Daemonenmal
wiederherzustellen – um ein Exempel zu statuieren. Damit die Geschöpfe, die in der Düsternis umherfleuchen, auch genau da bleiben – und fleuchen, anstatt herumzustolzieren.
Hin und wieder ist es unsere Aufgabe, rastlosen Seelen ihre Ruhe zu geben – in Fällen, in denen der Tod erst der Anfang ist.
Wir arbeiten recht eng mit der normalen Polizei zusammen -hauptsächlich deshalb, weil freischaffende Jäger meistens nicht lange genug leben, um sich eine Karriere aufzubauen. Sogar das FBI hat sein Martindale-Einsatzkommando: Jäger und Werwesen, die sich auf Landesebene und im Staatenverbund um die spaßigen Angelegenheiten der Schattenwelt kümmern. Es wird gemunkelt, dass auch die CIA und die NSA ihre eigenen Jäger-Einheiten haben, aber darüber weiß ich nichts.
Für eine Jägerin wie mich ist die Unterstützung durch die normalen Cops und die Staatsanwaltschaft entscheidend. Immerhin sorgen wir mit unserer Arbeit für Recht und Ordnung. Auch wenn unsere Methoden vielleicht ein bisschen ungewöhnlich sind.
Na schön. Extrem ungewöhnlich.
Das Baby setzte ich in der Stadt im Sisters of Mercy ab. Der Granit-Jesus auf dem Dach blickte strafend auf das Finanzviertel hinunter. Wenn überhaupt, dann würde es das Krankenhaus schaffen, die Mutter ausfindig zu machen. Avery kam herunter, um den Gefangenen in Empfang zu nehmen, der schweißgebadet war, vor Angst wimmerte und sich in seine ohnehin nicht allzu saubere Hose gepisst hatte.
Ich hatte vorhin wohl mein böses Gesicht aufgesetzt.
„Gott im Himmel. Schläfst du denn überhaupt irgendwann mal?“ Avery, gut aussehend und schwermütig wie immer, blickte unter seinen dunklen Locken verschlafen und gelangweilt drein, bis er durch die Luke in der Tür guckte. Dann hellte sich sein Blick etwas auf, während das Panzerglas unter seinem Atem einen kurzen Moment lang beschlug.
„Bin dabei, es mir abzugewöhnen. Schlafen schadet meinen Augenringen. Der ungezogene Bengel hier hatte eine flüchtige Bekanntschaft mit einem Arkeus. Hat wohl nicht viel abgekriegt.“ Ich lehnte mich an die Wand des Flurs und lauschte auf das heisere Gewimmer des Mannes auf der anderen Seite der stählernen Überwachungstür. Das Sisters of Mercy ist ein altes katholisches Krankenhaus. Und wie in den meisten alten katholischen Krankenhäusern gibt es auch hier einen Raum, in den sich selbst die furchteinflößendste aller Nonnen nicht hineintraut.
Das Jägerzimmer. Was nichts anderes ist als eine Wartezelle für Leute, die festgehalten werden, bis ein Jäger oder ein normaler Exorzist kommt, um ihnen den Teufel auszutreiben -oder mehrere.
Eine Menge Jäger haben ein Problem mit dem Exorzieren. Eigentlich geht es ganz einfach. Aber es verlangt der Psyche einiges ab, etwas aus einem Menschen herauszureißen. Es gibt Jäger, die auf einen Schlag ein halbes Duzend Trader um die Ecke bringen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Aber wenn sie ein simples „Rauszerren-und-Verbannen“ durchziehen sollen, kriegen sie weiche Knie. Vielleicht wegen der Schreie oder dem vielen Blut – obwohl Gott weiß, dass es davon auch genug bei unserer alltäglichen Arbeit gibt.
Michail gehörte nicht zu den Zimperlichen, und ich schätze, ich ebenso wenig. Exorzismen sind geradlinige, einfache Arbeit, und normalerweise bleibt das Opfer dabei am Leben. Ich nenne so was einen leichten Job.
„Ein üblicher Halb-Aufriss also. Lohnt sich ja kaum, dafür aus dem Bett zu steigen.“ Avery steckte die Hände in die Taschen und stellte sich noch einmal auf die Zehenspitzen, um durch das dicke Gitterfenster zu spähen. Der Trader trug noch immer seine Handschellen. Ich hatte ihn mitten in einem geweihten Kreis abgeladen, der in den porösen Betonboden geritzt war. In den tiefen Ritzen floss funkelnde Sphärenenergie, die auf den Hauch von Höllenbrut in der Aura des Mannes reagierte.
„Er war gerade dabei, einem Dämon ein Baby zu übergeben. Geh also nicht zu sanft mit ihm um.“ Ich rappelte mich auf, und die Silberamulette in meinem Haar klimperten. „Ich muss los, rüber zur Wache. Montaigne hat mich gerade angepiepst. Vielleicht bringe ich dir später noch einen vorbei.“
Avery verzog das Gesicht, den Blick noch immer auf den Trader gerichtet. „Himmel. Ein Baby? Und solltest du nicht besser nach Hause gehen? Das ist jetzt schon der Vierte, den du diese Woche ablieferst.“
Als hätte ich nicht längst den Überblick verloren. Doch auch ich musste zugeben, dass in letzter Zeit alarmierend
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