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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Flaschen, wobei sich unsere Hände kurz berührten. Meine Narbe pochte. Aus den Zellen über mir drangen Stöhnen und das Schlurfen von Füßen an mein Ohr. Ein Schaudern rann mir über die Haut.
    Die Dämmerung brach an. Ein Jäger kann sie fühlen – er spürt, wenn die Sonne aufgeht und die Stadt ihren Tagesrhythmus anschlägt. Eine weitere schlaflose Nacht lag hinter mir. Ich setzte gerade zu einer Antwort an, da ging mein Pager los. „Herrgott noch mal.“ Seufzend leerte ich den Rest meiner Flasche. Noch immer vollgepumpt mit Adrenalin, stieß Avery ein scharfes kleines Lachen aus. Das dunkle Haar klebte ihm schweißnass an der Stirn. Er roch wie ein Mann nach einem ordentlichen Workout, ein sauberer Duft nach Mensch, ohne jeden höllischen Beigeschmack. Kein exotischer Hauch von Korruption und Höllenbrut.
    Nicht wie ich.
    „Warum schaffst du dir kein Handy an?“ Er legte sich wieder das Eis aufs Auge und sog zischend die Luft ein. Seine andere Hand war mit dem Bier zugange.
    „So oft, wie ich im Wasser lande? Oder unter Beschuss gerate? Oder mit Sphärenblitzen bombardiert werde?“ Ich schüttelte den Kopf. „Kann ich nicht riskieren. Der Pager leistet gute Arbeit, und der Vibrationsalarm sorgt dafür, dass ich nicht auffliege, wenn ich Verstecken spiele.“ Ich löste das kleine Gerät vom Gürtel und stellte die leere Flasche auf den Tisch. Jedes Mal, wenn ich hierherkam, schien Averys Schreibtisch unter Bergen von Papier zu verschwinden. Außerdem hatte er schmale Kerzen in die Flaschenöffnungen gesteckt. Einige waren heruntergebrannt, andere noch wie neu.
    Naja, es ist normal, wenn Exorzisten mit der Zeit etwas exzentrisch werden. Das bringt diese Arbeit so mit sich. Eva vergoldet und bemalt ausgeblasene Eier. Benito hängt gerne kopfüber an einer Stange in einem magnetischen Feld. Angeblich kann er so besser schlafen. Und Wallace steht darauf, kleine Abstecher in die Wüste zu machen, mit nichts als einem Lendenschurz und einer Feldflasche.
    Die Nummer auf dem Pager verschwamm mir vor den Augen. Meine Rippen zogen sich zusammen und pressten leise die Luft aus mir heraus. Der Laut, der mir in der Kehle stecken geblieben war, wurde zu einem tiefen, näselnden Pfeifen – als hätte mir jemand mit aller Kraft in den Bauch geboxt und ich müsste nun schnell wieder Luft in mich hineinpumpen.
    Als ich zu Atem kam, platzte es aus mir heraus. „Fuck.“
    „Was gibt s denn?“ Avery klang mäßig interessiert. Das gute Auge geschlossen, lehnte er sich zurück und presste sich weiterhin das Eis aufs Gesicht.
    „Ich muss los. Es wird schon hell, und du solltest erst mal alleine klarkommen. Ruf mich, wenn du mich brauchst.“ Halt die Klappe, Jill. Du müsstest ihn so oder so besuchen.
    Aber er braucht mich nicht auch noch anrufen, verdammt. Himmel! Warum hin ich nur so durch den Wind?
    Es lag nicht nur an der Aussicht, ins Monde Nuit zu müssen. Das tat ich jeden Monat.
    Sie stinkt nach Höllenbrut.
    Das war der Grund. Ich roch nach Höllenbrut. Wie das, was ich bekämpfte. Normalerweise ignorierte ich diese Tatsache gut genug, um trotzdem weiterzufunktionieren.
    Aber dank eines ätzenden Bauerntrampels von einem Werkerl, verfolgte mich der Gedanke jetzt.
    Ich stand auf. Avery winkte träge mit seiner Bierflasche. „Die Santa-Luz-Exorzisten-Einheit präsentierte Ihnen eine weitere nervenaufreibende und packende Show.“ Das Eis an seiner Wange knackte, während er sprach. „Ich werd Galina mal einen Besuch abstatten, damit sie sich um das Auge hier kümmert. Vergiss nicht – Samstag haben wir ein Date.“
    „Werd versuchen, es einzuschieben“, entgegnete ich mit einem Blick über die Schulter und rückte mit einem kurzen Schulterzucken meinen Mantel zurecht. Mit weiten Schritten verließ ich das Zimmer und spürte beim Laufen die Peitsche an meinem Oberschenkel. Der Rubin an meinem Hals wurde warm.
    Ich war dankbar für diese Wärme. Sie krabbelte in mich hinein, und als ich die Stufen am Ende des Flurs erreichte – für den Unterschlupf eines Exorzisten gibt es genau einen Ein-und Ausgang, das ist einfach besser so –, betrachtete ich meine linke Hand. Am Mittelfinger saß noch immer der Silberring, felsenfest. Michails Versprechen, Michails Zeichen, das er mir geschenkt hatte, lange bevor ich wusste, dass Perry überhaupt existierte.
    Ich zog die Schultern hoch, schwang mich die Treppe hinauf, atmete dabei durch den offenen Mund und war froh, als sich in meinem Brustkorb Hitze aufbaute. Wut,

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