Daisy Goodwin
einen Ast an den
Kopf bekommen haben. Der Herzog hat mich bewusstlos vorgefunden. Als ich aufgewacht
bin, war ich hier im Schloss.»
«Eine Jungfrau in Not also. Nun, der
alte Ivo ist ein Glückspilz.»
«Oh, ich
war der Glückspilz. Hätte der Herzog mich nicht gefunden, wer weiß, was
geschehen wäre», protestierte Cora, aber Reggie sah sie abschätzend an.
«Nein, ich bleibe dabei, er ist der
Glückspilz.» Und dann lächelte er, und Cora lächelte zurück und zeigte ihre
kleinen weißen Zähne. Nach dem merkwürdigen Benehmen des Herzogs war es
beruhigend, sich auf vertrautem Gebiet zu bewegen. Sie war es gewohnt, von
charmanten jungen Männern bewundert zu werden. Reggie hatte ihren Wert offensichtlich
verstanden, auch wenn man das vom Herzog leider nicht sagen konnte.
Mrs. Cash
bemerkte einen Flirt auf hundert Schritt Ent fernung. Sie winkte ihre Tochter
mit einer saphirbesetzten Hand herbei.
«Entschuldigen Sie mich, Mr.
Greatorex, ich werde gerufen.»
«Dann gehen Sie auch. Ich glaube,
Ihre Mutter wird mir sonst einen Blick zuwerfen, der mich vernichten wird.»
Cora ging zu dem Kaminaufsatz hinüber, der von einer Karyatide getragen wurde,
deren Proportionen denen von Mrs. Cash entsprachen.
«Cora, ich
möchte dir Pater Oliver vorstellen. Er schreibt die Geschichte der
Maltravers-Familie. So ein faszinierender Gegenstand, eine so lange Tradition,
so viel Selbstaufopferung. Ich glaube, dies ist genau das, was dir gefällt.»
Sie hob ihre Stimme ein wenig, damit der Herzog, der in ihrer Nähe stand, sie
auch in jedem Fall hörte. «Meine Tochter ist eine große Leserin. Sie hat so
viele Hauslehrer gehabt und sie alle überflügelt. Du musst den Herzog bitten,
dir seine Bibliothek zu zeigen, Cora.»
Das hatte die gewünschte Wirkung,
nämlich war es nun für den Herzog unmöglich, sich nicht an der Konversation zu
beteiligen.
«Was die Bibliothek betrifft, ist
Pater Oliver, fürchte ich, der geeignetere Führer für eine Dame von Miss Cashs
intellektuellen Gaben. Der Gelehrte in der Familie war mein Bruder. Es war
Guy, der Pater Oliver hergebeten hat. Guy war sehr stolz auf unser
Rekusantentum. Er war der Ansicht, dass die Weigerung unserer Familie, sich dem
Geist der Zeit zu ergeben und die römisch-katholische Kirche zu verlassen, ein
Beweis dafür ist, dass wir gewissermaßen moralisch feiner gewebt sind als
andere.» Er lächelte ironisch.
«Ich glaube, wäre Guy nicht der
älteste Sohn gewesen, er wäre seiner wahren Berufung gefolgt und Priester
geworden. Als Kinder haben wir immer Kreuzzug
gespielt. Er war der Tempelritter und ich immer der Sarazene. Guy hat mit seinen
teuflischen Spielzeugpfeilen auf mich geschossen, bis ich mich ergeben habe.
Und natürlich habe ich mich immer ergeben.» Der Herzog stockte. Cora wollte
gerade einen lustigen Kommentar abgeben, als ihr siedend heiß einfiel, dass
Guy, der ältere Bruder, tot sein musste. Sie sah den Herzog an, aber er hatte
die Fassung wiedergewonnen und wandte sich mit übertriebener Liebenswürdigkeit
ihr zu. «Also, Miss Cash, die Bibliothek müssen Sie sich von Pater Oliver
zeigen lassen, aber ich werde Ihnen zeigen, wo man am besten Kreuzzug spielen
kann!»
«Haben Sie denn noch Pfeil und
Bogen?», fragte Cora.
«Selbstverständlich. Man weiß ja
nie, wann man Besatzer in die Flucht schlagen muss.» Der Herzog lächelte Cora an, als er dies sagte, aber sie
verstand die Anspielung. Tränen stiegen in ihr auf. Sie war schließlich durch
einen Zufall hier; wie konnte er andeuten, dass er belagert wurde? Sie fragte
sich, ob sie ihre Mutter würde überzeugen können, das Schloss am nächsten
Morgen zu verlassen.
Der Butler erschien, um zu
verkünden, dass das Dinner serviert sei, und Reggie führte sie, lächelnd und
unkompliziert, ins Speisezimmer.
Cora wurde zwischen Reggie und Pater
Oliver platziert. Der Herzog hatte zur einen Seite ihre Mutter und zur anderen Lady
Briscoe, eine beleibte Dame mit Hörrohr, die offenbar eine Nachbarin war. Beim
Fisch flirtete Reggie mit Cora; Pater Oliver erzählte ihr bei der Hauptspeise
von der Reformation. Das Essen war weder
reichhaltig noch besonders appetitlich. Als einer der Diener sich über Cora
beugte, um zu servieren, fiel ein großes weißes Kügelchen aus seinem
gepuderten Haar auf ihren Teller. Sie sah es erstaunt an. Der Diener schnappte entsetzt
nach Luft und nahm ihr schnell den Teller weg. Reggie, der das Ganze beobachtet
hatte, zwinkerte ihr zu. «Das ist das Problem mit einem Haus
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