Dancing Jax - 01 - Auftakt
schmieden stets nur Intrigen, ging es Shiela durch den Kopf, und diese Gerissene dort war die Schlimmste. Welche neuen Verschwörungen zettelte sie nun wieder an, welche Gerüchte setzte sie gerade in die Welt? Shiela sollte dem Ismus davon berichten, oder vielleicht könnten die Harlekin-Priester auf das Schwarz in ihren Roben deuten, wenn sie …
Vor dem Fenster parkte ein Auto und Shiela zuckte erschrocken auf dem Sofa zusammen. Schwer atmend betrachtete sie das Buch in ihren Händen und ließ es fallen, als hätte sie sich daran verbrannt. Dann sprang sie auf und lief hastig zur Tür.
»Hi, Shiela, Süße«, empfing Queenie sie, als sie sich in ihren ultraengen Stretchjeans aus dem Auto bugsierte. »Geht’s dir gut? Du bist so weiß wie Mandas Bingogruppe.«
»Wo ist Miller?«, wollte Manda wissen, während sie die Autotür zuknallte und sich umsah. »Sein Motorrad steht da.«
Shiela sah beide entgeistert und sprachlos an, während sie zu verstehen versuchte, was eben mit ihr geschehen war.
Dann erschallte das Knattern eines Motorrads und Dave kam auf seiner Honda angefahren.
»Hier kommt unser Babyface!«, rief Queenie, die Arme zur Begrüßung in die Höhe geworfen, und klackerte mit ihren Acrylnägeln auf seinem Sturzhelm herum, noch bevor er eine Chance gehabt hätte, ihn abzunehmen.
Der alte VW-Bus ließ nicht viel länger auf sich warten. Allerdings … war diesmal etwas auf den Dachgepäckträger gebunden. Etwas Großes, Unförmiges – Shiela konnte sich keinen Reim darauf machen. War das vielleicht ein bizarrer Schlitten? Doch bevor sie fragen konnte, bog auch schon der Laster von Tesco Charlie in die Straße ein.
»Perfektes Timing!« Jezza begrüßte alle mit einer übertriebenen Verbeugung. »Dann lasst uns in Charlies lieblichen Truck klettern.«
Als endlich auch Tommo mit allen aufgetragenen Besorgungen in einem geborgten Kombi aufgekreuzt war, hatte man den monströsen Gegenstand bereits vom Dach des Kleinbusses gestemmt und in den riesigen Metallcontainer manövriert.
Jetzt, im unwirklichen Licht der weißen LEDs, starrte Shiela das skelettartige Gestell an und fürchtete sich davor.
Man hatte sie angewiesen, still zu sein. Das hatte Tesco Charlie ihnen ungewöhnlich energisch klargemacht. Wenn er sie unerkannt in den Containerhafen schleusen sollte, dann müssten sie mucksmäuschenstill sein.
Vor allem Queenie fand es schwer, sich an diese Regel zu halten. Stille widerstrebte ihr, weshalb sie jede Form von Ruhe stets mit Lärm stopfen musste und den Fernseher selbst dann nicht ausschaltete, wenn sie ihre Wohnung verließ – sie hasste es, in ein Mausoleum zurückzukehren.
Gezwungenermaßen spielte sie die Musik also in ihrem Kopf ab und tanzte dazu. Sie wippte und zappelte die gesamte Strecke vom Tattoostudio bis zum Hafeneingang, bis Jezza sie schließlich eindringlich warnte, als sie auch noch anfing, auf den metallenen Wänden des Containers den Takt mitzuklopfen. Für sie war das alles ein großartiges Abenteuer und sie würde es bis zum Letzten auskosten.
»Wir müssen fast da sein«, sagte Jezza leise, als der Lkw abbremste und letztlich stoppte.
Den kumpelhaften Plausch zwischen Charlie und dem Sicherheitsmann am Tor konnten sie nicht hören, aber es dauerte nicht lange, da setzte der Laster sich wieder in Bewegung. Er fuhr auf das Frachthafengelände und rollte eine gefühlte Ewigkeit weiter, bis er endlich stehen blieb. Als der Motor erstarb, richteten sich alle Blicke auf Jezza.
»Und jetzt warten wir auf das Zeichen«, erklärte er ihnen.
Dave schaute auf seine Uhr. Es war kurz nach neun. Lange mussten sie nicht warten, selbst im Innern des Containers konnten sie hören, wie der Fiesta explodierte.
Tesco Charlie kletterte aus seinem Fahrerhaus und entriegelte die Ladetüren. Kühle Nachtluft wehte herein.
»Wie habt ihr das angestellt?«, wollte der langhaarige Fahrer wissen, während er durch seine dicken Brillengläser von einem zum anderen sah. »Es war gigantisch, es …« Doch die zweite Explosion übertönte den Rest seiner Worte.
Er rannte um den Lkw herum und sah noch, wie der Feuerball in die nächtlichen Wolken aufwallte. Jezza sprang von der Laderampe und gesellte sich zu ihm. Das Feuer tanzte in seinen Augen.
Charlie hatte seinen großen Lkw weit in den riesigen Frachthafen gefahren. Zu allen Seiten standen Container, ganz wie der, in dem sie hereingeschmuggelt worden waren – bis zu fünf übereinander.
Als Nächstes kam Tommo aus dem Laster, er
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