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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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und mehr und durch und durch zu dem wurde, was Michail aus mir machte.
    Wenn man ihm glaubte, war es ganz normal für zwei vernünftige heterosexuelle Menschen, die sich unter derart extremen Umständen so nahe standen, miteinander im Bett zu landen. Man wurde sogar dazu ermutigt, weil der Sex die Bindung zwischen Schüler und Meister stärkte und das raue Training gewissermaßen ausbalancierte.
    Mir war das egal. Ich mochte einfach, dass … na ja …
    Er hatte mich auserwählt. Ausgerechnet mich.
    „Es verläuft Naht durch ihren Kopf.“ Seine Finger verließen meinen Bauch, berührten meine Stirn und zogen eine Linie über meine Nase. „Hier ungefähr. Triff sie hier, und Kopf explodiert. Sehr dramatisch. “
    Ich lachte, schob mir mit der Rechten das Haar aus dem Gesicht. Michail ergriff mein Handgelenk und drehte es um, blickte auf die Stelle bleiche Haut. Ich hatte mir angewöhnt, ein Kupferarmband über dem Mal zu tragen.
    Der Lippenabdruck war zu einem blauvioletten Fleck geworden. Allmählich verschwand der Bluterguss. Zum Glück breitete sich die Farbe nicht auf das umliegende Fleisch aus.
    Ich hielt ganz still und beobachtete das Oberfenster. Goldenes Sonnenlicht fiel mir in die Augen, sicheres, warmes Leuchten.
    „Tut es weh?“
    „Es brennt manchmal.“ Ich lehnte mich entspannt in die Kissen, meine nackten Hüften, meine salzigen Schultern waren völlig locker. „Aber das ist schon okay. Sieht nur komisch aus.“ Und ich musste aufpassen. Eine höllenbrutverstärkte Rechte zu haben, war … interessant, ums mal vorsichtig auszudrücken. Ich hatte mich noch immer nicht ganz daran gewöhnt.
    „He.“ Er ließ meine Hand los, löste einen Finger nach dem anderen und legte sich neben mich. Dann kam das Beste an allem, er legte den Arm um mich, und wir kuschelten uns aneinander. Das Gefühl von Sicherheit kehrte zurück, so greifbar, dass ich einen Kloß im Hals bekam. „Frau hat immer einen Vorteil bei solchen Geschäften, kleine Schlange. Du denkst daran, wenn der alte Mischa fort ist.“
    Der Kloß wurde größer. „Du gehst nirgendwo hin, Mik. Unkraut vergeht nicht.“
    Er zwickte mich in den Arm, aber sanft, und ich kicherte. Es war ein Laut wie von einem kleinen Mädchen, ein Lachen, wie ich es nur hier im Schlafzimmer mit den japanischen Siebdruck-Schriftrollen an den Wänden hörte. Nur in Michails Armen.
    „Eines Tages, Milaya, schlägt jedem von uns die Stunde. Aber wir wählen, wie wir ihr begegnen.“
    Das wusste ich. „Mit erhobenem Haupt“, sagte ich.
    „Bis zum letzten Blutstropfen“, antwortete er. „Gut, kleine Schlange. Jetzt schlaf. Bald kommt Nacht und Zeit zu arbeiten.“
    Wie bald seine Stunde tatsächlich schlagen würde, hätte keiner von uns beiden gedacht, doch nach diesem Tag redeten wir nie wieder darüber. In seinen Armen schlief ich bald ein, aber ich weiß nicht, ob Michail geschlafen hat. Ich erlebte nur selten, dass ersieh entspannte, und wann immer ich wegnickte, war er noch wach – und bereits wieder, wenn ich aufwachte.
    Von allen Männern, die ich je gekannt habe, all denen, deren Körper sich an oder in mich gedrängt hatten, war er der Einzige, mit dem ich mich sicher fühlte. Er war auch der Einzige, der mich festhielt, wenn ich mitten am Tag weinend aus Albträumen hochschreckte, die mir viel zu echt vorkamen.
    Je länger ich ohne ihn bin, desto stärker wünsche ich mir, ich hätte ihn einmal beim Schlafen beobachten können.
    Von allen Gerüchen, die ich erwartete, war gebratener Speck mit Abstand der letzte.
    Mein Kopf fühlte sich an, als ob er zerspringen wollte. Ich stöhnte, drehte mich um und vergrub mein Gesicht in den Kissen, die anders rochen als sonst. Nach … Weichspüler?
    Es war Weichspüler. Ich benutzte aber keinen verfluchten Weichspüler. Ich hatte schon so genug Probleme damit, die Scheiß-Waschmaschine anzuwerfen, auch ohne solchen Firlefanz.
    Was zum …? Ich lag ganz ruhig da, alle meine Sinne urplötzlich geschärft. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war kopfüber von dem Abhang in die Menschenmenge zu stürzen, die sich gerade die steile Seitenwand heraufquälte. Ich hatte eine vage Erinnerung an Montaigne, der etwas brüllte, und die Stimme von Harp, dünn, aber entschlossen.
    Der Schlaf lockte mich, mit warmen, weiten Armen, die Vergessen versprachen.
    Aber es half nichts. Ich konnte mich nicht wieder in die Bewusstlosigkeit zurücksinken lassen. Es gab zu viel zu tun.
    Ich rollte mich langsam und träge auf den Rücken.

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