihre Regel ausblieb. Jetzt verübelte sie ihr das Eintreten der ersten Monatsblutung, weil sie sich in der Öffentlichkeit ereignet hatte. R'shiel wälzte sich herum und zog sich die Decke über den Kopf, vergoss unvermutet Tränen und sehnte sich zurück in die Welt des Schlummers.
Frohinia besuchte R'shiel kein zweites Mal im Krankensaal. Schwester Gwenell ließ R'shiel für fast eine volle Woche Bettruhe halten, ehe sie einlenkte und ihr erlaubte, kurze Spaziergänge im Garten längs der Fensterreihen des Spitals zu unternehmen. R'shiel mochte Gwenell durchaus leiden, zumal sie sich, sobald sie die Gewissheit hatte, dass die Genesende nicht umsank, wenn sie sich zu hastig aufrichtete, öfters zu ihr ans Bett setzte und mit ihr plauderte, oder sogar, obwohl R'shiel jedes Mal gewann, mit ihr Doppelhand-Tharabac spielte.
R'shiel führte ihre anhaltende Schwächung mehr auf die erzwungene Untätigkeit als auf den Blutverlust zurück. Wie es den Anschein hatte, war mit dem Einsetzen ihrer Regel ihre Abneigung gegen Fleisch zugleich mit den Kopfschmerzen verschwunden. Nach wie vor verspürte sie kein ausgeprägtes Gelüst nach Fleisch, aber es beleidigte nicht mehr ihre Nase, und sie ekelte sich auch nicht mehr davor, eine Entwicklung, die sich als umso vorteilhafter erwies, da Gwenell fest die Überzeugung vertrat, das verlorene Blut könne allein durch rotes Fleisch ausgeglichen werden, sodass R'shiel welches zum Morgenmahl, mittags und ebenso zum Abendessen erhielt.
Am dritten Tag ihrer Bettlägerigkeit genehmigte man Junie und Kilene einen Krankenbesuch. Ihre Freundinnen quollen nachgerade
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