Daemonenmal
Werkatze fuhr gelassen fort, Jack Daniels in eins von vier klobigen Gläsern zu kippen. Wenn Werwesen sich zusammensetzen, um einen Schlachtplan zu entwerfen, sind Knabbereien ein Muss -es sei denn, die Angelegenheit ist wirklich düster. Und JD war alles, was ich an „Essbarem“ im Haus hatte – abgesehen von dem Bio-Experiment im Kühlschrank.
„Dominic besorgt was zu essen.“ Harp wandte ihre dunklen Augen nicht von den Gläsern ab. „Jill, ich wollte dich was fragen. Könnte Saul vielleicht bei dir unterkommen, solange er in der Stadt ist? Ich würde ihn ja mit zu uns nehmen, aber wir sind übers Spesenkonto im Carlton untergebracht, und die Paragraphenreiter aus der Buchhaltung reagieren bei so was immer hyperallergisch.“
Ich lehnte mich gegen die Wohnzimmerwand und verschränkte die Arme vor der Brust. Dustcircles Gesicht wurde von den Küchenschränken verdeckt, die über dem Tresen hingen. „Warum geht er nicht einfach ins Barrio?“
Das war extrem unhöflich von mir, aber er hatte mein Haus gerade einen Schweinestall genannt. Was es für ein Werwesen wohl auch war. Aber wenigstens schrubbe ich mein Klo, und in der Küche gibt es nichts, was verrottet.
Wie gesagt, abgesehen von dem haarigen Zeug im Kühlschrank.
„Weil“, sagte Harp ruhig und schenkte das letzte Glas voll, „er im Barrio keine Angehörigen hat. Und weil ich keine Lust habe, mir Sorgen um dich zu machen, solange wir diesen Fall nicht abgeschlossen haben. Das würde also auf einen Schlag gleich zwei meiner Probleme lösen.“
Sich Sorgen um mich machen? Womit, meinst du, hob ich mir die letzten paar Monate die Zeit vertrieben – mit Händchenhalten und dem Schlendern über Hinterhofflohmärkte? „Gott sei mein Zeuge, mein ganzes Leben besteht nur darin, deine Probleme zu lösen, Harp. Also hör mit dem Scheiß auf. Ich nehm keine Untermieter bei mir auf-vor allem nicht solche, die mich nicht mal von Angesicht zu Angesicht beleidigen können. Pack ihn zu Galina, wofür hat man denn Refugien?“ Ich widerstand dem Drang, mir das rechte Handgelenk zu kratzen. Hätte ich nur Zeit gehabt, selber bei Galina vorbeizuschauen, um mir die neuen Kupferarmbänder anzusehen. Ich konnte den Alkohol in den Gläsern riechen und wünschte mir nichts sehnlicher, als einen Schluck zu nehmen.
„Damit ein Amok laufender Werfreak ihr die Tür einschlägt oder was?! Das wäre ihr wohl kaum recht, und selbst wenn es ihr nichts ausmachen würde, würde es jeden in Gefahr bringen, der bei ihr vorbeikommt. Außerdem will ich die Angelegenheit nicht an die große Glocke hängen, und bei Galina geht Gott und die Welt ein und aus. Komm schon, Jill. Er wird sich auch benehmen, versprochen.“ Harp griff sich zwei der Gläser und stolzierte über den Holzboden zu mir rüber, um mir eins davon in die Hand zu drücken. Ihre Haut fühlte sich warm an. Wegen ihres schnellen Stoffwechsels verströmen Werwesen eine Menge Hitze. „Wollen wir uns nicht setzen?“
„Tu dir keinen Zwang an.“ Ich deutete auf meine Secondhand-Couch mit dem potthässlichen Bezug aus orangefarbenem Kunstleder. „Na los, Harp. Rück schon raus mit der Sprache. Auch wenn es hier um einen Werpsycho geht – was zur Hölle hat das FBI damit zu schaffen? Bösartige Werwesen fallen in die Zuständigkeit der regionalen Revierbosse und der jeweiligen Jäger. Ich schätze, in dem Fall ist das Norte-Luz-Rudel mit von der Partie.“
Harp machte es sich auf der Couch gemütlich. Ich leerte das gut gefüllte Glas in einem Zug, fühlte, wie der Whiskey brennend meine Kehle hinabrann, und stapfte dann rüber zur Theke, um mir die ganze Flasche zu greifen. Dustcircle lehnte am Eck des Frühstückstresens und schenkte mir einen verächtlichen Blick. Er roch ganz leicht nach Kirschtabak und Zigarettenrauch. Als Wer war er natürlich ein gutes Stück größer als ich. Sein Blick traf meinen, glitt erneut über meinen Körper.
Ich ignorierte ihn betont.
„Also?“, bohrte ich nach, als mir die Stille zu lang wurde. „Jetzt komm schon, Harp.“
„Der Verräter hat die Staatsgrenzen überquert.“ Sie wählte ihre Worte mit Sorgfalt. „Und seine Art zu töten ist … beunruhigend. Sehr beunruhigend.“
Weißt du, wenn du beunruhigend sagst, klingt es, als würde es bei dir etwas ganz anderes bedeuten als in meinem Wortschatz. Und keine der beiden Definitionen gefällt mir auch nur im Geringsten. Bei alldem hatte ich ein ganz böses Gefühl. „Hat es vielleicht irgendwas damit zu tun, dass
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