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Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern

Titel: Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kösel
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wie einen Mantel aufschlägt. Sie fragt mich auf Englisch, ob ich eine Suppe will. Ich nicke und merke, wie ich einen ganz harten Schwanz kriege. Ich schaue mich um, das Flugzeug ist leer, aber wir fliegen ganz normal. Sie reicht mir in einem kleinen Becher die Suppe, ich will nach ihrer Hand greifen, da schüttet sie mir die heiße Brühe über den Schwanz. Ich schreie auf und schlage zu. Meine Frau rüttelt mich wach und fragt, warum ich so schreie. Ich sage was von schlecht geschlafen und so, sie streichelt mich und sagt: ›Du Armer.‹«
    Auch dieser Traum kehrt den ruhigen und geordneten Alltagserfahrungen den Rücken. Er beginnt mit einer hässlichen und einäugigen Frau, bei deren Anblick ein Mann nur noch eines kann, nämlich einschlafen. Erst die junge Frau kann wieder gut sehen und wahrnehmen, dass neben ihr ein Kerl, ein richtiger Kerl sitzt, der Lust auf sie bekommt. Doch der weitere Traumverlauf meint es nicht gut mit diesem »Kerl«. Es kommt zu einer Selbstbestrafung, verschoben auf die verführerische junge Frau. Auch hier ist eine typische Reaktionsbildung zu beobachten. Nicht einmal der unschuldig Träumende darf sich seinen brennenden Gelüsten hingeben.
Er erfindet die sofortige Bestrafung seiner Lust. Die Frau verbrennt seinen Penis. Und er, nicht mehr übermannt von der Lust, sondern vom Schmerz, schlägt zu. Die Frau wird zur bösen und gemeinen Verführerin, die er sich nur gewaltsam vom Leib halten kann. Dass seine Frau ihn dann nach dem Aufwachen liebevoll und zärtlich in den Arm nimmt, fast als ob er ein Kind wäre und nicht der tolle Kerl aus dem Traum, lässt ihn vollends verstummen. Denn wie kann er einer so liebevoll Anteil nehmenden Ehefrau erklären, dass er sie im Traum gerade betrügen wollte und dass ihre Unfähigkeit, ihn auch mit dem zweiten, weiblich begehrenden Auge wahrzunehmen, ihn in seinem männlichen Selbstverständnis erniedrigt und wütend macht?
    Dieser Mann hat, innerhalb einer Paartherapie, seinen Traum der Ehefrau erzählt. Und wie immer, wenn zwei Menschen das persönliche Sprechen anfangen - Michael Lukas Moeller spricht davon, »Zwiegespräche« zu halten - und nicht mehr in der oberflächlichen Alltagskommunikation festkleben, kommt es zu positiven Veränderungen. Das persönliche Sprechen braucht Mut. Beide Seiten geraten dann endlich wieder einmal in den Zustand des Staunens: Aha, so empfindest du … Ich hab immer gedacht, du bist ganz zufrieden … Warum hast du denn nie was gesagt? … Ich wollte mich doch nicht lächerlich machen … Du bist immer so beschäftigt … Ich hab gedacht, das ist nur mein Problem …
    Das sind keine schlimmen Traumwünsche. Schade ist nur, dass solche Wünsche oft nur im Traum einen Platz finden und, sichtbar durch das negative Ende, sogar noch im Traum eine Abstrafung und Bewertung erfahren. Die Träumenden bewerten ihre Wünsche so, dass sie sie noch im Traum selber wieder auslöschen. Die Träume enden so, dass die Träumenden mit dem Gefühl aufwachen: Lass die Finger von solchen Dingen. Du siehst ja, wie es endet.

Vom ganz normalen Leben die Finger lassen?
    Wie soll das gehen, vom normalen Leben die Finger zu lassen? Kann man zwischen 25 und 55, so lange dauert es etwa, bis die Kinder groß geworden sind, auf Emotionen wie Lust, Leidenschaft, Begierde, körperliches Begehren und Begehrtwerden, Kreativität, schöpferische Unruhe verzichten?
    Viele Eltern versuchen in diesen Jahren mit den Primärtugenden auszukommen: Ehrlichkeit, Treue, Anstand, Höflichkeit, Hilfsbereitschaft usw. Diese Primärtugenden formen ganz entscheidend den Charakter unserer Kinder - und den der Eltern übrigens mit. Sie sind und müssen hochgehalten werden, wenn wir weiterhin eine »Welt mit menschlichem Antlitz« (Willy Brandt) vor uns haben wollen. Primärtugenden sind nicht langweilig, sie sind der Boden, auf dem die Menschen zueinandergelangen, einander finden und erkennen können. Wenn dieser Boden nicht unermüdlich neu befestigt und kultiviert wird, wenn wir nur gestresst auf ihm durch die eigene, kurze Lebenszeit hetzen auf der Jagd nach materieller Sättigung und unser Leben zum Eroberungszug von Wohlstandssymbolen verkommt, wird es zappenduster. Wenn wir zum nächsten Meeting fliegen, im Auto zum entfernten Arbeitsplatz rasen, im Zug den nächsten Termin vorbereiten, im Internet mit einem Tastendruck die Welt in die eigenen vier Wände holen und dann in der Illusion baden, im Weltgeschehen dabei zu sein, bleibt nur noch wenig Zeit

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