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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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gearbeitet haben.«
    Im Gegensatz zu Adele wirkte David Stiller positiv interessiert, als ich Jack Derber erwähnte. Er grinste süffisant, setzte sich an seinen Schreibtisch und wies auf den Besucherstuhl.
    »Setzen Sie sich doch bitte. Man trifft hier nur noch selten auf Menschen, die über Jack Derber sprechen möchten. Ihr Projekt macht mich wirklich neugierig. Allerdings wundert mich, dass Ihr Institut dieses Thema überhaupt bewilligt hat. Aber ich schätze, die Zeiten ändern sich. Wie wollen Sie das Ganze aufziehen?«
    »Aufziehen? Keine Ahnung. Ich finde einfach, dass Teile der Geschichte nie richtig untersucht wurden, und habe daher vor, eigene Recherchen anzustellen und die Fakten neu zusammenzutragen. Deshalb habe ich mir das Thema ja ausgesucht: weil das alles hier vor Ort passiert ist.« Ich war stolz darauf, wie es mir gelang, aus dem Stegreif zu improvisieren. Mit einem Nicken forderte er mich zum Weiterreden auf.
    »Wenn ich richtig unterrichtet bin, war Jack Derber ein Freund von Ihnen«, fuhr ich fort. Jetzt verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht.
    »Ein Freund von mir? Nein, nein, absolut nicht. Keine Ahnung, wer Ihnen das gesagt hat. Wir waren Kollegen, aber ich kannte ihn kaum. Unsere Forschungsschwerpunkte waren völlig konträr, und wir saßen auch nie gemeinsam in einem Ausschuss. Aber er war definitiv ein Star auf seinem Gebiet.«
    »Ein Star? Wie meinen Sie das?«
    »Kommen Sie, als Doktorandin müssten Sie doch inzwischen wissen, wie der Hase läuft. Man muss geradezu ein Star sein, um in der akademischen Welt etwas erreichen zu können. Man muss Vorträge halten, publizieren, an Symposien teilnehmen, den ganzen Konferenzzirkus, äh … Konferenzzyklus durchlaufen. Machen Sie sich auf ein anstrengendes Leben gefasst.«
    »Und was ist mit Adele Hinton?«
    Sein Gesicht verdüsterte sich. »Ach die. Apropos Jack Derber.« Er schüttelte den Kopf.
    »Was meinen Sie?«, hakte ich nach.
    »Na ja, nach der Derber-Geschichte waren ihre Vorlesungen natürlich brechend voll. Wenn Sie mich fragen, lag das eher an der Berühmtheit, die sie durch ihn erlangt hat, als an ihren wissenschaftlichen Verdiensten. Ich glaube, alle haben nur auf irgendein pikantes Detail über Jack Derber gewartet. Behalten Sie es bitte für sich, aber sie verdankt ihre Karriere allein diesem Prozess.«
    »Weil ihr die Presse so viel Aufmerksamkeit geschenkt hat?«
    Er lachte.
    »So ist es. Die Portland Sun hat damals sogar ein ganzes Porträt über sie gebracht. Geradezu lächerlich schmeichelhaft. Ich meine, sie ist natürlich eine äußerst attraktive Frau, daher war es nicht weiter überraschend, dass der Reporter so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen wollte.«
    Er beugte sich zu mir herüber und verengte die Augen zu Schlitzen, um abzuschätzen, ob ich seine Anspielung verstanden hatte. Dann lehnte er sich wieder zurück und bewegte sich auf seinem Drehstuhl ganz langsam hin und her.
    »Wissen Sie, wenn Sie wirklich gründlich recherchieren und etwas Neues über Jack Derber herausfinden wollen, sollten Sie einen anderen Ansatz verfolgen. Jack war ein Arbeitstier. Er hat unablässig geforscht und Studien durchgeführt, war ständig auf Reisen. Sein Büro war vollgestopft mit Dokumenten, Aktenordnern, Heftmappen und so weiter. Er hat immer alles streng unter Verschluss gehalten. Nur Adele hatte Zugriff. Ich weiß, dass das FBI den Inhalt seines Büros kurz nach der Verhaftung beschlagnahmt hat, aber glauben Sie mir, irgendetwas hat sie sich bestimmt unter den Nagel gerissen.«
    Er drehte seinen Stuhl zum Fenster und starrte nachdenklich hinaus.
    Als er wieder das Wort ergriff, schien er mehr mit sich selbst zu sprechen als mit mir. »Das alles hier war natürlich immer schon unter ihrer Würde. Für sie kommt nur die Ivy League in Frage, am besten Harvard oder Yale. Das ist nur logisch, schließlich muss sie die hohen Erwartungen erfüllen, die an sie gestellt werden.« Er sah mich an und fügte erklärend hinzu: »Sie wissen es vermutlich nicht, aber ihr Vater ist ein bekannter Chirurg aus Seattle. Ein sehr erfolgreicher Mann.« Er zog eine Grimasse, schüttelte dann den Kopf und rutschte auf seinem Stuhl nach vorne.
    »Aber ich schweife ab, zurück zu Ihrer Doktorarbeit. Ich kann es zwar nicht beweisen, aber ich bin mir sicher, dass Adele Jack Derbers Ideen und Forschungsergebnisse für ihre eigene Arbeit verwendet. Wenn Sie Informationen über ihn wollen, reden Sie also am besten mit ihr. Bestimmt gibt es noch

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