Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
ihrem Willen, würde er aus dem Heer entlassen.«
»Dann wollen wir hoffen, dass sie ihren Willen niemals bekommt«, antwortete Tarja. »Jedenfalls brauchst du dir um mich keine Sorgen zu machen, R'shiel. Ich muss nur ein paar nördliche Grenzdörfer besichtigen. In verwickelte Geheimsachen werde ich dabei gewiss nicht verstrickt.«
»Na, sei trotzdem vorsichtig«, riet R'shiel.
»Wie Ihr befehlt, Gnädigste.« Tarja vollführte eine knappe, aber vollendete Verbeugung.
R'shiel furchte die Stirn, weil sie sich ganz sicher war, dass er sich lustig über sie machte, aber es war zum Werfen einfach nichts Hartes greifbar. »Wann bist du zurück?«
»Mit etwas Glück zum Gründungsfeiertag. Bis dahin will ich wieder da sein, und wenn es nur zu dem Zweck ist, Frohinia zu ärgern.«
»Seid wann legst du Wert darauf, am Gründungstag im Festumzug mitzureiten?«
Tarjas Gesichtsausdruck ließen sich Andeutungen einer gewissen Genugtuung erkennen. »Mahina wird einige Neuerungen verkünden. Ich möchte unbedingt, wenn es so weit ist, die Fratzen sehen, die unsere geliebte Mutter schneidet.« Er beugte sich vor und küsste R'shiel sachte auf die Stirn, eine Nettigkeit, die er seit Kleinkindertagen nicht mehr begangen hatte. »Gib auf dich Acht, R'shiel.«
»Du auch«, sagte sie; doch als sie die Augen aufschlug, war er schon fort.
9
Drei Wochen lang ritt Tarjanian mit kleinem Geleit nach Norden, in die dünn besiedelte Hochebene an der karischen Grenze. Während sie sich allmählich der Grenze näherten, ragten in der Ferne, am westlichen Gesichtskreis, die mit Schnee bedeckten Heiligen Berge täglich höher empor, und mit dem Heranrücken des Winters wurde die Luft merklich kühler. Niedrige Wolken zogen über den Himmel, sodass man die Sonne nicht mehr sah, doch fiel nur wenig Regen, ein Sachverhalt, der die Reiter froh stimmte. In einigen Wochen sollten sich diese Wolken über den Bergen ballen, und dann würden sie der Hochebene Schnee bescheren. Tarjanian hoffte, längst wieder in der Zitadelle zu weilen, wenn der Schneefall einsetzte.
Garet Warner hatte Tarjanian in den Norden geschickt, damit er die in Grenznähe gelegenen Ortschaften auf die Möglichkeit prüfte, sie in die geplante künftige Grenzverteidigung einzubeziehen. Er wollte das Urteil eines Reiterhauptmanns über die Frage hören, ob diese Orte die Versorgung der großen Anzahl von Hütern sicherstellen konnten, deren Verlegung an die Nordgrenze durch den dortigen Bau neuer Befestigungen erforderlich würde. Zudem mussten die langfristigen Auswirkungen einer ständigen Besatzung solcher Festungswerke berücksichtigt werden. Im Steppengebiet der Hochebene konnten zwar die Pferde grasen, aber ein Schlachtross allein brauchte täglich rund zwanzig Pfund Futter, die - neben allem anderen, das die Hüter benötigten - zur Grenze befördert werden mussten.
Warner vertrat die Ansicht, dass der medalonisch-karische Friedensvertrag nicht allein aus wechselseitigem Vertrauen so lange eingehalten worden war, sondern auch aus Bequemlichkeit, aus Abneigung gegen übergroßen Aufwand. Nachdem er gesehen hatte, wie wenig sich das Grenzland - die Weiler nördlich des Gläsernen Flusses - für den Unterhalt größerer Heere eignete, neigte Tarjanian dazu, sich seiner Einschätzung anzuschließen.
Der heikelste Bereich an der Grenze zwischen Medalon und Karien war diese hoch gelegene, grasige Ebene, von dem sich die Berge ziemlich schroff-steil abhoben, eine offene, weite und unverteidigte Fläche mit kniehohem Grasbewuchs, der sich jetzt, kurz vor dem Winter, braun verfärbte. Tarjanian und seine bescheidene Bedeckung erreichten das verfallene Grenzkastell, weit und breit die einzige menschliche Wohnstatt der Ebene, am ersten Brigedda. Er dachte über den Monatsnamen nach, während er im Trab auf das uralte Kastell zuritt, und fragte sich, wer Brigedda wohl gewesen sein mochte. Man hatte sämtliche medalonischen Monate nach den Gründungsschwestern benannt, von denen einige, wie Param, die den Harshini Medalon entrissen und über das Land die Herrschaft der Schwesternschaft des Schwertes gebracht hatte, höchsten Ruhm genossen. An andere hingegen, so wie an Brigedda, erinnerte man sich lediglich aus dem Grund, dass ihre Namen den Gang des Jahres kennzeichneten.
Er hatte nicht einmal geahnt, dass es hier noch ein altes Kastell gab, bis der Gastwirt in Lilienthal die Anlage erwähnt hatte. Daraufhin hatte Tarjanians Neugier die Oberhand gewonnen, und er hatte
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