Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonisches Tattoo

Dämonisches Tattoo

Titel: Dämonisches Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Melzer
Vom Netzwerk:
etwas Meditatives an sich und halfen Chase, den Zustand innerer Entspannung aufrechtzuerhalten, in den er sich zuvor versetzt hatte. Er war innerlich so ruhig, dass er um ein Haar seinen Einsatz verpasst hätte, als Quinn einen Finger hob. Zunächst ein wenig stockend, dann immer sicherer las er die erste Zeile ab. Sobald er geendet hatte, griff der Indianer nach einem der Schälchen, die neben ihm auf dem Tisch standen, hob es in die Höhe und sprach einige Worte. Zuletzt wiederholte er Chase’ Formel und kippte den Inhalt des Schälchens, ein faseriges grünes Kraut, in die Schale über dem Feuer, ehe er mit seiner Litanei fortfuhr. Das Ganze wiederholte sich noch viermal – jedes Mal ließ er Chase eine andere Zeile ablesen, ehe er unter denselben Worten eine weitere Zutat in die Feuerschale gab, die geruchlos verbrannte. Mit jeder weiteren Beigabe veränderte sich die Farbe des Rauchs, wandelte sich langsam von anfänglichem Grau über Blau hin zu einem silbern schimmernden Farbton. Im Gegensatz zu der Zeremonie, die Chase das Tattoo eingebracht hatte, tat diese hier weder weh noch stieg am Ende Nebel aus seinem Körper empor. Mit seinen letzten Worten blies der Indianer die Kerze aus und sah auf.
    »Er kann jetzt keinen Einfluss mehr auf Sie ausüben.« Quinn zog einen gerafften Lederbeutel von der Größe eines Taubeneis aus seiner Hosentasche, schüttete die Asche hinein, zu der die Kräuter verbrannt waren, und verschnürte ihn sorgfältig, bevor er ihn über den Tisch zu Chase schob. »Tragen Sie das immer bei sich«, sagte er. »Es wird Ihnen helfen die Verbindung aufzubauen.«
    Chase runzelte die Stirn. »Ein Häufchen Asche?«
    »Es ist nicht die Asche, sondern die Kraft, die während des Rituals darin gebunden wurde. Sehen Sie mich nicht so skeptisch an, das Zeug wird nicht explodieren.«
    »Das hatte ich auch nicht angenommen.« Chase nahm den Beutel und schob ihn in die vordere Tasche seiner Jeans. »Dann ist die Tür jetzt also zu?«
    »Die Tür?«
    »Die, die ihm den Weg in meinen Verstand geöffnet hat.«
    Quinn nickte. »Abgesehen davon sollten Sie es jetzt auch leichter schaffen, in seinen Kopf einzudringen – und zwar, ohne dass er es bemerkt.« Er stand auf und holte eine Plastiktüte, in die er die Reste der Kräuter warf. »Am besten probieren Sie es gleich einmal aus.«
    »Was, jetzt?«
    »Natürlich. Oder wollen Sie warten, bis Sie darauf angewiesen sind, dass es funktioniert, um herauszufinden, ob es das auch wirklich tut?«
    »Natürlich nicht.«
    »Dann legen Sie los. Sehen Sie durch seine Augen, Agent Ryan.«
    Chase schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte sich in einen Zustand der Ruhe zu versetzen. Dabei stellte er sich vor, durch die Augen dieses Mannes zu sehen. Und plötzlich geschah alles wie von selbst. Es war, als sähe er ein Band vor sich, das – von seinem Körper ausgehend – durch eine Art Äther führte, ein besseres Wort fiel Chase für diese Leere nicht ein, durch die er dem Band wie einem Schienenstrang folgte, und ihn geradewegs zum anderen Ende der Verbindung leitete.
    Er war drin, das spürte er, noch bevor er durch die fremden Augen sah, die auf einen Burger auf dem Tablett vor ihm gerichtet waren. Als der Killer den Blick hob, eröffnete sich Chase statt des Anblicks von Pommes, Burger und Cola die Aussicht auf eine lebensgroße Ronald-McDonald-Pappfigur an der gegenüberliegenden Wand. Er wartete darauf, dass der Killer ihn bemerkte und ansprach, doch die Aufmerksamkeit des Mannes galt seinem Essen und einer Horde spielender Kinder, die hinter einer Glasscheibe im Kinderparadies zu sehen war.
    Das Gefühl, das die Verbindung in Chase hervorrief, war ein ähnliches wie während der letzten Male auch, nur dass er dieses Mal sicher war, die Kontrolle über seinen eigenen Geist zu haben. Er war noch immer Passagier in einem Fahrzeug, das er nicht lenken konnte, doch im Gegensatz zu seinen vorherigen Erfahrungen wusste ein Teil von ihm, dass er jetzt jederzeit aussteigen konnte.
    Er blieb noch eine Weile bei dem anderen, um herauszufinden, ob dieser seine Anwesenheit wirklich nicht zur Kenntnis nahm oder nur so tat. Nachdem nichts darauf hindeutete, dass sich der Killer seiner Präsenz bewusst war, zog er sich zurück. Der Killer zuckte nicht einmal.
    »Es hat funktioniert«, sagte er, noch immer erstaunt, wie leicht es ihm gefallen war, die Verbindung aufzubauen und in den fremden Geist einzudringen. Als ihm bewusst wurde, was das bedeutete, erfasste ihn

Weitere Kostenlose Bücher