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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Blinzelnd überprüfte ich den Einfallswinkel des Sonnenlichts. Hier stimmte was nicht. Es war stumpf und grau und hatte die eigenartige Durchlässigkeit, die den Morgen verkündete. Wie lange war ich denn weggetreten?
    Was war dort draußen in den Straßen geschehen, während ich bewusstlos war? Wie ging es Harp?
    Ich verbiss mir den Schmerz und stemmte mich auf die Ellbogen. Mein Bauch tat weh, aber ich hatte mir ja auch einen höllisch harten Schlag eingefangen. Meine Kopfhaut juckte und brannte. Aber das war bei Weitem nicht die größte Überraschung.
    Ich lag auf meiner Matratze mitten in meinem Schlafzimmer, aber die Bettlaken waren nicht wie sonst zerknautscht und versifft, sondern waren ordentlich und frisch gewaschen. Die dreckigen Decken waren ebenfalls gewaschen, und das Bett war – abgesehen von den Spuren meines üblichen Herumwälzens – offenbar erst vor Kurzem fein säuberlich gemacht worden. Die Rollläden waren abgestaubt, und der Dielenboden glänzte verdächtig. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, wurde der Geruch von gebratenem Speck ergänzt vom Duft nach frisch aufgebrühtem Kaffee.
    Was zum Teufel ging hier vor?
    Ich steckte in einem zerknitterten XL-Shirt der Santa Luz Warriors – auch das war ungewöhnlich. Das Messer unter meinem Kissen war verschwunden, dafür lag eine meiner Pistolen auf dem Milchkasten neben meinem Bett, über den jemand ein rotes Halstuch als Tischdeckenersatz gebreitet hatte. Darauf stand die Lampe, die ich schon die ganze Zeit reparieren wollte.
    Ich griff nach der Kanone, dann berührte ich die Lampe. Sie funktionierte, und plötzlich erfüllte warmes elektrisches Licht mein plötzlich so fremd anmutendes Schlafzimmer.
    Um Himmels willen! Es sah fast so aus, als wäre der Boden gebohnert worden.
    Hallo, Toto? Sind wir noch immer in Kansas?
    Ich schob die Füße aus meinem warmen Nest heraus. Sie trafen auf die kalten Dielen, ich kam auf die Beine – und fiel sofort wieder zurück. In meinem Kopf wummerte es, und meine Muskeln verweigerten ihren Dienst. Ich hatte mich völlig verausgabt. Ich würde erst mal was zu essen brauchen, um mich wieder zu erholen – Nahrung, um den neuen unnatürlichen Selbstheilungsprozess meines Körpers in Gang zu setzen.
    Ich hörte Schritte, betont laute Schritte, und hob die Waffe. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Echos hallten durch die Lagerhalle, und mein Herzschlag dröhnte mir in den Ohren. Ich schmeckte Kupfer auf meinem Gaumen, den Geschmack der Angst.
    Saul Dustcircle erschien in der Zimmertür. Er war barfuß, trug Jeans und noch immer das gleiche schwarze T-Shirt. Sein Haar hatte er links und rechts zu zwei dünnen Zöpfen gebunden, der Rest fiel ihm lose über die Schultern. Er warf mir aus dunklen Augen einen prüfenden Blick zu und ließ sich auch von der Waffe nicht irritieren.
    Er trug ausgerechnet das Plastiktablett, das ich normalerweise immer als Ablage für Kugeln benutze, damit sie nicht herumrollen, während ich die Ladestreifen auffülle. Etwas darauf dampfte, und ich roch Kaffee und Ahornsirup.
    Als wäre das alles nicht schon verwirrend genug, brachte mich sein erster Kommentar völlig aus der Fassung.
    „Frühstück.“ Wenigstens klang er sachlich. „Und eine Entschuldigung.“
    Ich geh’s zu. Mir klappte die Kinnlade runter, und ich glotzte ihn an, aber die Waffe hielt ich weiter fest in der Hand.
    „Ich war unverschämt dir gegenüber. Und das war nicht in Ordnung, meine Mutter hat mich besser erzogen. Ich war einfach nur müde und frustriert. Wir sind schon eine ganze Weile hinter diesem Drecksack her, und er geht mir einfach immer wieder durch die Lappen.“ Er zog verbittert die Mundwinkel nach unten, aber er hielt meinem Blick stand. „Du bist eine Jägerin und eine gute Freundin der Werwesen. Entschuldige bitte.“
    Ich starrte ihn noch immer mit offenem Mund an. Von allem, was mir in meinem Leben bisher untergekommen ist, gehört eine Entschuldigung von einem Werwesen definitiv zur Gattung „außergewöhnlich selten“. Sie sprechen diese Worte nicht oft laut aus.
    Aber wenn sie es tun, dann meinen sie es ernst.
    Er beobachtete mich noch einige Augenblicke, dann zuckte einer seiner Mundwinkel. Eine Augenbraue zog sich nach oben. „Waffenstillstand?“ Er deutete mit dem Kinn auf das Tablett, hob es ein wenig in die Höhe, und ich ließ die Pistole mit einem Klacken auf den Milchkasten sinken. Auf einmal schämte ich mich.
    „Himmel!“ Meine Stimme brach ab. „Wie lange war

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