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Dancing Jax - 01 - Auftakt

Dancing Jax - 01 - Auftakt

Titel: Dancing Jax - 01 - Auftakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Acht davon hatten seine Schule besucht. Weitere dreiundzwanzig waren ehemalige Schüler und siebenundzwanzig seiner Schützlinge lagen noch immer im Krankenhaus. In allen Kirchen der Stadt waren an diesem Morgen anlässlich der großen Tragödie Gottesdienste abgehalten worden und er hatte gemeinsam mit allen anderen dagesessen und gebetet in der Hoffnung, dass irgendjemand oder -etwas sie erhörte.
    Dann war er zur Schule gefahren, wo für zwei Uhr nachmittags ein Notfallmeeting von Schulräten und Fachbereichsleitern einberufen worden war – und Barry wollte der Erste sein. Er musste noch einmal in sein Büro, um die Details zu klären. Als er näher kam, sah er, dass vor dem Schultor die ersten Blumen und Karten abgelegt wurden. Auch ein Reporter trieb sich hier herum, um sich auf Gruppen schluchzender Mädchen zu stürzen. Die Medien liebten aufdringliche Fotos von ungeschminkter Trauer. Rotz und Tränen, das bringt wahre Aufmerksamkeit! Barry schlich sich an ihm vorbei und betrat das Gebäude.
    Nach Schulschluss und vor allem an den Wochenenden waren Schulen eigenartige, einsame Orte. Eine Schule braucht Kinder, die sie mit Leben füllen und ihr eine Daseinsberechtigung geben. Als er so im Flur stand, der von Echos und dem Geruch nach Bohnerwachs erfüllt war, fragte sich Barry Milligan, wie er die Schulversammlung am Montagmorgen überstehen sollte.
    Das Treffen dauerte nur eine Stunde – keiner war in der Stimmung, sich zu streiten, und alles wurde rasch beschlossen. Während der nächsten Woche würden für alle Kinder psychologische Berater zur Verfügung stehen. Es würde eine schlimme Zeit werden, wie Barry sie während seiner gesamten beruflichen Karriere noch nicht erlebt hatte. Sogar Downing Street hatte angerufen – der Premierminister wollte vorbeikommen, um persönlich sein Beileid zu bekunden und vor den Schülern eine mitfühlende und trotzdem aufmunternde Rede zu halten. Nur ein sehr diskretes Kamerateam würde anwesend sein, versicherte Barry das Pressebüro. Er hatte sofort und in äußerst anschaulichen Worten Einspruch erhoben. Die Woche würde so schon schwierig genug werden, auch ohne einen salbungsvollen Premierminister und sein Gefolge. Die einzige Verpflichtung des Direktors galt nun seinen Schülern. Öffentlichkeitshungrige Politiker, die es auf bessere Umfrageergebnisse abgesehen hatten, indem sie solch eine Tragödie ausschlachteten, kamen nicht mal annähernd infrage! Das trieb Barry auf die Palme.
    Nach dem Meeting und nachdem er die nötigen Anrufe getätigt und alles in seiner Macht Stehende getan hatte, ging Barry wieder nach Hause. Er warf sich in sein Lieblings-Rugbyshirt und verbrachte den Rest des Sonntags mit einer Flasche zwölfjährigem Whiskey. Etwas anderes blieb ihm nicht übrig – die Pubs wimmelten von Reportern auf der Suche nach schmutziger Wäsche.
     
    Der Rest von Felixstowe hielt es nicht länger drinnen aus. Die trauernden Bewohner brauchten Gesellschaft: Sie wollten vertraute Gesichter sehen, sich mit anderen treffen und unterhalten, ihre Sorgen, ihre Trauer und ihren Unglauben teilen und sich dankbar zeigen, falls es in ihrem direkten Umkreis keine Verluste gegeben hatte.
    So kam es, dass man an diesem Sonntagnachmittag ungewöhnlich viele zum Strand hinunterwandern sah. Man plauderte in respektvollem Flüsterton, während man an den fröhlich gestrichenen Strandhütten und verlassenen Vergnügungshallen vorbeilief, bis man unweigerlich den Schritt verlangsamte, sobald man sich der Halbinsel näherte. Noch zauderte man, diese gewichtige Reise anzutreten. Stattdessen machte man zwischendurch Rast im Martello Tower und spazierte über den Flohmarkt, der jeden Sonntag auf dem umliegenden Ödland abgehalten wurde – sofern es die Gezeiten zuließen.
    Conor Westlake saß vor dem Flohmarkt auf der niedrigen Kaimauer. Sein Gesicht trug noch immer die farbenprächtigen Erinnerungen an den Kampf vom Freitag, aber sie sahen schlimmer aus, als sie sich anfühlten.
    Über dem Treiben schwebten die Möwen, stießen trauernde Schreie aus und rasten im Sturzflug hinunter, um sich die Reste zu holen, die die Pommes-Esser ihnen zuwarfen. Das Meer war grau und ausdruckslos, abgesehen vom Wippen der riesigen Frachtschiffe, die vom Pier der berüchtigten Landzunge ablegten. Sie waren so gigantisch, dass sie wie schwimmende Inseln wirkten.
    Conor sah nach, ob er irgendwelche SMS bekommen hatte, was nicht der Fall war. Er drehte sich auf der Mauer und ließ seinen Blick über

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