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Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Titel: Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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aus.
    Alles in Ordnung?, fragte ich.
    Er wedelte mit den Händen.
    »Will es mal so sagen. Gestern ging’s mir besser, abe…he…rrr mo-horgen wird’s no-hoch schlechter sein …«
    Sie mit Ihrem Gesang!, sagte ich.
    »Ah«, erwiderte er lachend. »Ich singe, Sie stimmen ein, nicht wahr …«
    Ich setzte mich.
    Auf seinem Schreibtisch lag eine aufgeschlagene Zeitung. Der Rebbe versuchte sich auf dem Laufenden zu halten. Als ich ihn fragte, wie lange der Irakkrieg seiner Einschätzung nach dauern würde, zuckte er die Achseln.
    Sie haben viele Kriege miterlebt, sagte ich.
    »Ja.«
    Erscheinen sie einem irgendwann sinnvoller?
    »Nein.«
    Wir waren uns einig, dass wir diesen Krieg besonders bedrohlich fanden. Selbstmordattentate. Versteckte Bomben. Das ist nicht wie früher, sagte ich, als sich Panzer bekämpften.
    »Aber, Mitch, sogar in diesen Zeiten des Grauens gibt es kleine Akte der Menschlichkeit«, bemerkte der Rebbe. »Vor einigen Jahren, als ich meine Tochter in Israel besuchte, habe ich etwas erlebt, das ich bis heute nicht vergessen habe.
    Ich saß auf einem Balkon und hörte plötzlich einen Knall. Als ich mich umdrehte, sah ich in einer Einkaufsgegend Rauch aufsteigen. Es war eine dieser … na, wie heißt das gleich wieder …«
    Autobomben?
    »Ja, genau«, sagte er. »Ich lief so rasch wie möglich dorthin, und als ich ankam, hielt ein Auto vor mir. Ein junger Bursche mit einer gelben Weste sprang heraus, und ich folgte ihm.
    Wir kamen zu dem explodierten Auto. Offenbar hatte eine Frau dort gerade Wäsche aufgehängt, und sie war bei der Explosion getötet worden.
    Und da, auf der Straße …« Er schluckte. »Da … gingen Leute herum und lasen die Körperteile auf. Sorgfältig. Sammelten alles auf. Eine Hand. Einen Finger.«
    Er blickte unter sich.
    »Sie trugen Handschuhe, und sie waren sehr achtsam, übersahen nichts. Hier ein Stück vom Bein, dort Haut, sogar das Blut. Wissen Sie, warum? Sie hielten sich an die religiösen Regeln, denen zufolge alle Teile des Körpers zusammen bestattet werden müssen. Diese Leute stellten das Leben über den Tod, sogar angesichts … dieses Grauens …, denn Gott schenkt uns das Leben, und wie kann man dann ein Stück von Gottes Geschenken auf der Straße liegen lassen?«
    Ich hatte von dieser Organisation namens ZAKA gehört: Es handelt sich um Freiwillige, die gelbe Westen tragen und dafür sorgen, dass die Toten richtig bestattet werden können. Sie sind nicht selten schneller vor Ort als die Sanitäter.
    »Als ich das sah, habe ich geweint«, sagte der Rebbe. »Einfach nur geweint. Diese Güte. Dieser Glaube. Dass wir die Teile unserer Toten einsammeln. So sind wir. So ist unser wunderbarer Glaube.«
    Wir schwiegen eine Weile.
    Warum töten Menschen einander?, fragte ich dann.
    Der Rebbe legte beide Zeigefinger an die Lippen. Dann rollte er mit seinem Stuhl zu einem Stapel Bücher.
    »Ich will hier mal was suchen …«
    Albert Lewis kam während des Ersten Weltkriegs zur Welt und besuchte während des Zweiten Weltkriegs das Rabbinerseminar. In seiner Gemeinde gab es viele Kriegsveteranen und Überlebende des Holocaust, von denen einige noch tätowierte Nummern am Handgelenk hatten.
    Später zogen junge Mitglieder seiner Gemeinde in den Koreakrieg und den Vietnamkrieg. Sein Schwiegersohn und seine Enkel dienten in der israelischen Armee. Der Rebbe hatte also immer wieder mit dem Krieg und seinen Folgen zu tun.
    Bei einer Israelreise nach dem Sechstagekrieg fuhr er mit einer Gruppe in eine Gegend im Norden und streifte durch die verlassenen Gebäude. In den Ruinen eines zerstörten Hauses entdeckte er am Boden ein arabisches Schulbuch ohne Einband.
    Er nahm es mit nach Hause.
    Dieses Schulbuch hielt er nun auf dem Schoß. Danach hatte er gesucht. Nach einem annähernd vierzig Jahre alten Schulbuch.
    »Hier.« Er reichte es mir. »Schauen Sie sich das an.«
    Der Rücken war gebrochen, die Seiten waren zum Teil eingerissen. Auf der letzten Seite sah ich eine Zeichnung von einem Schulmädchen, einer Katze und einem Hasen, die mit Buntstift ausgemalt worden waren. Es handelte sich offensichtlich um ein Schulbuch für kleine Kinder, aber da es auf Arabisch war, verstand ich kein Wort.
    Wieso haben Sie das aufbewahrt?, fragte ich den Rebbe.
    »Weil ich in Erinnerung behalten wollte, was dort geschehen ist. Die Häuser waren leer, die Menschen verschwunden.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas retten sollte.«
    Die meisten Religionen warnen vor Kriegen, und doch

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