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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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den Wer durch die Tür. Wir wurden von Dunkelheit verschluckt, die nur von einem schwachen Silberlicht durchbrochen wurde.
    Am anderen Ende des Raumes stand der Altar, und an den Wänden prangten aufgesprühte Schutzsymbole in Blau und Schwarz. Sie stammten aus so ziemlich jeder nur denkbaren Religion seit Anbeginn der Zeiten. Dicke Farbstriche reagierten auf meine Anwesenheit und bewegten sich wie Tentakel. Die Luft vibrierte. Allmählich gewöhnten sich meine Pupillen an das Licht und weiteten sich.
    In den Holzboden waren zwei Kreise geritzt, einer umhüllte den anderen, und dazwischen waren gezackte Symbole zu sehen. Ebenso tief eingraviert war ein Pentagramm, das Silber, das fest in seine feinen Linien gehauen war, glühte. Die Dielen im Inneren des Kreises waren dunkler als der übrige Boden, das Silber war blass und ausgezehrt, schimmerte aber schwach, wie eine Leuchtreklame, der der Saft ausging.
    „Hm.“ Saul lugte über meine Schulter, ich konnte seine Wärme sogar noch durch mein T-Shirt spüren. „Nett.“
    Wenn du meinst. Ich verstärkte den Griff um mein Messer -die einzige Waffe, die ich bei mir trug. Ich fühlte mich so gut wie nackt. „Das hat Michail gemacht. Ein Geschenk.“ Damit ich nicht in eine Kirche gehen musste, um das Dazwischen zu besuchen. Die meisten Kirchen sind taktisch gesehen nämlich ein einziger Albtraum, was Verteidigung betrifft. Und während ich das hier mache, bin ich so gut wie schutzlos.
    Es war das letzte Geschenk, das er mir je gemacht hatte. Das Lagerhaus, dieser kleine Raum, Stunden der Arbeit und Liebe, wofür ich ihm nie ausreichend gedankt hatte. Drei Tage später war er tot gewesen, hatte ausgeblutet mit aufgeschlitzter Kehle in einem billigen Hotelzimmer gelegen, während die Sorrowschlampe, in die er sich verliebt hatte, mit seinem Amulett längst über alle Berge war und ich die Tür eintrat -fünfundzwanzig Sekunden zu spät, um ihn zu retten.
    Oh, Michail. Der vertraute, bittere Geschmack der Schande lag mir auf der Zunge.
    „Dafür hat er bestimmt eine Weile gebraucht.“ Saul schob sich an mir vorbei und berührte mich dabei etwas länger, als unbedingt nötig gewesen wäre. Dann untersuchte er konzentriert den Kreis. Er passte gerade so ins Zimmer, aber er war vollständig, die eingravierten Linien waren präzise und noch immer frisch.
    Ich spürte einen kurzen Stich im Herzen und erinnerte mich daran, wie Michail mir den Arm um die Schulter gelegt hatte. Ist für dich, Milaya. Gebrauche mit Verstand. Eines Tages ist der alte Mischa vielleicht nicht mehr da, um seine kleine Schlange unter Stein zu beschützen.
    Ich vermisste ihn. Ich vermisste ihn so sehr, sogar die Tritte und Klapse während des Trainings. Sogar die Angst mitten in der Nacht. Man muss seinen Lehrmeister ebenso sehr lieben wie hassen. Die Liebe ist es, die dir den Weg zurück aus der Hölle ermöglicht, während dein Meister das andere Ende der Verbindung festhält. Diese Liebe wird dich auch retten, wenn du dich in den wankelmütigen Selbstmord-Wäldern der Schreie verlaufen solltest, die die Grenze zwischen der Hölle und unserer Welt aus Fleisch und Licht darstellen. Die Liebe ist unverzichtbar.
    Den Hass braucht man, um stark zu werden. Draußen in der Wildnis der Schattenwelt gibt es keine zweiten Chancen, und dein Lehrmeister muss sicherstellen, dass du aus eigener Kraft überleben kannst. Es ist hart, einen Mitjäger zu verlieren, von uns gibt es auch so schon zu wenig. Aber einen Lehrling zu verlieren ist noch viel, viel schlimmer.
    Also läuft alles auf Liebe, Hass und Abhängigkeit hinaus. Alles miteinander verwoben bildet ein Seil, eine Verbindung, eine Kette. Eine Fessel, die ein jeder Jäger mit Stolz trägt -und die der Grund ist, weshalb wir uns gegenseitig nicht belügen. Man kann jemanden, der so geliebt worden ist, nicht belügen.
    Egal, welches Geheimnis dein Lehrer vor dir verbirgt. Egal, wie sehr er dich hintergeht.
    „Hat er“, wisperte ich. Wochen hat er daran gearbeitet. Hat er damals schon gewusst, dass er nicht ewig hier sein würde? Natürlich. Er war schon alt, und er musste wissen …
    Hatte er gewusst, dass die Sorrowhure ihn verraten würde? Er hatte es wissen müssen. Michail hatte mir alles beigebracht, was ich über die Sorrow und ihre Verehrung der Alten Götter wusste. Die Luft in ihren Häusern ist geschwängert vom Duft des Weihrauchs. Die Frauen dort werden zu Schwarmköniginnen ausgebildet, ihre vereinte Energie konzentriert sich darauf, die

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