Dancing Jax - 01 - Auftakt
anscheinend außer Kontrolle geraten war. Es geriet ins Schlingern und prallte dann in ein zweites Fahrzeug, das auf dem Parkplatz dort drüben abgestellt war. Es kam zu einer Explosion. Das zweite Auto explodierte nur Minuten später. Das Ausmaß an Schrecken und Panik kann man nur erahnen.«
Eine kühle Frauenstimme unterbrach den Bericht. »Hat die Polizei irgendetwas verlauten lassen, weshalb das Auto in die Menge gerast ist?«
Der Mann auf dem Bildschirm schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Die Spurensicherung grast das Wrack und die Umgebung noch immer nach Hinweisen ab, wie man hinter mir sehen kann. Doch einige Augenzeugen, mit denen ich gesprochen habe, berichten, dass Rauch aus dem Wagen kam, schon bevor sich der Unfall ereignete. Andere behaupten, Flammen gesehen zu haben.«
»Danke, Justin. Damit geben wir ab an Lyndsay Draymore, die vor dem Krankenhaus von Felixstowe steht, wohin gestern Nacht die Verletzten gebracht wurden.«
Das Bild des Sprechers im Anzug vor einer Sanddüne, mit der Straße im Hintergrund, wurde durch eine gut gekleidete junge Frau ersetzt, die vor dem Rundbogen-Eingang eines roten Ziegelgebäudes stand.
»Lyndsay, was gibt es sonst noch über diesen tragischen Vorfall zu berichten?«
»Nun, Tara, das Personal des Krankenhauses hier hat die ganze Nacht rund um die Uhr gearbeitet. Nach bisherigen Informationen gab es etwa hundertzwanzig Verletzte, wobei es hauptsächlich um Platzwunden, Prellungen und Verbrennungen ging, die verarztet werden mussten.«
»Und ich gehe davon aus, dass auch die Anzahl der Todesopfer gestiegen ist?«
»Ja, innerhalb der letzten Stunde wurde bekannt gegeben, dass zwei weitere Menschen ihren Verletzungen erlegen sind. Damit sind es nun insgesamt achtunddreißig Tote – fünf weitere Personen kämpfen derzeit auf der Intensivstation um ihr Leben. Ein unglaublicher Verlust in dieser sonst so ruhigen Küstenstadt hier in Suffolk.«
Hinter der Sprecherin verließ eine Schwester das Krankenhaus, die müde und ausgelaugt wirkte. Jemand hinter der Kamera musste Lyndsay einen Wink gegeben haben, denn wie auf Kommando drehte sie sich um und rannte los, begierig, ein paar Worte von der Front zu ergattern.
»Können Sie mir beschreiben, wie es dort drinnen im Augenblick zugeht?«, fragte sie und hielt der Krankenschwester grob das Mikrofon unter die Nase.
Eine völlig überrumpelte Carol Thornbury blickte verwirrt in die Linse, die sich hinter der Frau herschob.
»Wie ist die Stimmung des Krankenhauspersonals?«, wollte die Reporterin wissen. »Was können Sie uns berichten? Wie geht es den Familien der Verwundeten im Augenblick?«
»Sind Sie vielleicht bescheuert?«, keifte Carol sie an. »Was glauben Sie denn, wie es ihnen geht? Nehmen Sie diese verfluchte Kamera aus meinem Gesicht oder ich verpasse Ihnen damit eine Koloskopie! Und verschwinden Sie gefälligst von hier!«
Carol schob sich unwillig an dem Kamerateam vorbei und ließ eine dickfellige Lyndsay zurück, die gutmütig lächelte.
»Wie Sie sehen«, fuhr sie fort, ohne mit der Wimper zu zucken, »ist die Stimmung hier sehr angespannt und die Nerven liegen blank. Lyndsay Draymore vom Felixstowe General für BBC News.«
Damit wechselte das Bild zurück zur Studiosprecherin, die lässig auf dem Nachrichtenpult hockte und wie zufällig ihre gut geformten Beine präsentierte, die ihr vergangenes Jahr in Let’s Dance so gute Dienste geleistet hatten.
»Mehr über diese furchtbare Katastrophe in Suffolk erfahren Sie heute Abend in unseren Hauptnachrichten um sechs Uhr«, säuselte sie. »Ihre Gedanken und Beileidsbekundungen können Sie uns an die Adresse twittern, die Sie unten am Bildschirmrand eingeblendet sehen. Und jetzt schalten wir zu unserem Korrespondenten aus dem Showbiz, um zu erfahren, welche Popqueen mehrere Kleidergrößen abgenommen hat, dank einer neuen Diät von –«
Martin schaltete den Fernseher aus. »Gut gemacht, Carol«, sagte er stolz.
»Sie sah aus, als wäre sie vollkommen am Ende«, bemerkte Paul.
»Muss eine schreckliche Nacht gewesen sein. Ich lasse ihr schon mal ein Bad ein und mache ihr einen Toast. Sicher will sie was essen, bevor sie ins Bett fällt. Sie muss todmüde sein …« Geschockt über seine gedankenlose Wortwahl schnitt er eine Grimasse und sofort prasselten die Schrecken der letzten Nacht wieder auf ihn ein. Er und Paul waren wie schlaftrunken zu Hause angekommen. Die Nacht war erfüllt gewesen von Sirenengeheul und Blaulichtern, dann waren sie beide
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