Daisy Goodwin
Vorteil, wenn noch etwas frische Minze hinzugefügt würde.» Einen
Augenblick lang sah der Prinz sie überrascht an; er fragte andere zwar
regelmäßig nach ihrer ehrlichen Meinung, war es aber nicht gewohnt, diese auch
gesagt zu bekommen. Es gab eine kleine Pause, in der er sich fragte, ob das ein
Angriff auf seine Würde gewesen war, und dann lachte er und sagte: «Nun, jetzt
weiß ich, warrrum amerrrikanische Frrrauen so gute Gastgeberrrinnen sind, Mrs.
Cash. Sie achten auf jede Kleinigkeit. Also, fügen wirr auf jeden Fall Minze
hinzu.»
Teddy musste sich ein Grinsen verkneifen.
Er war daran gewöhnt, dass Mrs. Cash die Oberhand behielt, aber die restliche
Gesellschaft war es nicht. Er bemerkte, wie die blonde Frau, die als Herzogin
Fanny bezeichnet worden war, Mrs. Cash skeptisch betrachtete, als versuche sie,
eine Gegnerin einzuschätzen.
Der Prinz bot Cora gerade ein Glas
an, als der Diener verkündete: «Sir Odo und Lady Beauchamp.» Teddy sah, wie der
Prinz erstarrte, und er erinnerte sich, was Cora ihm in ihrem Brief geschrieben
hatte: Der Prinz von Wales bricht alle Regeln, erwartet aber tadelloses Verhalten von jedem anderen. Er hasst es, wenn die Leute sich verspäten, obwohl die Prinzessin selbst berühmt ist für
ihr Zuspätkommen. Also
komm bitte sofort zum Dinner herunter, sobald Du Dich umgezogen hast. Wir Amerikaner müssen
natürlich die besten Manieren von allen haben, weil uns nicht das geringste Vergehen nachgesehen wird.
Das Paar, das hereinkam, wirkte
allerdings alles andere als verlegen. Die vorstehenden blauen Augen des Mannes
leuchteten, die Lippen waren leicht geöffnet und zeigten seine kleinen weißen
Zähne. Er verbeugte sich elegant vor dem Prinzen und stellte dabei seine
üppigen gelben Locken zur Schau.
«Sie müssen
mir vergeben, Sir, aber mein Frau konnte sich nicht zwischen dem Hellgrünen und
dem Violetten entscheiden. Sie wollte sich nicht von der Stelle rühren, ehe
ich ihr einen Rat gebe, und wissen Sie was? Ich konnte keine Entscheidung
treffen. Sie sah einfach in beiden hinreißend aus, also musste sie am Ende Rot
tragen, wie Sie sehen.» Er deutete auf seine Frau, die in einen Knicks sank,
der von ihrem Dekolleté nicht viel sehen ließ.
«Hoheit»,
murmelte sie und hob ihren Kopf, um dem Prinzen ein Lächeln zu schenken, das so
gar nichts Reuevolles hatte.
«Es ist
natürlich Ihre Gastgeberin, die Ihnen vergeben muss, ich neige allerdings dazu,
Ihnen zuzustimmen, Sir Odo, das Ergebnis war das Warten wert.» Der Prinz
betrachtete Lady Beauchamp wohlgefällig. Ihr Kleid war aus blutrotem Satin
und mit einem sich wiederholenden schwarzen Motiv aus Bienen, Ameisen und
Skorpionen bestickt. Der Ausschnitt und der Saum waren mit Jetperlen besetzt,
die leicht erzitterten, wenn sie sich bewegte. Es war ein dramatisches Kleid,
fast absurd, aber zu Lady Beauchamp passte es, fand Teddy. Sie trug den Kopf
hoch, und er sah die energische Linie ihres Halses. Sie sah gleichermaßen
schön und schrecklich aus. Teddy musste an Salome denken, die den Kopf von
Johannes dem Täufer in den Händen hielt. Aber es war nicht nur ihr perfektes,
unerbittliches Profil, weswegen er sie anstarrte wie gelähmt. Er hatte diese
Frau schon einmal gesehen, vor einem Jahr, auf dem Bahnsteig der Euston
Station, zusammen mit dem Herzog. Nie hatte er vergessen, wie sie die Hand des
Herzogs in ihren Muff gesteckt hatte – so eine ungezähmte Intimität an einem so
öffentlichen Ort.
Er konnte sich noch genau an die
wunderbare Linie ihres Nackens erinnern und daran, wie sie den Herzog angesehen
hatte. Es war dieses Bild, das er nie vergessen würde, denn er hatte gewusst, dass
dies das Gesicht einer Frau war, die sich von dem Mann verabschiedete, den sie
liebte.
KAPITEL 25
Amor und
Psyhe
Der Speisesaal von Lulworth lag im ältesten Teil des Schlosses. Um dorthin zu gelangen, musste man ein
paar niedrige Stufen hinuntergehen, und selbst an einem Sommerabend war der
Raum durch die Steinmauern und -böden ein paar Grad kälter als der Rest des
Hauses. Heute Abend aber war die etwas gruftartige Atmosphäre von den zwölf
vergoldeten Silberleuchtern auf den Tischen vertrieben worden und von dem
süßen Duft, den die Jasminblüten in den Fensternischen verströmten. Der ganze
Raum war ein einziges Funkeln, weil die Kristallgläser, die Brillanten an den
Kronleuchtern und die Diamanten, die den Frauen um den Hals lagen, das
Kerzenlicht tausendfach reflektierten. Aber die Wärme und das Licht waren
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