Dämonisches Tattoo
und dass er sich gedulden musste, denn auch wenn er wohl ab sofort auf die Unterstützung der Polizei hoffen konnte, mussten sie zunächst ihr weiteres Vorgehen planen, ehe sie auf die Jagd gingen. Die andere Hälfte seines Ichs hatte die Warterei satt und wollte nur noch, dass es endlich vorüber war.
Er stand auf, um sich noch einen Kaffee zu holen – vermutlich den siebten oder achten, seit er hier war –, als eine vertraute Stimme in seinem Kopf erklang.
Hängen Sie sehr an ihr, Agent Ryan?
Sein Rücken kribbelte, als das Tattoo auf die Verbindung reagierte und sich weiter ausdehnte, so als kröchen unzählige kleine Spinnenbeine über seine Haut.
»Sie können ihr nichts anhaben«, sagte Chase in gezwungener Ruhe.
Sind Sie sicher?
Im selben Moment, in dem Chase in den Kopf des Mannes dringen und durch seine Augen blicken wollte, öffnete der Killer die Verbindung und Chase wurde hineingerissen. Der Blick des Killers war auf eine nackte Betonwand gerichtet, über die der wankende Schein einer hin und her schwingenden Glühbirne strich. Im Augenwinkel sah er einen großen staubigen Ofen, daneben lagen Tonscherben, manche zu einem Haufen zusammengefegt, andere weitflächig verstreut. Er versuchte mehr zu erkennen, doch abgesehen von einem verblichenen Metallschild, dessen Schriftzug unter der dicken Staubschicht unlesbar geworden war, vermochte er nicht mehr zu erfassen als die Wand unmittelbar vor ihm. Chase’ Augen wurden von der Wand abgelenkt, als der Killer sich umdrehte und den Blick in die Schatten richtete. Dort stand ein Stuhl. Es dauerte einige Herzschläge, ehe Chase in der Dunkelheit einen menschlichen Umriss darauf ausmachen konnte, gefesselt wie all die anderen. Der Killer knipste eine Taschenlampe an und richtete den Lichtstrahl auf sein Opfer.
»Du krankes Arschloch!«, brüllte Chase.
Der andere lachte nur – und schloss ihn aus seinem Kopf aus, so plötzlich, dass Chase ins Taumeln geriet und sich an der Wand abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er starrte auf den blaugrauen Teppich des Besprechungsraums, doch alles, was er sah, war sie. Kate. Dieser elende Dreckskerl! In seinem Kopf rauschte es, er war kurz davor loszulaufen, wenn er verdammt noch mal gewusst hätte wohin. Das Rauschen wurde lauter, ließ ihn schwanken. Dann schob sich Munarez’ Gesicht in sein Blickfeld und ihm wurde bewusst, dass das, was er für Rauschen gehalten hatte, Worte waren und es ihre Hand auf seiner Schulter war, die ihn schüttelte und zum Wanken brachte.
»
Mierda!
Ryan, was ist los?«, brüllte sie ihm ins Gesicht. »Reden Sie endlich!«
Blinzelnd fragte sich Chase, wie lange sie schon auf ihn einredete. Zur Hölle, wen interessierte es! »Er hat Kate«, platzte er heraus. »Wir müssen sie finden!«
Er streifte Munarez’ Hand ab und wollte zur Tür, doch die Polizistin vertrat ihm den Weg. »Wissen Sie, wo sie ist?«
»Nein!«
»Dann bleiben Sie jetzt verdammt noch mal stehen, atmen Sie durch und kommen Sie vor allem wieder runter!« Sie schob ihn zu einem Stuhl und zwang ihn sich zu setzen. Am liebsten wäre er sofort wieder aufgesprungen. Alles in ihm schrie danach, loszulaufen und Kate zu finden, trotzdem gewann allmählich seine Vernunft wieder die Oberhand. Abgesehen davon, dass er nicht einmal gewusst hätte, wo er nach ihr suchen sollte, würde es sie nicht retten, wenn er jetzt den Kopf verlor. Der Killer würde Kate nicht sofort töten. Allerdings wagte Chase nicht, sich vorzustellen, was er ihr alles antun konnte, ohne ihr dabei das Leben zu nehmen.
»Was ist da gerade passiert?« Munarez’ Frage riss ihn aus seinen sich im Kreis drehenden Gedanken. »War das diese Geisterverbindung?«
Chase nickte. Stück für Stück gab er wieder, was der Killer gesagt und welche Ansichten er ihm gewährt hatte. »Nackte Wände, ein grauer Betonboden. Weitläufige Räume.« Er hatte nicht viel gesehen außer der Wand, dem Boden und Kate, doch was sich ihm offenbart hatte, war keine Wohnung, es hatte mehr ausgesehen wie … »Eine Fabrikhalle! Das muss es sein! Er hat sie in eine alte Fabrik verschleppt!«
»Wenn wir ihn finden wollen, brauchen wir mehr.« Munarez stand mit dem Rücken zum Fenster, den Blick auf Chase gerichtet. »Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt.«
Chase hielt es nicht länger auf seinem Stuhl. Er sprang auf und begann auf und ab zu laufen, halb verrückt vor Sorge und Hilflosigkeit. Es musste doch einen Weg geben, sie zu finden!
»Sie müssen
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