Dämonisches Tattoo
Früher oder später wird er durch meine Augen etwas sehen, was ihn erneut zu uns führt.«
Sie schluckte. »Also schickst du mich weg.«
Der bittere Unterton in ihren Worten war das genaue Abbild seiner eigenen Gefühle. »Uns bleibt keine andere Wahl.« Er zog sie an sich und legte sein Kinn auf ihren Kopf. »Ich möchte, dass du untertauchst, am besten weit weg, in einer anderen Stadt. Nimm dir irgendwo ein Zimmer und sieh zu, dass keine Spuren zu dir führen. Wenn ich nicht weiß, wo du bist, wird er es auch nicht erfahren.«
»Keine Spuren? Du meinst wohl: Lass die Finger von deiner Kreditkarte, Lois Lane.«
Obwohl ihm nicht danach zumute war, musste er lächeln. »Ja, das meine ich.«
»Wenn es dir gelingt, eine Sicherheitstür in deinen Kopf einzubauen, die deinen Geist vor ihm abschirmt, könnte ich zurückkommen.«
Er hob den Kopf und sah sie an. »Wie soll ich das machen? Meditieren wie einer dieser Shaolin-Mönche? Die Augen zu schließen und mir eine dicke Tür vorzustellen, wird wohl kaum funktionieren.«
»Vielleicht weiß der Indianer Rat«, meinte sie. »Immerhin hat er die Verbindung geschaffen.«
Die Verzweiflung, mit der sie nach einem Weg suchte, um nicht lange von ihm getrennt sein zu müssen, rührte ihn. Am liebsten hätte er ihr gesagt, sie solle bleiben. Er würde einen Weg finden, sie zu beschützen. Doch er wusste, dass es eine Lüge gewesen wäre.
30
Kate hatte ihre Sachen gepackt und das Haus verlassen. Statt ein Taxi zu nehmen und sich zu einem der günstigen Motels am Stadtrand fahren zu lassen, war sie mit der U-Bahn in die Innenstadt gefahren und hatte sich unter falschem Namen in einem unscheinbaren Hotel ein Zimmer genommen. Seitdem saß sie dort fest und verließ den Raum nur, um sich etwas zu essen zu holen, meistens ein Sandwich und eine Flasche Wasser aus den Automaten in der Lobby oder einen Burger aus dem Laden an der Ecke. Sie wäre gern länger nach draußen gegangen, allein schon, um der Enge des Zimmers und der erdrückenden Stille darin zu entfliehen. Aus Furcht, jemand könne sie erkennen, tat sie es nicht. Es war Blödsinn, denn sie war schon zuvor in der Öffentlichkeit unterwegs gewesen, ohne dass das passiert war. Dieses Mal jedoch galt ihre Angst weniger den Leuten, die ihr Foto im Fernsehen gesehen haben könnten. Vielmehr fürchtete sie sich davor, dem Killer zu begegnen. Himmel, es konnte jeder sein! Vom Kofferträger ihres Hotels bis hin zu dem alten Mann, der mit seinem Hotdog-Wagen auf der anderen Straßenseite stand. Natürlich war ihr bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, ausgerechnet hier auf den Killer zu treffen, gegen null tendierte. Trotzdem bekam sie diese irrationale Furcht nicht in den Griff.
Zwei Tage waren vergangen, seit sie Chase in Cheverly zurückgelassen hatte. Zwei Tage, die sie nun schon in diesem verfluchten Zimmer festsaß. Sie versuchte an ihrem Artikel zu arbeiten, die meiste Zeit über war sie jedoch zu abgelenkt, um sich darauf konzentrieren zu können. Immer wieder fragte sie sich, wie es Chase gehen mochte. Mein Gott, sie wusste ja nicht einmal, ob er noch am Leben war. Natürlich verfolgte sie die Nachrichten, und mit Sicherheit wären ihr die Schlagzeilen nicht entgangen, wenn man ihn aufgegriffen oder umgebracht hätte – trotzdem beharrte eine hinterhältige Stimme tief in ihr darauf, dass nicht jede Leiche gefunden wurde.
Das Zimmer war zu klein, zu dunkel und zu muffig – und vor allem zu einsam. Sie sehnte sich nach Chase, wollte seine Stimme hören, sein Lächeln sehen, wollte ihn berühren. Scheiße! Sie hatte mit ihm geschlafen und ihr war nicht einmal die Zeit geblieben, herauszufinden, ob ihm das überhaupt etwas bedeutete.
Kate rückte den Laptop auf ihren Knien zurecht und versuchte eine Position zu finden, in der ihr das Kopfteil des Bettes nicht unbequem ins Kreuz drückte. Das verfluchte Zimmer hatte nicht einmal einen Stuhl!
Ihr Blick flog über die Notizen auf dem Bildschirm, doch ihre Gedanken schweiften schon wieder ab. Nach einer weiteren halben Stunde des Kampfes gab sie auf. Sie stellte den Laptop zur Seite, dabei fiel ihr Blick auf ihr Handy, das auf dem Nachttisch lag.
»Ach, zum Teufel mit der Warterei.« Sie griff danach, drückte die Kurzwahltaste eins und wartete.
Schon nach dem ersten Klingeln wurde ihr Anruf angenommen. »Du sollst mich doch nicht kontaktieren!«
Trotz der unfreundlichen Begrüßung freute sie sich, seine Stimme zu hören. »Kannst du auf diese Weise herausfinden, wo
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