Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
schleimigen grauen Fruchtfleisch ablegten.
Christina schob einen Einkaufskorb vor sich her und zog sich mit den Ellenbogen durchs Dickicht. Die Dornen zerkratzten ihre Arme und verfingen sich in ihrem Haar, aber sie durfte erst herauskommen, wenn der Korb voll war. Sie quetschte sich zwischen zwei dicken Stängeln hindurch und fuhr zusammen, als ein hölzerner Stachel in ihren Hals ritzte. Doch dann erblickte sie vor sich im Zwielicht eine ganze Traube an reifen grauen Früchten und vergaß den Schmerz.
So viele auf einmal hatte sie noch nicht gesehen – das reichte locker, um den Korb zu füllen. Mit entschlossener Miene schob sich Christina weiter. Etwas berührte ihre Stirn, doch sie wischte es beiläufig weg und griff nach der fettesten Minchetfrucht. Wie leicht sie sich pflücken ließ! Vorsichtig legte Christina sie in den Korb. Dann streckte sie die Hand nach der nächsten aus, doch unerwartet drangen ihre Finger kurz vor der Frucht durch einen Vorhang aus dünnem Gewebe.
Erschrocken hauchte das Mädchen einen lautlosen Schrei und zog die Hand zurück. Zarte braune Fäden klebten an ihrer Haut. Sie war in das Netz eines Großen Gaaglers gekrabbelt!
Die Augen vor Schreck weit aufgerissen, blickte Christina sich in der Düsternis aufmerksam um. Allerdings war es so dunkel, dass sie außer den Minchetfrüchten vor und über ihr nur schwer etwas ausmachen konnte. Dieses Monster konnte überall sein. Der chaotische Dschungel aus Ästen und Zweigen war ein perfektes Versteck für spindeldürre Beine und die Blätter konnten leicht ein lauernder Körper sein, der nur darauf wartete, jeden Moment zuzuschlagen.
Die Kleine wagte es nicht, auch nur den geringsten Laut von sich zu geben, zog den Korb dicht an sich und rutschte Stück für Stück rückwärts. Plötzlich raschelte es und aus den Augenwinkeln bemerkte sie eine Bewegung. Christina erstarrte und drehte den Kopf. Da war das Ungetüm!
Nicht weit von ihr, ein Stück über dem Boden versteckt zwischen alten Blättern und verdorrtem Gras, hockte ein Großer Gaagler in einer Hängematte aus verkümmerten Kletterpflanzen. Die schwarzen Glupschaugen starrten das kleine Mädchen an. Ein verwelktes Blatt wirbelte herunter, gefolgt von einer dünnen, gekrümmten Kralle.
Christina wollte sich davonmachen, aber ihr Kleid blieb an einem langen Dorn hängen und pinnte sie wie einen aufgespießten Schmetterling fest. Sie konnte sich nicht rühren.
Da tauchten aus den Blättern ein zweites, drittes und viertes Bein auf. Dann erschien das wilde haarige Gesicht, das Maul darin war weit aufgerissen.
Das kleine Mädchen zerrte und zog, erreichte so aber nur, dass sich der Stachel noch tiefer in das Kleid bohrte und außerdem im Kragen verfing. Jetzt saß sie vollständig in der Falle. Panisch griff sie hinter sich, um den Stoff abzureißen, aber es half alles nichts.
Der Große Gaagler schälte die vier Hinterbeine aus seinem Versteck und kroch aus dem Gestrüpp.
Christinas Körper erschlaffte vor Angst, als sie in die bösartigen Augen blickte, die sich bereits an ihr zu laben schienen. Flink kam das Ungeheuer auf sie zu. Die scharfen Beißwerkzeuge klapperten und aus der Kehle stieg ein schadenfroher, klackender Laut.
Mit einem Mal veränderte sich das Gesicht des Mädchens. Keck reckte sie das Kinn vor und bleckte die Zähne. »Das lässt du schön bleiben!«, knurrte sie. »Lass es!«
Der Große Gaagler näherte sich ihr weiterhin.
»Zurück!«, befahl sie ihm.
Jetzt war das Untier schon fast bei ihr, sodass das Mädchen seinen fauligen Atem riechen konnte. Das Monster stieg auf die Hinterbeine und peitschte mit den vier vorderen Gliedmaßen durch die Luft. Speichel tropfte von dem hungrigen Kiefer.
»Es reicht!«, rief Christina.
Wie von einem wuchtigen Schlag getroffen, erschauderte der Große Gaagler und taumelte dann verärgert zurück. Angst trat in die schwarzen Augen und voller Schrecken starrte er das Kind an.
»Geh weg!«, fauchte Christina.
Das Wesen schlug eingeschüchtert die Vorderbeine übers Gesicht und verzog sich.
»Geh!«, verlangte die Kleine noch einmal. »Sofort!«
Der Große Gaagler huschte davon. Er sprang in die niedrigen Äste und kletterte so schnell und weit von der Siebenjährigen fort, wie seine acht Beine ihn tragen konnten.
Christina schloss die Augen. Die Macht, die das Raubtier verscheucht hatte, verschwand aus ihren Zügen und sie erlaubte sich ein kleines verstohlenes Lächeln, bevor sie den Kampf mit dem störrischen
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