Damian
nimmt seine Sonnenbrille und setzt ein Cap auf. Obwohl er sich nicht mehr intensiv vor der Sonne schützen muss, ist es ratsam seine Haut zu bedecken. Er zerfällt entgegen langläufiger Meinung nicht sofort zu Staub, wenn er der Sonne ausgesetzt ist, aber seine Haut verbrennt sehr viel schneller als bei einem Sterblichen und es ist wahrlich kein schöner Anblick, wenn sich in kurzer Zeit die Haut rötet und sich heftige Brandblasen bilden, die eitrig aufplatzen und das rohe Fleisch freigeben. Ein Glück gibt es seit Jahren bereits Kleidung, die ihn vor den schädlichen Strahlen schützt. Ein Lob auf die Forschung. Während er Portemonnaie und Handy in seinen Jeans verstaut, denkt er noch einmal über den Professor nach. Er hat es gewusst, gleich am ersten Abend, als er den Professor begrüßte: mit dem Alten stimmt etwas nicht, dieser Mann ist nicht nur wegen der Ausstellungsstücke hier. Und als Damian versuchte beim Abendessen in die Gedanken des Professors einzudringen und ihn eine Flut von albernen Kinderreimen empfing, da war ihm klar, dass Rubins offensichtlich genau weiß, wen er in Damian vor sich hat. Seitdem hat Damian natürlich immer wieder versucht, die Gedanken des Professors zu lesen, aber Rubins konzentrierte sich überwiegend auf seine Arbeit, die Artefakte und ihre Herkunft. Welche Ironie, dass er das, was er über den Professor erfahren wollte, nicht durch das Eindringen in dessen Gedanken erfuhr, sondern durch das unvorsichtige Geplapper des alten Mannes. Wie überheblich die Sterblichen manchmal sein können. Nun aber, da er sich sicher ist, dass von Rubins Gefahr ausgehen könnte, muss er jeden Schritt genau planen und darf nicht einen Augenblick unvorsichtig sein. Er MUSS wissen, warum Rubins hier ist und vor allem, ob er allein handelt, oder ob er Komplizen hat. Offensichtlich hat sich der Alte sehr viel Mühe gegeben und einen nicht unerheblichen Aufwand betrieben, um in Damians Leben herumzuschnüffeln. Natürlich wirft Damians Lebenslauf Fragen auf, das hat der Professor richtig erkannt. Sein ganzes Leben besteht aus einem riesigen Lügengebäude und er weiß, irgendwann wird es über ihm zusammenbrechen und ihn unter sich begraben. Aber so etwas hat er schon mehr als einmal erlebt. Er ist aus den Trümmern wieder auferstanden und hat von neuem begonnen sich eine Identität aufzubauen. Damian fragt sich, wie viele Fragen Rachel wohl durch den Kopf gehen. Ist sie misstrauisch geworden, jetzt, wo der Professor sie in Dinge eingeweiht hat, die sie eigentlich nicht wissen sollte? Rachel kann ihrem alten Freund glücklicherweise nicht immer folgen, bei dessen Schlussfolgerungen. Aber für Damian ist klar: der Professor ist kein Laie, was die Erforschung des Übernatürlichen betrifft. Und was Rachel betrifft, nun, er wird schon herausfinden, wie sie über ihn denkt.
Natürlich hat sich Damian ebenfalls vorab über seinen Gast informiert. Rubins ist ein studierter Mann, dessen Meinung die wissenschaftliche Welt sehr schätzt. Sein Lebenslauf ist unspektakulär und birgt in keinster Weise Anzeichen dafür, dass er sich dem Okkulten und Übernatürlichen widmet, oder sich damit befasst. Nur durch puren Zufall ist Damian jedoch einige Tage bevor Rubins sein Haus betrat etwas aufgefallen. Aus Langeweile stöberte er wieder einmal im Internet in den Jahrbüchern der Universität von Oxford, denn er wusste, dass Tadeus Rubins für einige Auslandssemester in England studiert hat. In dem gleichen Jahrgang studierte auch eine junge Frau namens Valentina Del‘ Armand. Und als Damian weiter recherchierte, fand er heraus, dass Rubins und Valentina mehr als nur das Interesse an Altertumsgeschichte und Archäologie verband. Die beiden waren ein Paar und obwohl Damian nächtelang versuchte mehr über die beiden und vor allem Valentina herauszufinden, waren keine Informationen aus dem Netz über die junge Frau zu erhalten. Aber etwas anderes fiel auf: der Professor bekam eine der sehr seltenen Ausnahmegenehmigungen und durfte für seine Doktorarbeit als studentischer Wissenschaftler in die Geheimarchive des Vatikan. Damian weiß noch genau, wie er sich in seinen Sessel zurücklehnte und sich die Erkenntnisse über den Professor noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Tadeus Rubins kannte Valentina Del‘ Armand und bekam Zugang zu den am besten bewachten Archiven der Welt. Das kann kein Zufall sein! Mit wem mag er dort wohl zusammengetroffen sein? Wer hat ihn bei seinen Arbeiten wohl unterstützt? Hat er
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