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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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einen Deal, kleine Jägerin?“
    Himmel. Michail, ich hoffe, du liegst richtig. Ich habe mich sicher nicht wegen dieses Höllenheinis auf diese Sache eingelassen. Noch nicht einmal, weil der Gedanke an so viel Macht verlockend war.
    Ich willigte ein, weil Michail es mir nahegelegt hatte, auch wenn es unterm Strich trotzdem meine Entscheidung war. Wenn ich es für meinen Lehrer tat, machte das aus mir ja keinen Trader.
    Oder?
    „Einverstanden. “ Ein einziges Wort. Es kam mir ganz leicht über die Lippen, völlig selbstverständlich, ohne jedes Zögern.
    Heiße Finger schlangen sich mit einem Griff wie aus Eisen um meinen rechten Unterarm. „Wie schön.“ Ein kleines, feuchtes Schmatzen, wie von einem hungrigen Kleinkind am Frühstückstisch. Dann löste er meine Hand von der Stuhllehne und drehte die zarte, blasse Unterseite des Gelenks ins kalte Neonlicht. Mir hämmerte das Herz bis zum Hals. Adrenalin pumpte den Geschmack von Eisen auf meinen trockenen Gaumen, und mit Mühe verbiss ich mir einen Schrei.
    Es war zu spät. Ein kleines Wort nur, und ich hatte einen Vertrag besiegelt.
    Nun würde es sich zeigen, ob Michail recht hatte und meine Seele immer noch mir gehörte.

1
     
    Jede Stadt hat ihren Herzschlag. Man muss nur wissen, wo man ihn fühlen kann – wo er pulsiert, wenn die Sonne aus dem Himmel blutet und die Nacht aufzieht, um die Sünde unter ihrem Mantel zu verbergen.
    Ich kauerte mich am Rand eines Daches nieder. Mein schwerer Ledermantel hing hinter mir wie ein Anker. In vollkommener Stille hockte ich da und wartete. Aus der kühler werdenden Wüste stieg wie aus einem Backofen heißer Wind auf, der meinen Körper umwaberte. Die Narbe an meinem rechten Handgelenk pochte unter dem breiten, aufklappbaren Kupferarmband wie ein glühendes Geschwür. Ich hatte das Schmuckstück extra anfertigen lassen, doch allmählich rostete das Metall, verfärbte sich grün und wurde dünner.
    Ich würde mir bald etwas anderes einfallen lassen müssen, um das Mal zu verbergen. Zu blöd, dass ich zwei linke Hände habe, wenn es um so filigrane Arbeiten geht. Und Galina waren die geweihten Kupfermanschetten ausgegangen. Die nächste Lieferung aus Nepal ließ leider noch auf sich warten.
    Unter mir lag eine trübe und widerliche Gasse. Hier am Rand des Barrio-Gettos gab es zahlreiche Verstecke für die dunklen Geschöpfe, die nach Einbruch der Nacht aus ihren Löchern kriechen. So weit draußen gehen die Werwesen nicht mehr auf Streife. Ihr eigener Abschnitt von wild zusammengewürfelten Straßen und Gassen rund um die Plaza Centro und ihre unzähligen Mietskasernen hält sie schon genug auf Trab. Das hier war Grenzgebiet – zwischen dem Revier einer neuen Jägerin und den Straßen, die die Wer-Truppen vorm Überbrodeln bewahrten. Und einige Ausgeburten der Hölle meinten, hier müssten sie sich nicht an die Regeln halten.
    Nicht in meiner Stadt, Compadres. Wenn ihr glaubt, ihr könnt Kismet auf der Nase herumtanzen, weil sie erst seit einem halben Jahr auf eigenen Beinen steht, habt ihr euch gewaltig geirrt.
    Auf einmal bekam ich im rechten Schenkel einen Krampf ein gemeiner Schmerz, den ich einfach ignorierte. Seit drei Tagen hatte ich nicht mehr geschlafen, sondern mich nur von einem tödlichen Kampf in den nächsten gestürzt – der Abwechslung halber hatte ich mir zwischendurch den einen oder anderen Exorzismus gegönnt. Jedenfalls war mein Elektrolyt-Haushalt ein einziges Durcheinander. Ich fragte mich, ob Michail sich jemals so erschöpft gefühlt hatte, so ausgezehrt, dass selbst die Knochen müde waren.
    Der Gedanke an Michail tat weh. Ich packte den Griff meiner Peitsche fester, und das Leder knarzte unter meinen Fingern. Wieder meldete sich die Narbe, dieser verräterische Knoten, der quälend meine Korruptheit verkündete.
    Sachte, Milaya. Es bringt nichts, Lärm zu schlagen. Mit Ruhe und Geduld fängt man Mäuse. Ich hörte seine hingehauchten Worte, als stünde er direkt neben mir – mit seinen stechenden wintergrauen Augen unter dem schlohweißen Haarschopf. Jäger werden normalerweise nicht besonders alt, aber Michail Ilych Tolstoi war in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme. Ich konnte beinahe sehen, wie sein Geist reglos neben mir saß und über seine aristokratische Nase hinweg die kleine Straße beäugte.
    Natürlich war er nicht wirklich da. Sein Körper war eingeäschert worden, so, wie er es gewollt hatte. Ich selbst hatte die Fackel halten und das Holz entzünden dürfen, bevor die Werwesen ihre

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