Dämonisches Tattoo
bringen, es zu tun. Damit hätten Sie nichts bewiesen, gar nichts!«
Chase bewunderte ihren Mut. Dass sie in ihrer Situation überhaupt noch einen Ton herausbrachte, statt zu einem jammernden Bündel Elend zusammenzufallen, brachte ihr seine Hochachtung ein. Sie zitterte am ganzen Leib und ihre Stimme klang gepresst, als hätte sie Mühe, die Worte herauszuquetschen, trotzdem fand sie die Kraft, zu sprechen. Und diese Kraft war es, die sie in noch größere Gefahr bringen würde, wenn sie nicht bald den Mund hielt.
Himmel, sei still! Fordere ihn nicht heraus!
Doch wie schon in jener Nacht, in der er sie entführt hatte, gelang es ihr nicht, sich zu zügeln: »Sie haben nicht das Geringste erreicht.«
»Das ist ein Irrtum.« Zu Chase’ Erstaunen klang der Killer noch immer vollkommen gelassen. »Vielleicht ist es mir nicht gelungen, zu beweisen, dass jeder das Zeug zum Mörder in sich trägt – auch wenn ich nach wie vor davon überzeugt bin –, aber ich habe etwas anderes erreicht.«
»Was soll das sein?«, stieß Kate zischend hervor, als er nicht weitersprach.
»Ich habe ihnen gezeigt, dass sie mich besser nicht abgelehnt hätten.«
Wovon zum Teufel redete er da?
»Sie hätten mich auf ihrer Seite haben können, stattdessen müssen sie mich nun jagen. Ich bin klüger als sie – aber das interessierte sie einen Dreck. Die Cops wollten mich trotzdem nicht.«
Jagen? Auf ihrer Seite haben? Das war es! Er hatte sich bei der Polizei beworben und war an den Aufnahmeprüfungen gescheitert. In Anbetracht der Morde musste es in den letzten drei bis sieben Jahren gewesen sein, doch ebenso wie ihnen keine Zeit blieb, nach dem Tätowierer zu suchen, der für die Schlange auf seinem Arm verantwortlich war, konnten sie unmöglich alle abgelehnten Bewerber sichten. Das würde Tage dauern!
»
Das
ist Ihr Grund?« Kate starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Sie töten all diese Menschen, um irgendeinem bescheuerten Gremium, das vermutlich noch nicht einmal ahnt, dass diese Botschaft an seine Mitglieder gerichtet ist, zu beweisen, dass es damals einen Fehler gemacht hat?«
In ihren Augen stand deutlich geschrieben, dass sie die Entscheidung nicht für einen Fehler hielt. Chase musste ihr recht geben. Zweifellos war es seine psychische Verfassung, die ihm den Weg in den Polizeidienst verwehrt hatte. Er konnte nur hoffen, dass Kate ihre Gedanken nicht laut aussprach. Andernfalls würde sie dafür büßen, so wie Frank gebüßt hatte.
Zu seiner Erleichterung ging sie nicht weiter darauf ein. »Aber Sie haben einen Job«, fuhr sie fort. »Sie gehören dazu, auch ohne Uniform. Scheiße, alle mögen Sie!«
Sie sagte noch mehr, doch Chase hatte Schwierigkeiten, sich auf ihre weiteren Worte zu konzentrieren. Zu sehr spukte ihm das eben Gesagte im Kopf herum. Dazugehören, ohne Uniform. Beliebt sein. Die ganze Art, wie sie mit ihm sprach – so würde sie niemals mit einem Fremden sprechen. Kate kannte den Killer, wie vermutlich die halbe Mordkommission auch! Aber wer konnte es sein? Einer von Edwards Gehilfen? Fotografen? Pressesprecher?
Verflucht, sprich ihn mit seinem Namen an!
»Werden Sie mich auch umbringen?«
»Nicht sofort.«
Kate reagierte auf seine Worte in keiner Weise erleichtert. »Was haben Sie vor?«
»Er soll es spüren, den Rausch, die Erregung. Ich will, dass er tötet.«
»Mich?«
Daran, wie seine Sicht plötzlich wankte, erkannte Chase, dass der Killer den Kopf schüttelte. »Er würde sich eher erschießen lassen, als auch nur Hand an Sie zu legen.« Noch ein Kopfschütteln. »Entgegen meiner Gewohnheit habe ich extra für ihn ein wenig Arbeit mit nach Hause gebracht.« Er richtete den Lichtkegel seiner Taschenlampe auf eine Ecke. Schlagartig zerfiel die Dunkelheit und offenbarte den Blick auf eine weitere Frau, die gefesselt und reglos auf dem Betonboden lag. Nicht weit von ihr stand die dunkelblaue Sporttasche, die Chase schon zuvor gesehen hatte.
»Es ist alles bereit. Wir warten nur noch auf Agent Ryan.«
Chase platzte der Kragen. »Dann sag mir, wo du bist, du verdammtes Arschloch!«
Der Killer zuckte überrascht zusammen, hatte sich jedoch sofort wieder unter Kontrolle. »Wo bleibt da der Spaß? Sie sind der Ermittler. Finden Sie mich!« Er versuchte Chase aus seinem Kopf zu drängen, versuchte die Verbindung zu beenden, doch Chase klammerte sich daran. Sein Blick war nun wieder auf Kate gerichtet, die den Killer mit gerunzelter Stirn betrachtete.
»Chase?«, fragte sie
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