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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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nicht.
    »Ich meine, wie stabil sind Sie wirklich, und wie groß ist Ihr Wunsch, einen Anhaltspunkt für Ihre Suche zu finden? Mir ist nämlich doch noch etwas eingefallen. Es gibt einen Ort, den ich Ihnen zu zeigen bereit wäre, wenn Jack Derber dadurch hinter Schloss und Riegel bleiben würde. Dazu müssen Sie wissen, dass meine Forschungsarbeit sehr praxisorientiert ist und darauf basiert, dass ich Versuchspersonen in ihrem natürlichen Umfeld beobachte. Zu diesem Zweck habe ich über Jahre hinweg eine ethnographische Langzeitstudie an einem etwas unorthodoxen Ort durchgeführt und dabei entdeckt, dass Jack Derber früher etwas mit diesem Ort zu tun hatte. Ich bin dort auf bestimmte aufschlussreiche Ereignisse gestoßen, beziehungsweise Personen … Ach, ich weiß auch nicht. Es ist ziemlich weit hergeholt. Aber so wie ich Jack kenne, gilt das für alle Spuren, denen Sie bisher nachgegangen sind.«
    »Sie sagen es.« Trotz meiner unguten Vorahnung schöpfte ich wieder ein wenig Hoffnung.
    »Heute ist Donnerstag, also ist heute die beste Nacht dafür. Ich hoffe, Sie haben keine anderen Pläne. Ansonsten müssten Sie eine Woche warten.« Sie zog ihren Blackberry hervor, und ihre Finger flogen über den Touchscreen. »Ich gebe Ihnen jetzt eine Adresse, an der wir uns um Mitternacht treffen. Geht das? Sie ist ein bisschen … na ja, abgelegen. Und Sie werden sich dort offen gestanden vor Angst in die Hose machen.« Sie sah mich unter ihren dichten Wimpern prüfend an. »Es kann sogar sein, dass dieser Ort Sie an Ihr Trauma erinnert, aber das ist aus therapeutischer Sicht vielleicht gar nicht mal das Schlechteste«, verkündete sie betont heiter.
    »Was ist das genau für ein Ort?« Ich wusste jetzt schon, dass es mir dort nicht gefallen würde. Außerdem ging ich um Mitternacht grundsätzlich nirgendwo mehr hin. Und schon gar nicht an einen Ort, an dem ich mir vor Angst in die Hose machen würde.
    »Es ist ein Club. Ein ziemlich spezieller Club. Schwer zu erklären. Ich erforsche die psychischen Einflüsse und Auswirkungen dieser etwas … ungewöhnlichen Subkultur. Und er hat diesen Ort früher auch frequentiert.«
    Ich holte tief Luft, weil ich mir lebhaft vorstellen konnte, was für Orte Jack Derber gerne aufgesucht hatte und welche Subkultur Adele in Anbetracht ihrer wissenschaftlichen Fachgebiete erforschte.
    »Aha. Ein spezieller Club also. Verstehe. Ich halte das alles für keine gute Idee, ob aus therapeutischer oder aus sonstiger Sicht.«
    Sie setzte sich wieder an den Schreibtisch, legte ihren Blackberry beiseite und beugte sich nach vorne, um mir tief in die Augen zu blicken. Dann nickte sie, und als sie das nächste Mal das Wort an mich richtete, klang ihre Stimme höher, so als würde sie mit einem Kind sprechen.
    »Kein Problem, das kann ich absolut verstehen. Vielleicht sind Sie einfach noch nicht so weit. Ich kann mir gut vorstellen, wie schwer es für Sie ist, einen solchen Ort aufzusuchen.«
    Vielleicht war es nur Einbildung, aber ich glaubte, einen Hauch von Provokation aus ihrer Stimme herauszuhören. Sie arbeitete zwar nicht als Therapeutin, aber sie war Psychologieprofessorin und kannte offenbar die Tricks ihrer praktizierenden Kollegen. Diese Psycholeute wussten immer, wie sie einen aus der Reserve locken konnten.
    In meinem Kopf drehte sich alles. Es war, als würde ich mein Leben zurückspulen und mir wieder die Fragen stellen, die ich mir damals im Keller gestellt hatte: Ertrug ich einen noch tieferen Schnitt, ertrug ich noch größere Schmerzen, konnte ich Jennifer retten? Für eine Sekunde erschien Jacks Gesicht vor meinem inneren Auge. Hier und jetzt drohte er wieder den Sieg über mich davonzutragen, obwohl er meilenweit weg in seiner Zelle eingesperrt war. Wieder ertrug ich die Schmerzen nicht, wieder war die Angst stärker. Ich drehte mich zu Adele um, sah ihr fest in die Augen und kratzte all meinen Mut zusammen, obwohl mein Herz wie verrückt klopfte.
    »Was soll ich anziehen?«
    Sie lächelte, fast so, als wäre sie stolz auf mich. »Gut. Sie haben wirklich schon große therapeutische Fortschritte gemacht.« Ein Blick auf meine Kleidung schien ihr den traurigen Zustand meines Kleiderschranks bewusst zu machen. »Ich bringe Ihnen etwas mit. In diesem Club ist es wichtig, sich ein wenig anzupassen, um nicht unangenehm aufzufallen. Ich garantiere Ihnen, dass Sie nichts besitzen, was der Örtlichkeit angemessen wäre.«

15
    Spät am selben Abend saß ich in meinem Auto auf dem

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