Damian
gehören wird. Es gibt keine Zukunft für sie beide. Und je eher er es beendet, umso besser, für sie und ihn. Wie lange soll er dieses Lügengebäude, das er aufgebaut hat denn noch aufrecht erhalten? Es wird irgendwann über ihm einstürzen und ihn mit sich reißen ins Verderben. Aber nicht Rachel. Sie soll von all dem nichts erfahren. Sie soll ihn so in Erinnerung behalten, wie sie ihn heute kennengelernt hat. Sie soll sich an den Mann in ihm erinnern, der sie einen kurzen Weg in ihrem Leben begleiten durfte. Und dann wird sie ihn irgendwann vergessen. Sie wird einen Mann finden, der sie liebt und respektiert. Sie wird ein ganz normales Leben führen, erfolgreich sein, als Fotografin und vielleicht auch Kinder haben. Er wünscht ihr dieses Glück, denn er durfte es für nur einen kurzen Augenblick genießen…das Glück eine Familie zu haben.
„Damian?“, flüstert Rachel verschlafen, ohne die Augen zu öffnen und sucht mit ihrer Hand nach ihm. Er legt sich zu ihr, streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Ich bin da, Liebling“, flüstert er leise und küsst sanft ihre Stirn. Ein glücklicher Seufzer gleitet über ihre Lippen und sie legt ihre zarte Hand auf seine Brust, genau da, wo sein untotes Herz schlägt.
„Ich liebe Dich“, haucht sie ihm zärtlich zu. Sein Herz beginnt zu rasen, es hämmert derart schmerzhaft gegen seine Rippen, dass er glaubt es würde jeden Augenblick zerspringen. Rachel wird es ihm aus der Brust reißen, wenn er sie verlässt. Die Ma‘at wird nichts abwiegen können, an dem sie feststellen kann, wie Damians Leben auf Erden war. Das heißt, die Hölle, die Feuer der Unterwelt warten auf ihn. Er hat es verdient und er wird diesen letzten Schritt gehen, redet er sich ein. Welchen Sinn hat es noch auf Erden zu wandeln, wenn einem alles genommen wurde und nur noch die unendliche Einsamkeit auf ihn wartet. Wenn es keine Hoffnung mehr gibt und nur noch die Verzweiflung sein Dasein bestimmt, dann ist es Zeit, diese Welt endlich zu verlassen. Rachel wird niemals erfahren, was er ist, denn sie würde ihn verachten. Er hat es nicht verdient, dass sie ihn liebt, denn er spielt ihr etwas vor. Er gibt vor jemand zu sein, der er nicht ist. Er ist ein Vampir und welche sterbliche Frau kann schon ein blutrünstiges Monster lieben? Nein, sein Entschluss steht fest. Es ist alles geplant, er ist vorbereitet und er wird die Erinnerung an Rachel mit sich nehmen. Er schließt sie erneut in seine Arme, atmet tief den Duft ihres Haares ein. „Es tut mir leid, Rachel“, wispert er kaum hörbar und schließt die Augen. Noch einmal wird er diese kostbare Zweisamkeit mit ihr genießen, so lange, bis es an der Zeit ist, sich zu verabschieden. Er wird mit ihr zusammen nach London gehen und das Verschwinden des Professors klären. Erst dann wird er Rachel verlassen. Früh genug um ihr keine weiteren Versprechungen zu machen, rechtzeitig genug, um ihr keine Hoffnung auf ein Leben zu zweit zu machen, aber viel zu spät um sein Herz zu retten, das von nun an, bis in alle Ewigkeit ihr gehört.
Kapitel V
Es ist später Nachmittag, als Rachel und Damian im Londoner Stadtteil Mayfair ankommen. Eine Haushälterin öffnet ihnen die Tür und begrüßt sie herzlich. Sie muss die sechzig bereits überschritten haben, ist von eher kleiner Statur, hat graues nach hinten hochgestecktes Haar, rosige Wangen und sympathische blaugraue Augen. Sie trägt eine Brille auf ihrer Nase und eine Schürze, an der sie sich schnell die Hände abtrocknet.
„Wie geht es Ihnen, Mrs. Handerson?“, begrüßt Damian die alte Dame.
„Ich habe noch nicht mit Ihnen gerechnet, Sir. Ihr Besuch kommt etwas plötzlich. Aber danke der Nachfrage, es geht mir soweit gut.“ Sie schenkt Damian ein offenes Lächeln bevor sie sich an Rachel wendet.
„Sie müssen Miss Fletcher sein. Herzlich willkommen. Waren sie schon einmal in London?“ Mrs. Handerson verwickelt Rachel sofort in ein Gespräch und plaudernd betreten sie die Eingangshalle. Rachel ist beeindruckt von dem was sie sieht. Viel dunkles Holz, Gemälde und antike Möbelstücke, teure Teppiche, schwere Vorhänge und feinste Kristallleuchter vermitteln ihr den Eindruck, sich in einer anderen Epoche, in einem längst vergangenen Zeitalter zu befinden. Inzwischen versetzt es Rachel kaum noch in Erstaunen, dass Damian offensichtlich sehr wohlhabend ist. Immerhin sind sie auch heute wieder mit einem Privatjet geflogen. Rachel dachte gestern noch, Damian hätte keine Plätze
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