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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Großen Alten durch die dünnen Schleier, die ihre Welt von der „realen“ trennen, zurückzuholen. Ich hatte Hutch besuchen müssen, um mir den Geruch einzuprägen, nur weil ich vorher noch nie eine gewittert hatte.
    Michail hatte es einfach wissen müssen. Also warum hatte er ihr vertraut? Warum hatte er es mir nicht gesagt?
    Kümmere dich um das Problem, das du jetzt hast, Jill. Hör auf, Zeit zu vertrödeln.
    Saul stellte sich in den leeren Raum in der Mitte des Drudenfußes. Ich atmete tief ein. Dann entfernte ich den Rubin von meinem Hals. Seine scharfen Kanten schnitten in meine verschwitzten Handflächen, als ich an dem Wer vorbeiging. Ich trat vorsichtig über den Doppelkreis und drehte mich zu Saul, den Rücken zum Altar gewandt. Sein Gesicht lag im Schatten, nur seine Augen funkelten, und das Silber in seinem Haar spiegelte das Licht wider, das von dem Pentagramm aufstieg.
    Ich hielt die Kette hoch. Der Rubin baumelte hin und her, in seinem Herzen wirbelten blutige Funken umher, als er spürte, was mir bevorstand. „Das hier ist meine Rettungsleine.“ Ich hörte mich ganz normal an, abgesehen von dem Schmerz, der jedes Wort begleitete. „Sie wird schlüpfrig werden und sich gegen dich zur Wehr setzen. Lass nicht los. Wenn du loslässt, bin ich verloren.“
    Er nickte nur. Seine Finger berührten meine, als sie sich um den Edelstein schlossen. Die Kette pendelte sachte. „Werde ich nicht.“
    Jill. Die Zeit drängt. Ich drehte mich von ihm weg und ging die vier Schritte auf den Altar zu. Er bestand aus Dolerit, gefördert aus einer Mine irgendwo in England und klammheimlich ins Land geschleust. Einer von Michails Freunden arbeitete im „Exportgeschäft“. Ein einfacher rechteckiger Steinklotz. Als ich die Hand darauflegte, vibrierte er leicht. Kälte biss mir in die Fingerspitzen. „Gott, mein Herr“, flüsterte ich. „Steh mir bei, wenn ich den Legionen der Hölle gegenübertrete. In deinem Namen …“
    Das war das Problem. Ich tat das nicht im Namen Gottes. Ich tat es für mich.
    Ich hüpfte auf den Altar und verbrachte ein paar Minuten damit, mich vorzubereiten. Die Kälte des Steins durchdrang sogar das Leder meiner Hosen, und mein T-Shirt richtete ohnehin nichts dagegen aus. Ich trug keine Waffen bei mir, nur das kleine Messer mit dem riemenumwickelten Griff. Ich lag auf dem Rücken, brachte sorgfältig meine Stiefel in Position und ruckte mit dem Kopf hin und her, bis mich die Amulette nicht mehr ganz so hart in die Haut drückten.
    Meine linke Hand war blass. Als ich sie anhob, fing mein Lehrlingsring an zu schimmern. Das Messer hielt ich in der Rechten. Ich schluckte.
    Tu’s nicht, Jill. Lass es. Du weißt, was passieren wird. Lass es bleiben. Finde eine andere Lösung.
    Es gab keinen anderen Weg. Und selbst wenn, dann nicht hier.
    Entschlossenheit machte sich in mir breit. Mein Ring spuckte einen Funken aus. Ein kleiner weißer Blitz inmitten der Düsternis. Die aufgesprühten Siegel an den Wänden glitzerten und wisperten, als würden geschundene Finger übereinanderreiben. Inzwischen würde man den Eingang in das Zimmer von außen nicht mehr sehen können, es war hermetisch abgeschlossen. Im Inneren war es wie im Schoß der Erde. Die Dunkelheit wurde nur durchbrochen von dem gespenstischen Leuchten des Pentagramms.
    Na los, Jill. Kurz und schmerzlos.
    Ich stieß zischend die Luft zwischen den Zähnen aus, legte die Klinge in meine Hand und drückte sie ins Fleisch.
    Blutgeruch stieg mir in die Nase. Galle kroch mir die Kehle hinauf. Ich ließ das Messer fallen und hörte, wie es hinter dem Altar scheppernd zu Boden fiel. Ich streckte die linke Hand aus. Die Narbe zog sich zusammen und grummelte unzufrieden.
    Sphärenenergie schoss wie ein Pfeil aus meiner Hand und in den Rubin, angezogen von einer Macht, die älter war als die Zeit selbst. Blut wurde angezogen von einem blutigen, blutgeeichten Juwel. Mein Rücken wölbte sich, und das Seil aus Energie straffte sich.
    Saul packte das andere Ende. Während es sich spannte, fühlte ich, wie er im Innern des Pentagramms auf ein Knie ging, seine Faust fest um den Rubin und das Blut geschlossen, mein Blut, das den Raum durchquert hatte, das träge und heiß durch seine Finger rann. Er stemmte sich gegen den Sog, und ich fiel …
    … durch heulenden Wind, der heftiger wurde, je tiefer ich glitt. Ein Schrei erfüllte die Welt, wie die Luftwirbel, die am Fenster eines Jets entlangzogen. Fallen, schneidende Luft, nacktes Fleisch, ein hartes

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