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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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ihren Feuern und spähten mit gereckten Hälsen zur Oststraße. Manche standen auch und wiesen mit ausgestrecktem Arm auf den Reiter, der sich im verblassenden Licht des frühen Abends näherte.
    Auch Ogier blieb unbeweglich stehen und blickte dem Reiter entgegen, der auf einem Gaul aus weißen Gebeinen saß.
    Der Reiter selbst war schwarz bis auf das knochenbleiche Gesicht, und er gab sich in der Gestalt eines Mannes. Zwei Augen wie Löcher von Speeren gerissen, so schwarz und schartig, blickten auf das Heer blau gekleideter Soldaten.
    Ogier gefror das Blut in den Adern, so überzeugt war er plötzlich, daß diese Augen ihn anstarrten.
    Das Schlimmste aber war, daß die Erscheinung in Flammen stand – brannte wie eine Pechfackel, wie eine Strohpuppe, die eine Hexe angezündet hat, um einen bösen Zauber zu verhängen. Ihr trübes orange-rotes Licht beleuchtete die Bäume von unten und schien durch die öden Augenhöhlen im Schädel des Pferdes. Sie kamen unaufhaltsam näher.
    »Erschießen wir es, Befehlshaber«, drängte Martin, sein Adjutant. »Ehe es uns Schaden antut. Seht, es raubt allein durch seine Anwesenheit den Männern den Mut.«
    Die Zähne des Mannes schlugen aufeinander, während er sprach. Diese Beobachtung löste Ogiers Lähmung.
    »Noch nicht, Martin«, entgegnete er. »Es ist abscheulich anzusehen, gewiß, aber bis jetzt hat es uns nichts angetan. Und was ist, wenn unsere Waffen ihm nichts anhaben können? Dann werden wir unsere Voreiligkeit bereuen. Wartet«, schloß er und fügte hinzu, »und betet zum Erzengel Michael, dessen Aufgabe es ist, die Heerscharen Satans zu zügeln.«
    Damit trat Ogier der Erscheinung in den Weg.
    In stillschweigendem Übereinkommen wichen die Männer vor dieser Begegnung zurück. Die flammende Gestalt hielt vor Ogier an; der unheimliche Gaul warf den Kopf nach rechts und nach links.
    Aus der Nähe betrachtet war die Wirkung der Erscheinung nicht weniger schrecklich.
    »Wenigstens stinkt es nicht nach verkohltem Fleisch«, sagte Ogier laut, nur um etwas zu sagen.
    Das tote Gesicht blickte zu ihm hinunter.
    »Hammel rieche ich«, versetzte die Erscheinung in unerwartet mildem Ton. Ihr Französisch hatte einen starken italienischen Akzent, was Ogier, der immer schon geargwöhnt hatte, daß der Teufel Italiener war, sehr befriedigte.
    Die Erscheinung glitt vom klapprigen Skelett ihres Gauls, und einen Moment lang glaubte Ogier einen ganz gewöhnlichen jungen Burschen zu sehen – wenn auch ziemlich klein –, der neben einem ganz gewöhnlichen Pferd stand. Doch der Moment war so flüchtig wie ein Blinzeln, und Ogier konnte nicht sicher sein, ob seine Augen ihn nicht getrogen hatten.
    »Ihr seid der Befehlshaber dieser Männer?« fragte die Erscheinung unbefangen.
    »Ogier von Savoyen«, stellte er sich unwillkürlich vor und machte dazu einen höfischen Kratzfuß.
    Irgendwo in der Menge der Soldaten stieß ein Mann einen Ruf aus und klatschte in die Hände. Ogier lächelte verkrampft und dachte bei sich, daß dieser Austausch seinem Ruf nicht schaden konnte, vorausgesetzt, er überlebte ihn.
    Als die Erscheinung den Kratzfuß erwiderte, zischten und knisterten die Flammen wie bei einer durch die Luft fliegenden Fackel.
    »Seid mir gegrüßt, Marquis. Das Haus Savoyen ist mir wohlbekannt.«
    Ogier zog eine Augenbraue hoch und neigte den Kopf zur Seite. Er war kein Marquis, aber es schien nicht nötig, die feurige Erscheinung darüber zu belehren.
    »So? Ich hätte nicht gedacht, daß meine Familie ein so schlimmes Leben geführt hat. Aber wie dem auch sei, Herr Dämon, ich stehe hier zu Euren Diensten. Was hat Euch so weit zu reisen veranlaßt?«
    Die flammende Gestalt seufzte und klopfte dem Totengaul den knochigen Hals.
    »Ich würde Euch gern unter vier Augen sprechen, Marquis. Es ist zu unserer beider Nutzen.«
    Ogier zog die Augenbrauen zweifelnd in die Höhe.
    »Unter vier Augen können wir uns hier im Lager nur in meinem Zelt unterhalten«, erwiderte er. »Und ich fürchte ernstlich, Ihr werdet es niederbrennen.«
    Der bleiche Schädel fuhr herum.
    »Niederbrennen? Marquis, ich verspreche Euch auf Ehre, daß ich Euer Zelt nicht niederbrennen werde. Warum glaubt Ihr überhaupt – Sehe ich in Euren Augen rotglühend aus oder so etwas?«
    Ein Lächeln huschte über Ogiers langes Gesicht.
    »So etwas Ähnliches«, sagte er und führte die Erscheinung durch die Totenstille des Lagers zu seinem Zelt, das schwankend und flatternd im Wind stand.
    »Laßt das Pferd wo es

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