Damian
nachdenklich die Augenbrauen zusammen. Was bezweckt Rachel mit dieser Frage?
„Hast Du mich auch benutzt und manipuliert?“ Rachels Stimme klingt erstickt und sie hat Angst vor der Antwort.
„Nein, niemals“, antwortet Damian ernst.
„Und das soll ich Dir glauben? Du hast mich doch von Anfang an belogen, mir Märchen aufgetischt, meine Naivität ausgenutzt.“
Damian steht auf und kommt mit wenigen schnellen Schritten zu ihr. Er dreht ihren Stuhl zu sich und beugt sich zu ihr herab. Dabei legt er seine Hände auf die Stuhllehnen, so dass Rachel praktisch gefangen ist. Seine Augen funkeln sie drohend an.
„Ich lebe mit dem, was ich getan habe seit dreitausend Jahren und ja, es waren unvorstellbar grausame Taten, die ich begangen habe. Ich habe kein Gewissen mehr, ich habe jegliche Reue im Laufe der Jahrhunderte verloren, Rachel. Die Schuld, die ich mit mir herumtrage ist so groß, dass ich unter ihrer Last zusammenbrechen müsste, aber ich tue es nicht, denn ich bin ein verdammter Vampir und wir können nicht sterben, so sehr ich es mir auch schon gewünscht habe.“ Er macht eine winzige Pause, schaut ihr tief in die Augen.
„Ja, ich habe Dich angelogen, Dich über mich im Unklaren gehalten. Ich wusste nicht, wie ich es Dir sagen sollte, denn ich liebe Dich und ich wollte Dich nicht verlieren. Ich habe Dich niemals manipuliert oder Dich etwas tun lassen, was Du nicht selbst tun wolltest. Ich kann nämlich nicht in Deine Gedanken eindringen. Und das ist höchst seltsam und für mich auch zutiefst beunruhigend. In unseren Legenden heißt es nämlich, dass wenn ein Vampir Mann nicht die Gedanken einer Frau lesen kann, dann ist das ein Zeichen dafür, dass sie vom Schicksal füreinander bestimmt sind. Und das, Rachel, macht mir Angst, denn so etwas habe ich noch nie erlebt. Ich würde alles dafür geben, Dich glücklich zu machen. Ich würde mein Leben geben, nur für eine weitere Nacht mit Dir. Ich brauche Dich so sehr wie die Blume den Regen oder die Nacht den wiedererwachenden Tag. Aber ich habe keine Ahnung, ob Du genauso für mich empfinden kannst, jetzt wo du weißt, was ich bin und das macht mich wahnsinnig.“
Rachel hat den Atem angehalten und ihr Herz überschlägt sich fast in ihrer Brust. Damian ist ihr so nah, dass sie seinen Atem sanft auf ihrer Haut spürt. Sie entlässt langsam die angehaltene Luft und versucht ihr rasendes Herz wieder zu beruhigen. Aber wie soll ihr das gelingen, wenn sein Geständnis ihr Herz zum Rasen bringt. Er liebt sie! Er hat es eben gesagt. Er liebt sie!
Damian fühlt wie ihr Blut mit einem Wahnsinnstempo von ihrem viel zu schnell schlagenden Herz durch ihre Adern gepumpt wird. Und er spürt ihr Blut in seinen Venen. Es war nur wenig Blut, dass er von ihr getrunken hat, aber der Effekt ist überwältigend. Er spürt sie überall in seinem Körper und es ist so ein verdammt gutes Gefühl, so vertraut und so beruhigend. Am liebsten würde er sie in die Arme nehmen und schwindelig küssen, aber er hält sich zurück, gibt sie frei und richtet sich auf.
„Ich werde jetzt zum Museum fahren. Wenn Du mitkommen möchtest, dann treffen wir uns in zehn Minuten in der Halle.“ Damit wendet er sich ab und verlässt das Esszimmer.
Damian hinterlässt eine vollkommen aufgewühlte Rachel. Ihr ganzer Körper ist wie elektrisiert. Ihm so nah zu sein, hat etwas Unerklärliches in ihr ausgelöst. Sie hat ihr Blut in ihren Ohren viel zu laut rauschen gehört und hat zudem so etwas wie ein Echo wahrgenommen, so als würde ihr Blut, das jetzt durch seine Adern fließt, nach ihr rufen. Das ist verrückt! Und dann fühlte sie sich auch noch so verdammt stark von ihm angezogen, er ist wie ein Magnet für sie. Alles logische Denken war verschwunden und sie war versucht sich ihm um den Hals zu werfen und ihn anzuflehen sie zu nehmen, ihren Körper und ihr Blut. Sie muss total übergeschnappt sein. Das ist alles nicht mehr gesund. Aber über all diesen Empfindungen und Eindrücken steht die Erkenntnis, dass er zugegeben hat sie zu lieben. Und allein diese Tatsache bringt sie dazu aufzuspringen und in ihr Zimmer zu laufen um sich fertig zu machen.
Seit mehr als einer Stunde arbeiten sie jetzt mehr oder weniger schweigend nebeneinander. Konzentriert schauen sie sich noch einmal alle Schriften an und suchen nach den Schriftzeichen, die Damian aufgemalt hat. Kein Wunder, dass er sie so perfekt lesen und zeichnen kann, denkt Rachel. Er ist damit aufgewachsen. Immer wieder schaut Rachel
Weitere Kostenlose Bücher