Damian
negativ. Schnell!“, bellt Dr. Armenti und führt nun eine Zange in Rachels Bauchwunde. „Ich muss die Kugel da rausholen. Verdammt, VERDAMMT.“ Blut spritzt dem Doktor entgegen. Man muss kein Arzt sein um zu erkennen, dass die Hauptschlagader von einer Kugel getroffen wurde. Wie in Zeitlupe beobachtet Damian wie Dr. Armenti und Sam versuchen Rachel zu retten. Medizinische Instrumente werden gegriffen, Infusionen gelegt, Samantha beatmet Rachel, in dem sie ihr eine Maske über den Mund und die Nase hält und mit einem Ballon Luft in Rachels Lungen pumpt. Luca bringt die Blutkonserven. Fieberhaft versuchen sie das Blut in Rachels Körper zu halten und fügen ihr frisches Blut durch einen Venenzugang zu. Das Bett sieht aus wie ein Schlachtfeld. Überall Blut. So viel Blut. Dr. Armenti und Sam werfen sich immer wieder besorgte Blicke zu.
„Hier, Sam, drück das auf die Wunde in ihrer Brust“, befiehlt Marco, aber innerhalb von Sekunden füllt sich das sterile Tuch rot.
„Oh, Gott, Marc, was sollen wir tun?“ Verzweiflung schwingt in Sams Stimme und Dr. Armenti hält für einen kurzen Augenblick inne. Es ist zu spät. Die Gewissheit, dass Rachel sterben wird, hängt unheilvoll über ihnen allen. Inzwischen stehen auch Alexander, Rhys und Seb im Zimmer, halten sich aber im Hintergrund. Ihre Gesichter sind geprägt von Fassungslosigkeit, Trauer, Wut und Ratlosigkeit. Schließlich legt Dr. Armani seine Handschuhe ab und schüttelt resigniert den Kopf. Langsam dreht er sich zu Damian herum, der nun am Fußende des Bettes steht und auf die blasse Rachel hinabblickt.
„Es tut mir leid“, flüstert Marco. „Sie hat bereits zu viel Blut verloren.“ Noch ist ein Sinusrhythmus auf den Apparaten zu erkennen, noch lebt sie.
Samantha geht auf ihn zu und legt mitfühlend eine Hand auf seinen Unterarm.
„Es gibt nur noch eine Möglichkeit“, flüstert sie ihm unter Tränen zu.
„Nein. Nein, das kann ich ihr nicht antun!“, bringt Damian stockend zustande, denn seine Kehle ist plötzlich wie zugeschnürt.
„Du verdammter Narr! Sie stirbt, verflucht noch mal. Hol sie endlich auf die dunkle Seite!“, schreit Alex ihn wutentbrannt an. Damian schüttelt den Kopf, unfähig etwas zu sagen.
„Dann tue ich es!“, wirft sich Luca dazwischen, erntet aber sogleich ein drohendes Knurren von Damian. Verständnislos starren die Vampire Damian an. Er spürt ihre Blicke, wie sie auf ihm ruhen, ihn regelrecht martern.
„Mami, sie schwindet. So schnell.“ Niemand hat bemerkt, dass Emily sich in das Zimmer geschlichen hat und die Hand der sterbenden Rachel hält. Erstaunt blicken alle auf das Kind.
„Ja, Emily. Sie wird uns verlassen“, erklärt Sam ihrer Tochter mit erstickter Stimme. Alle Augen sind nun auf Damian gerichtet. Ein Kampf tobt in seinem Innern. Er will Rachel nicht zu dem machen, was er ist. Er will sie nicht in diese ewige Verdammnis führen. Wie oft hat er sich gewünscht gestorben zu sein unter der Folter von Leylha, und nicht dieses verfluchte Leben leben zu müssen? Aber kann er es? Kann er zusehen, wie Rachel vor seinen Augen stirbt? Wie sie ihren letzten Atemzug macht und hinweg gleitet in die Welt, die nach dem Tod folgt?
„Komm, wir wollen Damian mit ihr allein lassen“, unterbricht Samantha die Stille und nimmt die Hand ihrer kleinen Tochter. Noch einmal wirft sie einen letzten Blick in Damians Richtung, der ihm deutlich macht, dass sie es für falsch hält, dass er Rachel nicht zu einem Vampir machen will. Luca tritt an ihn heran, legt mitfühlend eine Hand auf Damians Schulter.
„Du hast nicht mehr viel Zeit. Tu es, Damian! Rette sie!“ Dann wendet sich Luca ab und folgt Samantha. Alle anderen Anwesenden schließen sich mit hängenden Köpfen schweigend an und verlassen ebenfalls das Zimmer. Leise wird die Tür geschlossen. Damian ist nun allein mit Rachel. Sie sieht so friedlich aus. Immer noch hebt und senkt sich minimal ihr Brustkorb und immer noch ist dort ein Rhythmus auf dem Bildschirm zu sehen, aber der Ausschlag wird immer kleiner.
„Was soll ich tun? Ihr Götter sagt mir, was ich tun soll!“, fleht Damian mit erstickter Stimme. Aber die Entscheidung liegt bei ihm, bei ihm ganz allein. Mit steifen Schritten geht er zu ihr, streicht mit seinen blutigen Fingern zärtlich über ihre Wange. „Ich kann Dich nicht verlieren Rachel. Ich kann nicht!“, flüstert er. Damian schließt die Augen und atmet tief ein. Der Geruch des vielen Blutes, Rachels Blutes, weckt den Vampir in ihm.
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