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Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick

Titel: Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Erfahrungen auf diesen Menschen einstürmten, bis er krank wurde?
    Stellen Sie sich einen kurdischen Patienten vor. Der Arzt entnimmt den Unterlagen die knappe Information, dass der Mann aus der Türkei stammt, und nun will der Herr Heiler die Atmosphäre entspannen, er schwärmt also von seinem letzten Türkeiurlaub und der Großzügigkeit der Türken Fremden gegenüber. Können Sie sich die Magenkrämpfe des Patienten vorstellen? Eine krank machende Arbeits- und Wohnwelt – und alldem wird nun die Krone aufgesetzt: Der Arzt wird ihm zum Feind.
    Ich habe Ihnen bereits erzählt, dass ich als Student manchmal mein Geld als Simultanübersetzer verdiente. Meine Auftraggeber gehörten deutschen Firmen an, die mich baten, ihre hohen Gäste zu begleiten und bei den Verhandlungen zu dolmetschen. Diese hohen Gäste, nicht selten Kriminelle im Anzug des Staatsbeamten, waren im Auftrag irgendeiner arabischen Regierung nach Deutschland gekommen, um Maschinen und Autos für große Summen zu kaufen, und sie interessierten sich ausschließlich für die Prozente, die sie kassierten. Von der Qualität der Ware und ihrer Eignung für ein arabisches Land hatten diese Halunken keine Ahnung. Das bekamen die deutschen Manager spätestens nach fünf Minuten heraus. Sie verkauften den Arabern deshalb den letzten Schrott, und das zu hohen Provisionen, die am Ende die arabische Bevölkerung tragen musste.
    Manchmal wurde ich in eine Klinik gebeten, weil eine Patientin oder ein Patient aus Arabien – in der Regel wohlhabend – sich dort nicht wohl fühlte. Das waren für mich bewegende Stunden.
    Die Frau eines libyschen hohen Beamten zog sich durch einen Autounfall in Libyen komplizierte Knochenbrüche zu. Sie wurde nach Deutschland geflogen und in ein orthopädisches Krankenhaus gebracht. Dort weigerte sie sich zu essen und schrie, sobald der Krankenpfleger der Station ihr Zimmer betrat. Die Lage spitzte sich innerhalb weniger Tage so dramatisch zu, dass die Ärzte schnell handeln mussten. Eine Bekannte von mir, eine junge Ärztin, bat mich um Hilfe. Die Patientin sprach nur Arabisch. Warum sich weder ihr Mann noch ihre Familie, noch der Botschafter von Libyen um sie kümmerte, habe ich nur in Bruchstücken von der ängstlichen Frau erfahren. Angeblich war ihr Mann nach dem Unfall in Ungnade gefallen. Man hatte die Frau aus humanitären Gründen nach Europa geschickt und trug die hohen Kosten, aber niemand aus der Botschaft wollte offiziell zu ihr stehen.
    Die Frau war gekränkt und sprach zudem ein fast unverständliches Arabisch. Erst nach einer Stunde fand ich heraus, dass sie sehr religiös war und das Essen nicht nur verweigerte, wenn Schweinefleisch serviert wurde, sondern auch bei anderen Speisen, weil ihr Geschirr und ihr Besteck früher schon einmal in Berührung mit Schweinefleisch gekommen waren.
    Auch Hühnerfleisch wollte sie nicht essen. Sie befürchtete, die Hühner seien mit einem Pulver aus Schweinekadavern gefüttert worden. Ich musste mich zusammennehmen, um nicht über die Phantasie der Frau zu lachen. Man schrieb das Jahr 1975, und noch wusste keiner von den Schweinereien der Tierzüchter.
    Als ich die behandelnden Ärzte auf dieses Problem ansprach, schüttelten sie den Kopf und bedauerten die Frau. Sie hatten so etwas bis dahin noch nicht erlebt und waren deshalb auch nicht bereit, es jetzt zu erleben. Erst nach einem langen Gespräch fanden wir, die Frau und ich, einen Kompromiss:Ich kaufte für sie einen eigenen Satz Geschirr und Besteck, und all das wurde separat gespült, sodass es nie auch nur mit Spuren von Schweinefleisch in Berührung kommen konnte.
    Es blieb ein zweites Problem. Warum weinte die Frau jedes Mal, sobald ein gewisser Pfleger ihr beim Waschen helfen wollte? Nicht sein Charakter war das Problem, sondern sein Geschlecht. Die Frau wollte nicht, dass ein Mann sie zur täglichen Körperpflege berührt. Auch hier fanden wir einen Kompromiss: Der Pfleger kam nur noch in Begleitung einer Krankenschwester und fasste die Frau nur noch an den Armen, am Kopf und am Hals an.
    Von nun an ging es.
    Ich schaute in den nächsten Wochen zur Sicherheit immer wieder einmal nach der Frau, sie war sehr zufrieden. Das Ärzte- und Pflegeteam auch.
    Mich hat damals die Unkenntnis des Pflegepersonals im Hinblick auf den Islam, dessen Angehörige das Krankenhaus beherbergt, erstaunt. Hier wäre ein muslimischer Arzt von großem Nutzen, der neben seiner Arbeit als Mediziner auch Übersetzungen zwischen Patient und

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