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Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern

Titel: Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kösel
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zuneigt. Das macht Angst. Was erwartet sie, wenn die Kinder das Haus verlassen? Wer kümmert sich dann um die ersehnten Inputs in ihrem Leben?
    Auch die Männer kommen in diesem Lebensabschnitt nicht umhin, wahrzunehmen, wie das Haus oder die Wohnung leerer wird. Auch sie haben in der Mehrheit die Tendenz, darauf mit Irritation zu reagieren. Auch sie gucken heimlich zu ihrer Frau hin und die Frage huscht ihnen vielleicht durch den Kopf: Wie wird es sein, wenn die Kinder nicht mehr da sind? Soll ich mich darauf freuen, dass meine Frau und ich wieder mehr Zeit miteinander verbringen können, ungestört durch Kinderlärm und Kindersorgen?
    Ein 52-jähriger Mann stellte sehr offen in der Paartherapie fest: »Die absolut schwierigste Zeit war, wie auch das zweite Kind endgültig ausgezogen ist. Ich hab meine Frau so gut gekannt, als die Kinder noch im Haus waren, wie sie gehandelt und reagiert hat, alles vertraut. Fast von einem Tag auf den anderen war das weg. Dann kam die Idee, sie wolle jetzt wieder eine Arbeit suchen, hat eine gefunden, war plötzlich auch weg … Ich hab einfach die Frau, die mir so vertraut war, nicht mehr wiedergefunden. Da saß eine andere am Tisch. Eine Egoistin, wenn Sie so wollen. Ob ich sie so, wie sie jetzt ist, geheiratet hätte? Schwer zu sagen. Auf jeden Fall habe ich mir das mit ihr und mir anders vorgestellt.«

Die verdorrte Pflanze
    Wenn Kinder das Haus verlassen, träumen Eltern oft von einem neuen Paarglück. Damit wird es schwer, wenn das neue Glück kein Vorher erlebt hat. Keiner kann auf einem jahrelangen Zuwenig viel aufbauen.
    Die Paarliebe führt oft ein Schattendasein in der Familie. Die Paarbeziehung ist das Stiefmütterchen im Familiengewächshaus. Die Eltern bemühen sich, den zarten Röschen, die ihre Kinder sind, den besten Dünger zukommen zu lassen. Doch dass ihre eigene Liebesbeziehung auch etwas von diesem guten Dünger abbekommen sollte, geht oft im Familienmanagement mit Klein- und Schulkindern unter. Die Röschen gedeihen ganz gut, der Mutter als Schutz und Schatten spendendem Apfelbaum und dem Vater als prachtvoller Sonnenblume geht es ebenso. Doch wo ist die Paarpflanze geblieben?
    Stellen wir sie uns als Granatapfel vor. Der liegt irgendwo verschrumpelt in der Ecke. Granatäpfel kann man gut aufheben. Ihre köstlichen Samen trocknen zwar mit der Zeit aus, doch ihre Haut fault nicht. Sie wird hart und lederig. Ab und zu muss man sie vom Staub befreien, der sich angesammelt hat. Sie sind, auch auf meinem Fensterbrett, ein Zierobst geworden, das schön anzusehen ist. In vielen Familien liegen solche Granatäpfel herum. Nahrhaft sind sie schon lange nicht mehr, ihre Kerne befruchten auch niemanden mehr.
    Es ist manchmal erschütternd, wie wenig Paar-Eros durch die Familien strömt. Das ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung, die traurig stimmt. Ein erfolgreicher Architekt meinte auf die Frage nach seinem Paarleben: »Wir haben genug damit zu tun, unsere Familie zusammenzuhalten, und jetzt wollen Sie noch hören, dass meine Frau und ich es jede Nacht miteinander treiben...« Ob sie es jede Nacht »miteinander
treiben«, wollte ich nicht wissen, nur warum es sie so viel Kraft zu kosten scheint, die Familie zusammenzuhalten. Es ist keine Seltenheit, dass die Eltern mit Missbilligung oder zumindest Überraschung auf die Frage nach ihrem Paarleben reagieren. So in der Art: Deswegen sind wir doch nicht hier, sondern weil unser Kind Kontaktprobleme hat, lügt, sich ritzt, einnässt, depressiv ist, unter Asthma leidet, Zwänge entwickelt, die Tochter die Mutter schlecht behandelt, der Sohn andauernd in anstrengende und aggressive Opposition zum Vater und allen männlichen Autoritätspersonen gerät, das Kind klaut, die Hausaufgaben nicht erledigt, schulisch so unmotiviert erscheint, die Jugendlichen sich herumtreiben oder Drogen nehmen, zu viel Wochenendsaufen betreiben usw.
    Der Eindruck wäre falsch, dass ich diese Konflikte einer nicht erfüllenden Paarbeziehung zuschreibe. Doch: Eine erfüllende Paarbeziehung schützt die ganze Familie . Und: Sie kann nicht wie eine lange nicht mehr praktizierte Fremdsprache einfach wieder aufgenommen werden, wenn die Umstände es verlangen, sei es wegen des Auszugs der Kinder oder weil die Kinder wissen möchten, was es bedeutet, erwachsen und verliebt zu sein.

»Er war früher ein toller Typ …«
    Die 14-jährige Anna wollte wissen, ob ich an die große Liebe glaube: »Aber ehrlich! Sie müssen jetzt nicht irgendetwas Nettes sagen,

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