Dämonisches Tattoo
bedeutete dem Agenten etwas.
Er würde sie ihm wegnehmen.
Er hatte versucht Ryan dazu zu bewegen, sie umzubringen, aber dessen Gefühle waren stärker gewesen als sein Einfluss auf ihn. Schließlich war er zu Plan B übergegangen. Chase Ryan sollte in dieser Nacht töten – wenn schon nicht seine Geliebte, dann irgendeine Schlampe von der Straße. Dass er auf seinen Befehl hin das Haus verließ, hatte ihm nicht nur bewiesen, wie groß seine Macht über den Agenten war, sondern ihm zudem gezeigt, wo er sich versteckt hielt. Er kannte die Gegend und hatte seine Marionette zu einer Bar nahe der U-Bahn geführt. Dass die Frau in diesem Moment den Laden verlassen hatte, war Schicksal. Pech für sie, aber für seine Zwecke einfach perfekt. Chase Ryan würde seinen ersten Mord an einem ähnlichen Ort begehen wie er selbst. Nur dass der Hinterhof nicht ganz so verkommen und die Frau keine Hure, sondern lediglich eine Kellnerin gewesen war. Doch das machte nichts. Es war ähnlich genug. Das und die Tatsache, dass er gemordet hatte, würden den Agenten auf eine harte Probe stellen.
Alles war wunderbar gelaufen – bis dieses Miststück aufgetaucht war und Ryan seinem Einfluss entrissen hatte. Im einen Moment hatte er sie noch vor dem Agenten stehen sehen, im nächsten war die Verbindung abgerissen.
Glücklicherweise war er in der Nähe gewesen und es war ihm gelungen, die Frau aufzuspüren, um dem Agenten zu zeigen, welche Aufgabe ihm ursprünglich zugedacht gewesen war.
Er würde Chase Ryan brechen – und wenn er dessen Geliebte dafür selbst umbringen musste.
29
Schließlich war Chase doch noch eingeschlafen. Es war ein unruhiger Schlaf, durchzogen von Gedanken und Erinnerungen, die wie Nebelschwaden dahintrieben. Bilder von Kate fluteten durch seinen Geist. Kate, die seine Küsse und Zärtlichkeiten erwiderte und sich ihm voller Leidenschaft hingab. Kate, die ihn mit ihrem spöttischen Grinsen ansah und mit ihm herumalberte. Sie war überall, er konnte sie sehen, spüren und riechen und er war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Als er sie jedoch erneut an sich ziehen und in seine Arme schließen wollte, legte sich ein dunkler Schatten über sie.
Ich werde sie mir holen,
erklang die Stimme des Killers.
Chase schreckte hoch.
Kate, die noch immer auf seiner Brust lag, hob den Kopf. »Was ist los?«, murmelte sie verschlafen.
Er zwang sich zu einem Lächeln und strich ihr übers Haar. »Nur ein Traum«, sagte er leise. »Schlaf weiter, ich wollte dich nicht wecken.« Er hauchte ihr einen Kuss aufs Haar und beobachtete, wie sich ihre Augenlider senkten. Eine Sekunde später war sie wieder eingeschlafen.
Sein Puls raste. Es war tatsächlich nur ein Traum gewesen, doch die Bedrohung war real. Erst letzte Nacht hatte der Killer versucht ihn dazu zu bringen, Kate etwas anzutun. Dass er sie dieses Mal nicht umgebracht hatte, bedeutete nicht, dass es nicht passieren konnte. Was, wenn der Einfluss des Killers weiterwuchs und es ihm schließlich nicht länger gelang, sich dagegen zur Wehr zu setzen? Himmel, um ein Haar hätte er eine unschuldige Frau getötet! Eine Frau, die auch Kate mit ihrem Eingreifen nicht hatte retten können. Zumindest hatte sie verhindert, dass ihr Blut an seinen Händen klebte. Doch wie lange würde ihr das noch gelingen?
Sie musste fort von ihm, an einen Ort, den er nicht kannte und nicht erreichen konnte. Die Frage war nur, wie er ihr das beibringen sollte. Sie würde sich weigern zu gehen, würde die Gefahr nicht sehen wollen, in der sie schwebte. Verdammt, er wollte nicht, dass sie ging! Nicht jetzt und auch nicht später. Aber ihm blieb keine andere Wahl. Er musste sich nur etwas einfallen lassen, um sie ebenfalls davon zu überzeugen, dass es keine andere Möglichkeit gab.
Einen Moment noch gab er sich dem Gefühl hin, dass alles in Ordnung war. Er strich Kate über den Rücken und das Haar, und als sie im Schlaf etwas murmelte, küsste er sie auf die Stirn, ehe er sie vorsichtig zur Seite schob und aufstand, um ins Bad zu gehen.
Ein Schatten neben dem Spiegel zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Es sah aus wie ein Stück Papier, das jemand zwischen Spiegel und Wand geklemmt hatte. Mit gerunzelter Stirn trat er näher und schnappte entsetzt nach Luft. Was er für einen Fetzen Papier gehalten hatte, war ein Polaroid, das Kate schlafend in seinen Armen zeigte. Auf dem weißen Streifen darunter stand:
Wie nah kann ich ihr noch kommen?
Chase riss es heraus und warf es auf den Waschtisch.
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