Dancing Jax - 01 - Auftakt
sehr formelle Art von mittelalterlichem Tanz aufzuführen. Sie liefen feierlich in Paaren den Weg entlang, hielten an, tippten mit den rechten Fußspitzen vor sich auf den Boden und drehten sich dann zu ihren Partnern, vor denen sie sich verbeugten. Dann tauschten sie die Seiten und das Ganze ging von vorne los.
»Sieh dir diese Trottel an«, murmelte Barry. »Was machen die denn da? Ehrlich, der nächste Montag kann gar nicht schnell genug kommen.«
Jedes der Kinder dort unten trug eine Spielkarte, darüber hinaus stellten die beiden Männer fest, dass sie außerdem irgendetwas mit ihren Schuljacken gemacht hatten. Die Ärmel hingen links und rechts leer herunter und die Arme ragten durch ein Loch auf Schulterhöhe.
»Was geht hier vor?«, fragte Barry.
Martin runzelte die Stirn, dann begriff er. »Sie haben die Naht unter den Ärmeln aufgetrennt!«, rief er. »Was zum Teufel …?«
»Das liegt an diesem verdammten Buch«, sagte Barry. »Das, wegen dem Graeme Parker und Anthony Maskel suspendiert wurden. Darin waren Zeichnungen, die genau so aussahen – Ärmel, die an den Seiten hinunterhängen. Oh, da fällt mir ein, gestern Abend hat mich Mrs Early angerufen und gesagt, dass sie heute wiederkommt. Sie will sich von diesem Vorfall nicht länger einschüchtern lassen. Ich finde das echt gut.«
»Dancing Jacks« ,sagte Martin. »Was hat es mit diesem blöden Buch nur auf sich? Hast du es gelesen, Barry?«
»Schien mir ein Haufen Schwachsinn zu sein«, antwortete der Direktor stirnrunzelnd. »In dem Abschnitt, den ich gelesen habe, ging es um einen gewissen Jockey – dabei hatte er nicht mal ein Pferd. Und Rugby schien auch nirgends vorzukommen. Ist definitiv nicht mein Ding, dieses Buch.«
»Komisch, was es hier für eine Euphorie auslöst«, murmelte Martin, während er sich die letzten Tage durch den Kopf gehen ließ. »Seitdem dieses Buch im Umlauf ist, verhält Paul sich so komisch. Er meinte, es sei gefährlich. Das Gleiche hat auch schon Shiela Doyle erzählt …«
»Verrückte Trends«, bemerkte Barry. »Sie kommen und gehen. Ich habe noch nie begriffen, was sie auslöst. Ich weiß nur, dass sie grundsätzlich nie lange anhalten. Die Eltern werden nicht sonderlich erfreut sein, wenn sie rausfinden, was die Kids mit ihren Jacken gemacht haben. Wenn das mal nicht Prügel setzt.«
»Das können wir ihnen aber nicht durchgehen lassen, oder? So können sie doch nicht rumrennen, mit baumelnden Ärmeln und die Arme durch die Achsellöcher gesteckt.«
Barry lachte. »Warum nicht? Wie ich gestern schon sagte, lasst die Kids diese eine Woche machen, was sie wollen. Rein objektiv betrachtet, tragen sie ja noch immer ihre Schuluniform. Wenn die neue Direktorin anfängt, wird sie die Schüler schon schnell genug auf den Teppich zurückholen – zumindest, falls sie etwas taugt, auch wenn ich das ernstlich bezweifle. Soll sie sich den Kopf über die baumelnden Ärmel zerbrechen. Sieht für meinen Geschmack jedenfalls h … armlos aus.«
»Autsch!«, stöhnte Martin angesichts des schlechten Witzes. Barry kicherte.
»Du bist ein gemeiner alter Rugby-Bulldozer«, tadelte Martin ihn scherzhaft.
»Alt, baufällig und vom Leben ausrangiert«, stimmte Barry zu.
Die Tür ging auf und einer der Lehrer kam herein, dicht gefolgt von ein paar weiteren. Der Schultag hatte offiziell begonnen.
In der ersten Stunde hatte Martin die Zehnte. Als er an seinem Schreibtisch saß, überkam ihn wieder mal das mutlose Gefühl, das er immer hatte, wenn er diese grässliche Bande eine Doppelstunde lang unterrichten musste. Ausnahmsweise kamen die Kinder heute auffällig leise ins Klassenzimmer und setzten sich gleich auf ihre Plätze, ohne viel Trubel und Geschwätz.
Martin staunte. Von den siebenundzwanzig Schülern trugen alle bis auf fünf eine Spielkarte an der Uniform und die meisten hatten außerdem ihre Blazer so präpariert, dass die Ärmel ungenutzt an der Seite herabhingen. Jeder dieser Schüler hatte einen abwesenden Ausdruck im Gesicht, als wären sie in einem schönen Tagtraum gefangen. Auch Sandra Dixon war heute zum Unterricht erschienen. Sie war noch blasser als sonst und konnte kaum die Augen offen halten.
»Morgen, Meute«, begrüßte der Mathelehrer sie in seinem üblichen spöttelnden Ton.
»Guten Morgen, Sir!«, erwiderten die Kartenträger höflich, während ihre Klassenkameraden schwiegen, sie aber argwöhnisch betrachteten.
Überrascht fiel Martin auf, dass auch Conor Westlake eine Karte trug, den
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