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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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handele sich um einen Irrtum. Wir hatten keine Discover Card. Das Kreditlimit von fünfundzwanzigtausend Dollar war ausgeschöpft, und die monatliche Zahlung stand noch aus. Ich rief das Unternehmen an, aber sie wollten nicht mit mir sprechen, weil ich nicht als Mitinhaberin des Kontos eingetragen war. Ich wartete, bis Rex nach Hause kam. Da gestand er mir, dass er spielte. Ich drängte ihn, mir zu sagen, wie hoch seine Schulden waren. Zunächst log er und behauptete, es wären nur die fünfundzwanzigtausend Dollar auf der Karte. Aber ich ging online und rief unser Rentenkonto und unsere Altersvorsorgekonten auf. Er hatte sie alle abgeräumt. Ich drehte durch und begann, ihn zu schlagen. Dann warf ich ihn aus dem Haus.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Ich kannte auch mal jemanden, der Probleme mit dem Spielen hatte. Es hat ihn fast das Leben gekostet.«
    »Es ist ein bösartiges Übel«, nickte sie.
    »Hat er sich da das Leben genommen?«
    »Nein. Den Monat darauf rief er mich jeden Tag an und bat um eine zweite Chance. Chris vermisste ihn. Und um ehrlich zu sein, vermisste ich ihn auch. Schließlich sagte ich zu ihm, dass ich ihn wieder bei uns aufnehmen würde, wenn er versprach, nie mehr zu spielen, und sich professionelle Hilfe holte. Er war einverstanden. Er begann, zu einer Gruppe der Anonymen Spieler zu gehen, die sich in der Nähe traf.
    Die Dinge kamen wieder ins Lot. Rex brachte mehr Geld nach Hause, und wir konnten etwas zurücklegen. Nach sechs Monaten leitete er sogar eine der AS-Gruppen in der Gegend.
    Wir hatten unser Leben zurück. Zumindest für eine Weile. Dann bekam ich eines Tages Besuch von der Polizei von Vegas. Rex war aus dem siebten Stock eines Kasino-Parkhauses gesprungen.«
    »Das tut mir leid.«
    Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Nachdem ich den Leichnam identifiziert hatte, ging ich nach Hause und begann, unsere Konten zu überprüfen. Insgesamt hatte Rex vierzehn Kreditkarten bis zum Limit ausgeschöpft, eine zweite Hypothek auf unser Haus aufgenommen und sein Ausgabenkonto bei der Arbeit überzogen. Ich kam auf über vierhunderttausend Dollar, die er verloren hatte. Ein paar Wochen später fand ich heraus, dass er zwei Jahre lang keine Steuern bezahlt hatte.
    Natürlich zog mich die Steuerbehörde zur Verantwortung. Ich war bankrott. Chris und ich verloren unser Haus und unser Auto. Ich verkaufte, was ich konnte, suchte mir eine Wohnung und eine Stelle.« Sie sah mich mit schmerzerfülltem Blick an. »Man glaubt, solche Sachen passieren nur irgendwelchen Leuten im Fernsehen, aber sie passieren wirklichen Menschen. Und sie geschehen die ganze Zeit. Man erfährt nur nichts davon. Mein Mann war der Vierte, der in jenem Monat von dem Parkhaus gesprungen ist.«
    »Wie alt war Chris, als das passiert ist?«
    »Er war vier.«
    »Kein Wunder, dass er Probleme hat.«
    »Ja, es überrascht mich nicht.« Nach einem Moment gestand sie: »Weißt du, ich habe dich gar nicht gehasst. Ich wollte dich besser kennenlernen. Aber der ängstliche Teil von mir hat dafür gesorgt, dass ich mich weiter eingeigelt habe. Ich wollte nicht wieder jemandem vertrauen.«
    »Ich kann verstehen, warum du niemandem mehr vertrauen magst.«
    »Vertrauen«, wiederholte sie, als hätte das Wort für sie einen bitteren Geschmack. Sie rührte ihren Kaffee um. »Weißt du, was ich daran am Schlimmsten fand? Noch schlimmer als die Tatsache, dass er all das Geld verspielt hatte? Vielleicht sogar noch schlimmer als seinen Selbstmord? Es war seine Unehrlichkeit. Dass er alles vor mir verheimlicht hat. Und ich war dumm genug, ihm zu vertrauen.«
    »Vertrauen ist nicht dumm.«
    »Manchmal schon.« Sie trank langsam einen Schluck von ihrem Kaffee, stellte den Becher ab und wischte sich über die Augen. »Eine sehr lange Antwort auf eine kurze Frage.«
    »Danke, dass du es mir erzählt hast.«
    »Ich habe es noch nie jemanden von der Arbeit erzählt. Ich glaube nicht, dass sie es wissen müssen.«
    »Das müssen sie auch nicht«, bestätigte ich.
    Sie trank einen weiteren Schluck von ihrem Kaffee. Dann fragte sie: »Warst du schon mal verheiratet?«
    »Nein, aber fast.« Ich sah ihr in die Augen. »Es gibt etwas, was du von mir nicht weißt. Ich hatte mal sehr viel Geld. Aber ich habe alles verloren.«
    »Wie hast du es verloren?«
    »Du hast es bereits genannt. Steuern, der Aktienmarkt. Vor allem ein schlechtes Urteilsvermögen. Ich war hier, in Vegas, mit einer Frau zusammen, von der ich dachte, dass ich sie heiraten würde.

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