Dämonisches Tattoo
in seinen Kopf«, meldete sich Quinn zu Wort. »Beobachten Sie ihn, finden Sie heraus, wo er ist.«
Was sollte das bringen? Der Mann war in einem Gebäude, Kate war gefesselt und es sah nicht danach aus, als hätte er vor, sie an einen anderen Ort zu schaffen. Wie sollte er ihn da lokalisieren? Trotzdem musste er dem Indianer zustimmen – es war die einzige Hoffnung. Wenn er sich heimlich in seinen Geist schlich und durch seine Augen sah, würde er womöglich früher oder später etwas entdecken, was ihn zu ihm führen konnte.
Wie der Briefumschlag mit Jane Mercers Adresse.
Daran, dass er damals zu spät gekommen war, wollte er jetzt allerdings nicht denken.
Er stützte sich mit den Händen auf die Rückenlehne eines Stuhls, schloss die Augen und konzentrierte sich auf seinen Atem. Die Ruhe wollte sich nicht einstellen, von Entspannung konnte erst recht keine Rede sein. Immer wieder schob sich Kates Anblick in seinen Geist. Er sah sie auf dem Stuhl, gefesselt und nicht bei Bewusstsein. Was, wenn sie gar nicht bewusstlos war, sondern längst tot? Nein, so leicht würde der Killer es ihr nicht machen. Er hatte keinem seiner Opfer einen schnellen Tod vergönnt und für Kate würde es schlimmer werden als für alle anderen. Er würde es so lange wie möglich hinauszögern, dieses Mal nicht, um seine Kunstfertigkeit und Überlegenheit unter Beweis zu stellen. Dieses Mal wollte er Chase treffen.
Ich kann ihr nicht helfen, wenn ich mich nicht konzentriere.
Kate brauchte ihn, er konnte sie jetzt nicht im Stich lassen! Er war noch immer aufgewühlt, als er erneut die Augen schloss. Dennoch verdrängte er alles um sich herum, schloss jeden Gedanken, jedes Wort, selbst die Atemzüge von Munarez und Quinn aus seinem Geist aus und dachte nur an eines: Kate. Dieses Mal rief er sich ihren Anblick bewusst ins Gedächtnis, ließ ihn zu einer Mahnung werden und zur Erinnerung, warum es so wichtig war, seine innere Mitte zu finden und in den Kopf des Killers zu dringen. Im einen Moment lauschte er noch auf seine eigenen Atemzüge, im nächsten waren es die des Killers, die er vernahm. Als er Kate dieses Mal vor sich sah, war es nicht das Bild, das er in seiner Erinnerung heraufbeschworen hatte, sondern die reale Kate.
Der Killer beobachtete sie. Lange Zeit rührte er sich nicht, stand einfach nur da und sah sie an. Schließlich beugte er sich zu ihr hinab, packte sie am Kinn und drehte ihren Kopf zur Seite. Ihre Lider flatterten, doch sie schlug die Augen nicht auf.
Chase’ Aufmerksamkeit richtete sich auf die Tätowierung, die am Arm des Killers unter seinem T-Shirt hervorschaute. Der riesige Leib einer Schlange, der sich um seinen Arm wand und weiter oben unter dem Ärmel zu verschwinden schien. Ein auffallendes Tattoo, an das sich ein Tätowierer auf jeden Fall erinnern würde. Die Tattoo-Studios abzuklappern würde jedoch zu lange dauern. Zu lange, um Kate noch retten zu können. Es musste einen anderen Weg geben.
Der Killer hob die Hand und strich Kate in einer beinahe zärtlichen Geste über die Wange. Zuzusehen, wie der Mann sie anfasste, und dabei nicht zu schreien und seine Anwesenheit zu verraten, kostete Chase immense Kraft. Als sie die Augen aufschlug, hätte er um ein Haar vor Erleichterung die Luft ausgestoßen. Gerade noch gelang es ihm, still zu verharren.
Über ihren Pupillen lag ein trüber Schleier, der sich nur allmählich verzog und das klare Blau ihrer Augen offenbarte. Hustend und leise stöhnend versuchte sie sich aufzurichten. Der Killer griff nach ihr, wollte ihr helfen, da ihre Hände mit Kabelbinder gefesselt waren, aber sie schüttelte ihn ab. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, sie dennoch zu packen, doch er tat es nicht.
»Warum?« Kates Stimme klang rau und brüchig, eine Nachwirkung der Betäubung, doch im Gegensatz zu den anderen Opfern war sie immerhin noch imstande zu sprechen.
Mein Gott,
schoss es Chase durch den Kopf.
Was, wenn er ihr die Lippen zunäht?
»Ich mag Sie, Kate«, sagte der Killer mit dunkler, dröhnender Stimme, die wie immer ein wenig verzerrt in Chase’ Ohren klang. »Und ich hätte Ihnen das hier gern erspart. Aber Sie haben meine Pläne durchkreuzt und das kann ich nicht zulassen.«
»Durchkreuzt?«, echote sie.
»Sie haben verhindert, dass er tötet. Dabei wollte ich ihm beweisen, dass jeder zum Mörder werden kann.«
»Jeder? Sind Sie noch ganz dicht? Sie haben ihn beein-flusst! Sie hatten die Kontrolle über seinen Verstand und haben versucht ihn dazu zu
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