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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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stetige Beleuchtung allemal.
    Er sah sich um. Viel Sorgfalt war auf die Einrichtung offenbar nicht verwandt worden. Der Boden war mit billiger, grauer Auslegware belegt, vor dem Schreibtisch stand ein schwarzer Klappstuhl aus Plastik, an der rechten Wand von David aus gesehen befand sich ein klapprig wirkendes Metall-Regal mit Büchern. David warf einen Blick auf die Titel. Virginia Satyr. Nie gehört. Jean Paul Sartre, »Der Pfahl im Fleische«. Den Namen des Autors kannte er von irgendwoher, wahrscheinlich aus der Schule, der Titel war ihm fremd. Dann gab es eine Reihe von Büchern, die von Fabian selbst stammten. Mindestens fünf unterschiedliche Titel entdeckte David beeindruckt, alle in mehreren Ausgaben versammelt.
    Er wandte sich dem Schreibtisch zu, öffnete dessen Schubladen und fand nur eine Sammlung alter Kugelschreiber, alte Klebstoff-Tuben, Textmarker, die bestimmt nicht mehr funktionierten und Kopierpapier, wahrscheinlich für den Drucker unter dem Tisch. Er schloss die Schubladen, kniete sich auf den Boden und öffnete den Rollcontainer. Hier wurde er fündig. Die einzelnen Folder in der Hängeregistratur waren ordentlich mit Daten beschriftet, die jeweils vier Tage umfassten. Das konnten nur Seminar-Unterlagen sein. David nahm den vordersten Folder heraus. Di., 22. 7. bis Fr., 25. 7. Es lag tatsächlich eine Teilnehmerliste darin, sonst allerdings nichts, während die älteren Folder viel dicker waren. David zog wahllos einen der älteren heraus; neben der Liste fand er dort säuberliche handschriftliche Notizen zu jedem einzelnen Teilnehmer. Warum gab es zu dem aktuellen Seminar keine? Vielleicht stellte Plessen sie immer erst zum Schluss zusammen.
    Er studierte die Teilnehmerliste seiner Gruppe. Es waren alle aufgeführt, mit Adresse und Telefonnummer. David notierte sich beides von Helmut, der heute nicht erschienen war. Helmut hatte den hässlichen Nachnamen Schwacke. Das passte, fand David. Er steckte den Folder wieder zurück in die Hängeregistratur. Das Ergebnis war nicht gerade überwältigend, gemessen an dem Aufwand, den es gekostet hatte, hier hereinzukommen. Er setzte sich auf den Klappstuhl, schaltete den Computer ein und wartete ungeduldig, bis das altersschwache Gerät hochgefahren war. Stirnrunzelnd betrachtete er die installierten Programme und stellte fest, dass der PC nicht einmal einen Internetanschluss hatte. Er versuchte, eine der gespeicherten Dateien zu öffnen. Sie waren mit einem Passwort gesichert. David probierte es erst mit Roswitha, dann mit Fabian, aber sie waren beide falsch. Schließlich schrieb er Samuel, dann Sam, dann Plessen.
    Nichts.
    Genervt machte er das Gerät wieder aus.
    Helmut Schwacke. Ob ihn dieser Name weiterbrachte? Er dachte an Helmuts verzerrtes Gesicht beim Mittagessen nach dessen Familienanordnung, die mit einem so desaströsen Ergebnis für ihn geendet hatte. Was fühlte jemand, dem gesagt wurde, dass er nie hätte geboren werden sollen? Kummer? Verzweiflung? Hass? Je nachdem? David dachte an die starren Augen, die aufgesetzte Teilnahmslosigkeit. Und? Er seufzte.
    Langsam überkam ihn Müdigkeit. Er hatte die letzte Nacht kaum geschlafen, das machte sich jetzt bemerkbar. David gähnte. In der Scheibe vor dem dunklen Rollo spiegelte sich undeutlich sein blasses Gesicht und sein weit geöffneter Mund. Er war erschöpft, aber er musste weitermachen, denn so eine Chance würde sich kein zweites Mal bieten. Morgen würden entweder Fabian oder seine Frau oder einer der Schupos das eingeschlagene Fenster bemerken, danach würden sie ihre Sorgfalt bei der Überwachung der potenziellen Opfer verdoppeln. Irgendwas musste er finden! Das durfte einfach nicht sein, dass er völlig unverrichteter Dinge wieder abzog – als Fang lediglich Helmut Schwackes Adresse, die sich KHK Seiler, falls es sie interessierte, genauso gut auf offiziellem Weg besorgen konnte!
    Unter halb geschlossenen Augen ließ er den Blick schweifen. Der Raum war so klein und übersichtlich, hier konnte man eigentlich nicht viel verstecken. Er stand auf und stellte sich noch einmal vor das Bücherregal. Er langte hinter jede der Reihen, auf der Suche nach einem Versteck. Nichts. Er sah sich die Titel genauer an, schlug hier und da ein Buch auf, blätterte es durch – vielleicht war ja eins hohl? Er kam sich allmählich vollkommen lächerlich vor.
    Dann hielt er inne. Zwischen zwei Titeln, nach einer langen Reihe von dickleibigen Lexika stand etwas unauffälliges Schwarzes, das aussah wie aus

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