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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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ihr herauszureißen und sie und Avery anschließend ins Krankenhaus zu schleifen.
    Diese Dämonen, die sich in Menschen einnisten, sind fiese kleine Dinger. Und man kann fast immer davon ausgehen, dass sie sich schon in wochenlanger Mühe einen Weg in ihr Opfer gegraben und es Stück für Stück in den Wahnsinn getrieben haben, bevor endlich ein Exorzismus bewilligt wird. Die meisten Besessenen haben keine Erinnerung mehr an diese Zeit. Ganze Abschnitte ihres Lebens sind einfach weg. Möglicherweise ist das eine Art Schutzmechanismus, mit dem sich die Psyche gegen das Trauma schützt, von einem Parasiten beherrscht zu werden. Immerhin ist das eine der schlimmsten Sachen, die man durchmachen kann – nicht mehr der eigene Herr über Geist und Seele zu sein. Und die Tatsache, dass diese Plagegeister, diese Würmer, sich mit Vorliebe auf die Gläubigen und Naiven stürzen, außerdem die Mittel- und Obermittelschicht, ist auch nicht sonderlich beruhigend. Einmal wenigstens hatten die Armen der Welt einen Vorteil, denn diese Spezies von Höllenbrut hatte es nicht auf sie abgesehen. Aber das war ein schwacher Trost.
    Außerdem fallt es dieser Kuckucksbrut am leichtesten, irgendwo hineinzugleiten, wenn die psychische Umgebungstemperatur gärend-heiß ist. Zum Beispiel direkt nachdem ein Jäger gestorben ist und ein neuer seinen Platz einnimmt. Unterm Strich also ein Riesenspaß.
    Ich nahm einen großen Schluck Bier. Es war eiskalt, ich hatte es mir aus dem kleinen Kühlschrank unter Averys Schreibtisch geklaut – derselbe, an den ich gerade mein Knie lehnte, während ich ihn musterte. Theoretisch darf man ja keinen Alkohol anrühren, während man im Dienst ist, aber für Exorzisten machte man gerne mal eine Ausnahme.
    Ohne ein oder zwei – oder sechs – Drinks hält man diese Arbeit nämlich nicht lange durch.
    Wenn man gerade ein Gerangel mit einer Frau hinter sich hatte, die bestimmt sehr nett und putzig war, wenn sie nicht gerade von einem Dämon besessen war, schmeckte ein kaltes Bier umso besser. Mir taten die Schultern weh. Außerdem hatte sie mir die Zähne in die Kehle gerammt und an meinem Halsmuskel geknabbert. Wenn sie ein richtiges Höllenweib oder auch nur ein Trader gewesen wäre, hätte mich das vor ein ernstes Problem gestellt. Aber Dämonen, die von Menschen Besitz ergreifen, stehen am unteren Ende der Liste dessen, was die Hölle zu bieten hat. Wenn es sein musste, konnte ich es mit fünf oder sechs von ihnen am Stück aufnehmen, ohne müde zu werden – anders als die durchschnittlichen Exorzisten. Trotzdem waren mehr als ein oder zwei pro Nacht für niemanden ein Vergnügen.
    „Wie geht’s dir?“ Avery blinzelte wie wild. Das Eis auf dem anschwellenden Gewebe reizte sein gutes Auge, und ihm rannen Tränen über die zerkratzte Wange. „Du siehst angepisst aus.“
    Nein, nur müde. Obwohl ich mich gerade mit einem rotzfrechen Werlümmel vom Land rumschlagen musste, der gerne über Höllenbrut stänkert. „Neuer Fall.“
    „Hab schon davon gehört.“ Avery nutschte auf seinem Stuhl herum. Das ganze Gefängnis schien über uns die Luft anzuhalten. Ich neigte den Kopf zur Seite und nahm noch einen kräftigen Schluck.
    „Neuigkeiten machen schnell die Runde.“
    „Fünf Cops.“
    „Ja.“ Ich stieß einen Seufzer aus. Und dabei weiß ich noch nicht mal, ob dieser Frischling die Sache überlebt. Egal, wenn er aufwacht und ansprechbar ist, wird Montaigne mich anpiepen. „Herrgott, Avery. So eine Scheiße.“
    „Wer auch immer es gewesen ist – du wirst ihn kriegen.“ Er ließ den Eisbeutel sinken, der Plastikstuhl unter ihm knarrte. „Wenn mir jemals etwas zustieße, würdest du den verantwortlichen Hurensohn umbringen.“
    Da hast du recht, Ave. Ich bin ein Racheengel. Das ist mein Job. Aber bei allen Heiligen … „Hoffen wir mal, dass es nie so weit kommt. Ich fände es zum Kotzen, einen Ersatz für dich finden zu müssen – wo ich mich doch gerade erst an deinen wertlosen kleinen Arsch gewöhnt habe.“
    Er zuckte mit den Schultern, und einer seiner Mundwinkel schob sich gequält nach oben. Morgen würde die eine Gesichtshälfte mit Sicherheit blau und grün sein. „Hey, gib mir mal ein Bier rüber! Und erzähl mir, was dir wirklich über die Leber gelaufen ist.“ Durch sein zerrissenes Hemd war ein Streifen seiner blassen Brust zu sehen, und die Medaille des Heiligen Antonius an ihrer Silberkette blitzte auf. Ich griff in den kleinen Kühlschrank und reichte ihm eine der kalten

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