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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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ausschneiden, um überleben zu können. Das ist nicht das, was ich will. Ich weiß nicht, ob ich es könnte, aber ich weiß, dass ich es nicht will.« Sie blickte mir in die Augen. »Es tut mir wirklich leid.«
    Sie stand auf und begann, ihre Sachen zu packen, während ich einfach nur auf dem Bett saß und sie beobachtete. Als sie fertig war, ging sie zur Tür und blieb noch einmal stehen. »Es tut mir wirklich leid, Luke. Wir reden in ein paar Tagen miteinander, ja?«
    Ich sah sie nur an. Sie ging aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Etwas sagte mir, dass ich sie nie mehr wiedersehen würde.

Vierundzwanzigstes Kapitel
    Das Einzige, was das Menschsein noch mehr kennzeichnet als die Liebe, ist der Verlust.
    Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
    Ich trank bis zum frühen Morgen und schlief dann bis zum nächsten Nachmittag, als das Zimmertelefon klingelte. Mir dröhnte der Schädel. Ich meldete mich in der Hoffnung, dass es Candace war. Aber es war der Empfang, der mich fragte, ob ich auschecken würde oder ob sie mir noch einen Tag berechnen sollten. Ich sagte ihnen, dass ich abreisen würde. Ohne zu duschen oder mich umzuziehen, nahm ich meinen Koffer und meine Reisetasche und verließ das Zimmer.
    Wohin sollte ich gehen? Ich fühlte mich wie jemand, der gerade über einen Felsvorsprung getreten war und sich nun wünschte, wieder ein paar Schritte zurücktreten zu können. Allein die dreitausend Dollar, die ich für die Cabana ausgegeben hatte, hätten mir einen mehrmonatigen Aufenthalt in einer billigen Unterkunft ermöglicht. Was macht man, wenn man keinen Ort hat, an den man gehen kann? Benommen stand ich vor meinem Zimmer.
    Mit dem Aufzug fuhr ich in die Lobby. Die Lichter des Kasinos und der Anblick des Geldes strömten wie ein Fluss um mich herum und an mir vorbei. Ich setzte mich an eine Bar, aß die kostenlos dort herumstehenden Nüsse und Cracker, trank noch mehr und beobachtete das Treiben um mich herum. Gegen Mitternacht schlief ich auf dem Stuhl ein. Der Barkeeper weckte mich. »Sorry, Sir, Sie können hier nicht schlafen.«
    Ich stand auf, zog mein Gepäck in einen anderen Teil des Kasinos und bemühte mich, gegen meine Erschöpfung anzukämpfen. Meine Gedanken rollten und sprangen wie eine Kugel auf einem der Rouletteräder des Kasinos in meinem Kopf herum. Die Welt sah jetzt anders für mich aus. Verändert. Mir wurde bewusst, dass ich mein Leben auf einer anderen Ebene des Menschseins gelebt hatte, auf der Geld sowohl allgegenwärtig als auch immateriell war. Die meiste Zeit meines Lebens hatte ich gar kein Geld bei mir gehabt, nur magische Plastikkarten, durch die ich bekam, was auch immer ich brauchte – wie mit einem VIP-Pass zur Welt. Anders als das Papiergeld wurde das Plastik nie sichtbar weniger, denn man bemerkte die Abbuchungen nicht.
    Nie hatte ich Rechnungen geprüft und auch kaum auf die Preisschilder gesehen. Ich merkte, dass Candace recht hatte – ich kannte weder Not noch Mangel. Ich hatte in einer anderen Welt als die meisten Menschen gelebt. Jetzt war ich in ihrer Welt angekommen, oder sogar darunter. Ich hatte keine Arbeit, kein Zuhause und kein Geld, und unter mir gab es kein Sicherheitsnetz. Wie hatte ich nur so dumm sein können?
    Ich dachte an das Essen mit meinem Vater zurück, als er vorgeschlagen hatte, dass ich eine Business School besuchte. Wie ironisch. Er hatte gesagt, er wolle nicht, dass ich irgendetwas bereue. Das alles tat ich jetzt. Ich bereute das Geschehene, und ich hasste Sean mehr, als ich sagen konnte. Ich wünschte, dass ich ihn den Spielern überlassen hätte, damit sie ihr Mütchen an ihm kühlten. Aber noch mehr hasste ich mich selbst dafür, dass ich mich von ihm hatte hereinlegen lassen.
    Ebenso schwer bedrückte mich Candaces Verrat. Ich liebte sie und hatte gedacht, dass sie mich ebenfalls liebte. Ich habe mal den Spruch gehört, dass Männer schöne Frauen wollen, während sich Frauen schöne Situationen wünschen. Damals hatte ich das nicht geglaubt, aber jetzt tat ich es. War das wirklich alles, was ich Candace bedeutet hatte? Ein bestimmter Lebensstil? Bei dieser Vorstellung drückte es mir das Herz ab.
    Hier stand ich nun in diesem Neondschungel und fühlte mich genauso hilflos, wie ich es im Amazonasdschungel gewesen wäre. Ich zog meine Brieftasche hervor. Eine wertlose Plastikkarte und etwas mehr als fünfhundert Dollar. Dann erinnerte ich mich an den für Candace bestimmten Ring. Er hatte fast dreißigtausend Dollar gekostet. Ich musste

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