Damian
St. Paul Cathedral“, verspricht ihr Damian und schenkt ihr einen flüchtigen Kuss.
„Ich habe noch nie eine solch faszinierende Stadt gesehen. Alles ist so …“ Rachel sucht nach den richtigen Worten, „…so eng und doch so mächtig. Die Menschen hetzen durch die Straßen und doch scheint an manchen Orten die Zeit stehen zu bleiben, die Stadt ist so laut und wirkt doch auch so verträumt.“ Damian kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„Dann haben wir also morgen ein Date?“
„Ja. Gerne!“, ruft Rachel freudig aus. Während Rachel nach oben geht, um sich vor dem Essen noch ein wenig frisch zu machen, geht Damian in sein Arbeitszimmer. Es macht ihn glücklich ihr all das zeigen zu dürfen. Wie gerne würde er ein wenig länger hier bleiben und noch mehr von der Stadt mit ihr gemeinsam erkunden. Er würde sie vielleicht auf ein romantisches Picknick im Kensington Park einladen oder mit ihr in Notting Hill einen Markt besuchen. Er würde ihr die Welt zu Füßen legen, ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Er würde alles für sie tun, wenn sie bei ihm bliebe und ihn so nimmt wie er ist. Aber welcher normale Mensch lässt sich schon mit einem bluttrinkenden Monster ein? Seine Zeit mit Rachel ist begrenzt und das wird ihm in diesem Moment mehr als schmerzlich bewusst. Sie wird gleich mit ihm zu Abend essen, wird wieder sehen, dass er nichts zu sich nimmt. Er könnte auf den richtigen Augenblick warten oder auf die eine richtige Frage von ihr und dann?
Er könnte sagen: Ja, ich esse keine gegarten Speisen, weil ich sie nicht mehr vertrage, denn ich bin ein Vampir und ernähre mich von Blut. Oder wie wäre es hier mit: ach, Rachel, was ich Dir vergaß zu sagen: ich bin unsterblich und trinke das Blut von Menschen, um weiter existieren zu können. Oder er erwähnt ganz beiläufig: Liebling, bitte wundere Dich nicht, wenn meine Augen blutunterlaufen sind und meine Eckzähne wie die Fänge eines Raubtieres aussehen. Ich bin ein Monster und meine Gedanken kreisen augenblicklich darum, wie wohl Dein Blut schmeckt.
Damian schlägt mit der Faust auf den massiven Schreibtisch und das schwere Holz ächzt unter der Wucht des Hiebes. Er lässt sich in den Ledersessel hinter seinem Schreibtisch fallen und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen. Was geschieht nur mit ihm? Warum fällt es ihm so schwer offen und ehrlich mit Rachel zu sprechen? Vielleicht reagiert sie ja ganz anders, als er vermutet. Vielleicht läuft sie ja nicht schreiend vor ihm davon, vielleicht gibt sie ihm eine Chance.
„Damian?“ Er war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er sie nicht hat kommen hören. Er blickt auf und sieht sie dort in der Tür stehen, wie ein Engel mit ihren dunkelblonden Haaren, die ihr hübsches Gesicht umrahmen. Aber ihre Augen sehen ihn fragend an, so als wolle sie ihn auffordern endlich mit ihr zu reden. Vielleicht sagt dieser Blick: teile endlich Dein Leid mit mir. Er räuspert sich, schluckt den Klumpen, der in seinem Hals steckt, herunter und erhebt sich hinter seinem Schreibtisch.
„Rachel, ich…“, weiter kommt er nicht, denn ein unsagbarer Schmerz durchfährt plötzlich seinen Körper. Ein höllisches Krampfen breitet sich von seinem Magen aus bis in die kleinste Gliedmaße. Es fühlt sich an, als würde er innerlich verbrennen. Er krümmt sich und stöhnt gequält auf. Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn und obwohl ihm heiß ist, beginnt sein Körper zu zittern. Seine Zähne schlagen aufeinander und er kann sich kaum noch vor Schmerzen auf den Beinen halten.
„Oh, mein Gott, Damian!“ Rachel rennt zu ihm, fängt ihn auf, kurz bevor er vollends zusammenbricht. Sie stützt ihn und gemeinsam schleppen sie sich zum Sofa, auf das er sich sofort fallen lässt. Er schlingt seine Arme um seinen Leib und bleibt in gekrümmter Haltung schwer atmend liegen.
„Mrs. Handerson, schnell, einen Arzt! Mrs. Handerson!“, ruft Rachel laut, ohne von Damians Seite zu weichen. Sie kniet vor dem Sofa und streicht über sein verschwitztes Haar und seine heiße Stirn. Dann endlich hört sie Schritte.
„Ach herrje! Du meine Güte!“, ist alles, was Mrs. Handerson zustande bringt. Mit weit aufgerissenen Augen schaut sie auf Damian. „So schlimm, also“, flüstert sie besorgt, dreht sich um und eilt davon. Rachel ist zunächst etwas verwirrt über das Verhalten der Haushälterin, aber ihre ganze Sorge und Aufmerksamkeit gilt jetzt Damian, der versucht ihr etwas zu sagen. Sie beugt sich zu ihm herab, um
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