Dampfnudelblues
daheim zum Hof reinfahr, trifft mich beinah der Schlag. Dem Leopold sein Auto steht nämlich in der Einfahrt. Und ich habe es völlig vergessen: Heute ist doch der große Die-Sushi-zieht-ein-Tag. Weil doch morgen der dämliche Deutsch-Intensivkurs für die Panida beginnt. Und jetzt bleibt der Zwerg Nase bei uns für ein paar Wochen. Nur an den Wochenenden fährt sie dann nach Haus.
Das fehlt mir jetzt grad noch! Nicht einmal daheim eine einzige winzige ruhige Minute.
Da ich im Moment so gar nicht auf Großfamilienharmonieeingestellt bin, geh ich lieber erst mal in den Garten. Muss mich fangen. Und seelisch auf die Belagerungszustände einstellen.
Scheinbar geht es mir nicht allein so. Der Papa ist auch da. Genauer gesagt, betrachtet er mit großen Interesse das Wachsen und Gedeihen seines selbst gepflanzten Tabaks. Er scheint sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Er lächelt. Ich setz mich eine Zeit lang in den Schaukelstuhl und schau ihm zu.
Ein paar Minuten später kommt auch schon der Leopold angeschlichen mit seiner Tochter auf dem Arm.
»Weißt du, wo der Papa ist?«, fragt er mich ganz ohne Gruß.
Die Sushi strahlt mich an.
»Der Papa? Der Papa ist hinten auf seiner Drogenplantage«, sag ich und deute in die Richtung vom Schupfen.
Jetzt schaut er aber blöd, der Leopold. Sagt kein Wort, sondern geht schnurstracks auf den Papa zu. Da die Entfernung ziemlich groß ist und ich auf keinen Fall das Wortgefecht verpassen will, geh ich ihm nach.
»Was genau machst du da?«, fragt der Leopold.
»Ein bisschen garteln halt«, sagt der Papa.
Aus dem Augenwinkel heraus seh ich, dass die Oma und die Panida jetzt ebenfalls in den Garten rauskommen. Jede von ihnen hält ein Tablett in den Händen.
»Was sind denn das eigentlich für Pflanzen?«, fragt der Leopold und zupft ein Hanfblatt ab.
»Hehehe!«, schreit der Papa.
»Das ist doch nicht etwa … Cannabis?«, fragt der Leopold, in der Stimme leicht hysterische Töne.
»Was weißt denn du schon davon«, sagt der Papa.
Die zwei Frauen stellen vorn am Tisch das Essen ab und gesellen sich dann zu uns.
Der Leopold drückt der Panida das Kind in den Arm. Ziemlich theatralisch sogar.
»Das ist ja unglaublich!«, sagt er dann zu mir gewandt. »Was in aller Welt geht denn hier vor sich? Der Papa pflanzt Rauschgift im Garten und du schaust in aller Seelenruhe dabei zu?«
»In seinem Garten kann der Papa tun und lassen, was er will, sagt er.«
»Das werden wir dann schon sehen!«, schreit der Leopold und fängt an, die Pflanzen aus der Erde zu reißen.
Jetzt mischt sich die Oma ein: »Ja, sag einmal, bist du denn deppert geworden? Lass bloß dem Papa seinen Tabak stehen!«, schreit sie und zerrt den Leopold am Ärmel.
Der lässt vom Hanf ab, umklammert stattdessen Weib und Kind und dreht sich ab.
»In dieser Drogenhöhle werd ich mein Kind keine weitere Minute mehr lassen!«, sagt er. Sie steigen geschlossen ins Auto und fahren davon.
»Jetzt bleibt ein ganzer Haufen zum Essen übrig«, sagt die Oma. »Geh, Franz, magst nicht die Susi anrufen, ob die vielleicht vorbeikommen will?«
Der Franz mag nicht.
Dafür kommt dann aber die Mooshammer Liesl. Mit einem Affentempo radelt sie in den Hof hinein.
»Da, schau, Lenerl«, schreit sie die Oma an und hält ihr einen Zettel unter die Nase. »Ich hab dir einen neuen Termin ausgemacht für deine Hühneraugen. Donnerstag. Ist dir das recht?«
»Wunderbar«, sagt die Oma. »Geh, setz dich her, Liesl. Magst ein bisschen mitessen?«
So schnell kann man gar nicht schauen, wie die Mooshammerin sitzt. Im gleichen Tempo isst sie auch. Mankönnt glauben, sie hat den Hanf eigenhändig angepflanzt, nur um dem Leopold seine Ration abzukriegen.
Wobei die Brotzeit natürlich schon göttlich ist. Weil die Oma nämlich die Brotzeitgöttin ist.
»Wunderbar«, stöhnt die Liesl und schiebt sich ein Radieschen nach.
»Wächst das alles bei euch im Garten? Auch die Gurken und die Tomaten?«, fragt die Liesl kauernderweise.
»Alles aus unserem Garten«, sagt der Papa. »Bei uns wächst überhaupt alles ganz hervorragend, gell, Franz? Das sollten wir der Liesl unbedingt einmal zeigen.«
Er schaut mich eindringlich an.
Ich weiß genau, was er meint. Sollte die Liesl nämlich von dem Hanfanbau hier erfahren, ist es mit meiner kometartigen Polizeikarriere hier in Niederkaltenkirchen aus und vorbei.
»Ich muss hernach dringend einmal den Leopold anrufen«, sag ich deshalb vorsorglich.
»Mach das!«, sagt der Papa und scheint
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