Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
Vom Netzwerk:
ich vorher noch anrufen, aber dann dachte ich, dass du eh selten ans Telefon gehst.“
    Ich ließ die Peitsche fallen. Machte den Mund hörbar zu und starrte ihn weiter an.
    Er stand in meiner Küche. Schon wieder.
    Gott im Himmel, das pack ich nicht.
    Er drehte die Herdplatten aus und griff sich die Pfanne. Eins der Omeletts ließ er auf einen Teller hüpfen, den er schon bereitgestellt hatte. Dann wiederholte er das Ganze mit einem etwas größeren. Ein herrlicher Duft zog auf. „Salz und Pfeffer überlasse ich dir“, sagte er, und mir fiel auf, dass er ein bisschen nervös klang, zum allerersten Mal.
    Ich räusperte mich. Damit erschöpfte sich dann auch mein Beitrag zur Unterhaltung.
    Er drehte sich um, hielt meinen verkratzten Plastikwender aus dem Secondhandladen in der Hand. „Wir müssen uns auch mal über deinen Geschmack bei Küchenutensilien unterhalten.“ Sein dunkler, gefasster Blick suchte meinen, dann ließ er die Hand sinken. Der Schaber baumelte lässig an seiner Seite.
    Ich nahm allen Mut zusammen, den ich finden konnte. „Ich bin nicht besonders gut in so was“, stammelte ich und klang dabei ungefähr so wie eine siebenjährige Minnie Mouse und irgendwie gar nicht wie eine selbstbewusste Jägerin und Killerin von Höllenbiestern.
    „Ist mir nicht entgangen“, antwortete er ernst. Er sah nicht weg.
    Mein Herz entkrampfte sich. Bitte, Gott. Ein kurzes Stoßgebet als Ausdruck meiner Sehnsucht. Mehr brachte ich nicht zustande. „Ich bin kein netter Mensch.“ Ich töte, Saul. Ich töte Höllenbrut und Traderund andere fiese Gestalten. Ich hin verdorben. Unrein. Du hast keine Ahnung, wer ich war oder was Michail aus mir gemacht hat – oder was ich jetzt bin. Was ich um ein Haar getan hätte, wie nah ich dran gewesen war, meine Seele zu verlieren. Menschen werden nicht nur in Märchen von Dämonen in die Hölle gezerrt.
    Er seufzte. Legte den Wender auf die Küchenablage. Mir fiel ein, dass ich eine Waffe in der Hand hielt, und ich steckte sie weg. Das Knarzen des Ledergurts klang wahnsinnig laut.
    „Michail war nicht der einzige Mann, der sich um dich schert.“ Saul sprach sehr leise. „Keine Verpflichtungen, keine Versprechungen. Lass uns einfach sehen, wie’s läuft.“
    Ein ersticktes Wort kämpfte sich nach draußen. „Warum?“ Warum ich? Warum das alles? Warum hast du nicht vor Perry hier auftauchen können? Bevor ich als Teenager auf dem Strich gelandet bin und ernsthaft mit Wutanfällen zu kämpfen hatte? Bevor ich kaputtgegangen bin?
    Er schüttelte leicht den Kopf, als wäre das eine dumme Frage gewesen. „Weil du mich brauchst. Weil ich es will“, sagte er sanft. Und weil er ein Wer war und es so ruhig sagte, erschien es logisch.
    Gott steh mir bei, es war wirklich logisch. Er war jetzt hier. Genau hier. In meiner Küche.
    Mit Omeletts.
    Eine einzelne Träne rann mir über die Wange, heiß und anklagend. „Ich weiß nicht, wie man das macht.“ Damit war meine Fähigkeit zu sprechen aufgebraucht, denn noch ein einziges Wort, und ich würde anfangen zu heulen.
    Er zuckte mit den Schultern. Nahm einen Teller. Und ich bemerkte, dass er die Ofenkartoffeln sogar fein säuberlich mit Petersilie dekoriert hatte. Irgendwie war das aberwitzig komisch.
    „So schwer ist das nicht, Jill. Setz dich einfach hin und iss einen Happen. Dann reden wir.“
    „Äh?“, blubberte ich. Was ich damit sagen wollte, war: Reden – über was denn?
    Und, Herr im Himmel, er verstand mich. Er lächelte, wie er so unter der Lampe stand, ein süßes, bedächtiges Lächeln -und ich verlor auch den letzten Rest von Verstand und Vernunft.
    „Wir können über alles reden, Kätzchen. Jetzt komm schon -bevor es kalt wird.“

Glossar
     
    AndersSicht: Form des Zweiten Gesichts; Fähigkeit, magische Energie zu sehen; u. U. auch als Bezeichnung von Hellsichtigkeit gebraucht
    Anhängerschaft des Mittleren Pfades: huldigt dem Chaos; Anhänger sind üblicherweise Soziopathen und magisch begabte Einzelgänger; gelegentlich veranstalten die Anhänger Zusammenkünfte, um ein Gebiet zu einem bestimmten Zweck an sich zu reißen
    Arkeus: dämonischer Verführer, der aus der Hölle entkommen ist
    Bannfeuer: reinigendes magisches Feuer
    Besetzer: körperloser Dämon niedrigster Stufe, der sich darauf spezialisiert hat, von Menschen Besitz zu ergreifen und sie zu kontrollieren; Hauptgrund für Exorzismen
    Chutsharak: chaldäisches Schimpfwort, etwa „Ach, du Scheiße“
    Dämon: weit verbreitete Bezeichnung für alle

Weitere Kostenlose Bücher