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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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geschafft. Gut gemacht. Sehr schön gemacht, Jill. Jetzt hör auf zu zittern. Hör sofort auf!
    Das Zimmer lag in Dunkelheit, abgesehen von den Wasserspiegelungen der Regentropfen auf den Wänden und meinen Armen. Die Schatten waren wieder normal, nicht mehr voller schroffer Kanten. Aber die Gänsehaut blieb, hart und eisig, schwoll an und durchzog mein Fleisch wie eine Krankheit.
    Hörst du mich, Gott? Ich rang sogar mit den Händen wie ein billiger Abklatsch von Lady Macbeth. Ich bin’s, Jill Kismet. Ich hab gerade einen großen bösen Hund geweckt. Und ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich aus dieser Sache wieder rauskomme, ohne noch mal ein paar Gallonen voll Blut zu verlieren. Oder ein paar Pfund Fleisch.
    Da war ein leises Geräusch, wie ein Schnaufen oder ein nervöses Zucken. Meine Nerven lagen so blank, dass ich sie um ein Haar verloren hätte.
    „Wie viel hast du mit angehört?“ Wenigstens merkte man meiner Stimme das Zittern nicht an. Ich musste mich mehr als nur zusammenreißen, um nicht reflexartig nach meiner Waffe zu greifen.
    Ein Stück Wand in der Nähe der Tür kräuselte sich. Er legte die Tarnung ab, die Werwesen gebrauchten, um sich vor normalen Menschen zu verbergen. Aber ich konnte das Wabern in der realen Welt erkennen, die Energieströmungen unterhalb der normalen Lichtbrechung.
    Wenn ich mich mit diesem bescheidenen Talent zufriedengegeben und Perrys beschissenes Angebot abgelehnt hätte, wäre ich dann noch am Leben? Mit Sicherheit wäre ich um einiges vorsichtiger – und eine Menge Leute wären tot anstelle von nur traumatisiert.
    War es das wert?
    „Ich habe Furcht gerochen.“ Saul sprach leise. „Das war also die Höllenbrut? Die, mit der du den Handel abgeschlossen hast?“
    Meine Finger verkrampften sich ineinander. Wenn er auch nur eine blöde Bemerkung macht, dann schwöre ich bei Gott, dass … ja, was? Was würde ich tun? Etwas, das ich bereuen würde. Ihn fortschicken.
    Das war das beschissene Problem. Ich war unberechenbar, wenn Perry seine Spielchen mit mir trieb, selbst für mich. Und dass ich aus dieser Runde als Sieger hervorgegangen war, hatte gar nichts zu bedeuten. Nächstes Mal wären die Karten wieder neu gemischt.
    Ich fuhr mit der Zunge über meine trockenen Lippen und wünschte mir, wieder Spucke zu haben. „Ich will nicht darüber reden.“ Lass mich in Ruhe. Ich will mich einfach nur hinlegen und eine Weile bibbern. Von diesem Affentheater wird mir immer schlecht.
    Er ging langsam auf und ab. „Du zitterst.“
    Ach, ehrlich, Sherlock? „Echt? Hab ich gar nicht bemerkt. Lass mich allein. Geh doch Plätzchen backen oder sonst was.“
    „Hat er dir vor eurem Handel auch schon so viel Angst gemacht?“ Saul hörte sich neugierig an. Das gebrochene Licht glitt über ihn hinweg, und seine Augen blitzten kurz, als er sich in gebührendem Abstand zwischen Tür und Bett in die Hocke niederließ. Diesmal respektierte er meine Privatsphäre.
    Ich schloss die Augen. Die Dunkelheit war kein Trost. Geh verdammt noch mal weg. „Natürlich hat er das. Aber Michail …“
    „Dein Lehrmeister.“ Sanft und lässig – ich vermutete mal, dass er so auch auf ein verängstigtes Tier einreden würde.
    Aber naja zur Hälfte traf das in jedem Fall auf mich zu. Die andere Hälfte … naja, wer weiß? Um in diesem Job zu überleben, musste man wohl ein bisschen was von einem Tier in sich haben. „Ich habe ihn geliebt.“ Meine Stimme versagte. Meine Finger schmerzten, ich versuchte, sie auseinanderzuziehen, aber es ging nicht. „Tue ich immer noch. Aber er ist tot. Als es drauf ankam, war ich nicht stark genug – oder schnell genug. Trotz des verfluchten Handels. Und jetzt …“ Ich wurde lauter. „Jetzt muss ich mich mit dieser Scheiße herumärgern. Nichts läuft, wie es soll, und ich kann noch nicht mal meine eigenen Leute davor beschützen, auf offener Straße gelyncht zu werden. Und, mein Gott, da waren zwei Kinder, und der Tatort war schon einen Monat alt. Sie treiben hier schon wenigstens drei Wochen lang ihr Unwesen, wenn nicht sogar schon seit einem ganzen verfluchten Monat, und ich hab’s nicht mitgekriegt. Ich war zu beschäftigt – aber das waren noch Kinder, um Himmels willen, nur Kinder, verdammte Scheiße …“ Die Worte verloren sich in einem Schluchzen, das nur deshalb kein Schrei war, weil ich ihn herunterschluckte. Niederdrückte. Wegschob.
    Vergeblich. Er hatte schon eine ganze Weile gewartet, dieser betrogene Schrei. Wenigstens sechs Monate

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