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Damian

Damian

Titel: Damian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Caspary
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beiläufig wie möglich zu klingen:
    „Ja, hat sich so ergeben.“ Rubins zieht die Augenbrauen zusammen und Rachel hat irgendwie das Gefühl, als würde diese Tatsache dem Professor nicht behagen.
    „Hat er…ich meine, seid Ihr…also ist er…“, druckst Rubins herum, „seid ihr euch näher gekommen, gestern Nacht?“, platzt es schließlich aus ihm heraus. Rachel legt den Kopf schief und versucht diese Frage zu ergründen. Warum will der Professor das wissen? Und was ginge es ihn an, wenn sie sich tatsächlich gestern näher gekommen wären? Während sie in dem Gesicht ihres Freundes nach einer Antwort sucht, entgeht ihr nicht, dass die Augen des Professors von ihrem Gesicht hinab über ihren Hals wandern…, so als suchten sie dort etwas.
    „Nein. Aber ich glaube auch nicht, dass Sie das etwas angeht“, antwortet Rachel ruhig aber bestimmt. Der Professor sieht verlegen auf seine Hände.
    „Es tut mir leid.“ Und nach einer Weile ergänzt er:
    „Aber du solltest wissen, dass Cunningham vielleicht nicht der Mann ist, der er vorgibt zu sein.“ Jetzt blickt Rubins auf und sieht sie ernst an.
    „Was meinen Sie damit?“, flüstert Rachel und sie beschleicht ein ungutes Gefühl.
    „Nun“, Rubins macht eine kleine Pause, „Du weißt, dass ich mich nebenbei auch mit Ahnenforschung und den Stammbäumen von Familien befasse?!“ Rachel nickt und schaut den Professor neugierig an. „Der Name Cunningham ist relativ weit verbreitet“, beginnt er mit gelangweilter Miene. „Der Ursprung ist im Schottischen zu finden. Dann habe ich mich genauer mit der Familie unseres Gastgebers befasst und da sind mir einige Dinge aufgefallen.“ Rachel rückt den Stuhl, auf dem sie sitzt, näher an den Professor heran. „Die Eltern von Damian Cunningham sind bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen. Damian war auch in dem Auto und hat als Einziger überlebt. Da er das einzige Kind von Eleonore und Richard Cunningham war, nahm der Großvater väterlicherseits ihn dann zu sich auf.“ Rubins macht eine Pause und schaut hinunter auf das Niltal, während Rachel ihre Neugier kaum noch unter Kontrolle hat:
    „Und? Daran ist doch nichts außergewöhnlich, oder? Ich meine, natürlich ist es eine Familientragödie…“
    „Aber“, fährt Rubins fort, in dem er sich Rachel wieder zuwendet und seinen Zeigefinger erhebt, um dem Folgenden mehr Gewicht zu verleihen, „unser Gastgeber hat niemals eine öffentliche Schule oder Universität besucht. Sein Leben als Junge und Jugendlicher ist gepflastert von ständigen Umzügen und Ausnahmegenehmigungen. Er muss sehr einsam gewesen sein, denn außer seinem Großvater, hatte er offenbar zu niemandem Kontakt. Niemand kann sich an ihn erinnern, die einzige Bezugsperson war sein Großvater und eine Hausdame, deren Name Henrietta war. Damian Cunningham hatte keine Freunde, er wurde nie zu irgendwelchen Kindergeburtstagen eingeladen und er besuchte nie einen Sportverein oder eine Kinovorstellung, geschweige denn waren da irgendwelche Mädchen, Dates … Du verstehst?! Er hat zu Hause, von seinem Großvater Privatunterricht bekommen und verweilte fast ausschließlich im Anwesen der Cunninghams in Kanada. Und noch etwas ist seltsam: er hat nie als ordentlich Studierender eine Universität besucht, obwohl er Abschlüsse in Altertumsgeschichte, Kunstgeschichte und Literatur hat. Sein Großvater ist niemals auch nur auf einem Amt oder zu Veranstaltungen und Ehrungen persönlich erschienen und seit Jahren  hat niemand den alten Herrn in seinem Anwesen in Kanada leibhaftig zu Gesicht bekommen. Es scheint fast so, als hätte es einen jungen oder jugendlichen Cunningham nie gegeben, weil niemand sich daran erinnern kann, ihn jemals gesehen zu haben. Und einen alten Cunningham gibt es auch nicht, jedenfalls hat nie jemand einen alten Mann gesehen. Es existiert nur ein Cunningham im Alter unseres Gastgebers. Ist das nicht seltsam?“, beschließt Rubins seine Ausführungen und sieht sie mit weit aufgerissenen Augen an. Nun, das hört sich alles schon seltsam und ungewöhnlich an, aber Rachel findet, nichts von dem, was ihr der Professor soeben offenbart hat, rechtfertigt den Argwohn, mit dem Rubins Damian Cunningham begegnet. Entweder der Professor hat sich in einer fixen Idee verrannt oder aber da ist noch mehr.
    „Was ist mit dieser Hausdame,  Henrietta?“, fragt Rachel schließlich. Der Professor beugt sich zu ihr hinüber:
    „Henrietta Weiss. Ich habe ihr Grab besucht.“
    „Und?“

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