Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
sich selbst dafür, auch nur daran zu denken.
»Ich habe schon einen Aufguss zubereitet«, sagte die alte Dame, nahm einen Topf von einem Dreifuß und goss den Inhalt in vier tönerne Becher. »Das hier sollte eure Lebensgeister anregen und euch bis in die kleine Zehe kitzeln.«
»Kräutertee«, stellte Spencer fest, als er die Hände um seinen Becher legte und den sich kräuselnden Dampf tief einatmete.
»Tee?«, fragte Malinda nach, während sie einen Eierkuchen auf eine Grillgabel spießte und dicht ans Feuer hielt.
»Ein Getränk, das wir zu Hause haben. Schmeckt aber gar nicht ähnlich. Das hier ist großartig.«
Auch Maggie war vollauf begeistert: »Das würde ich nicht mal gegen einen Schokomilchshake eintauschen! Ich kann sogar spüren, wie es in meine Ohren steigt! Es schmeckt wie ein Tag voller Sonnenschein. Wenn wir das zu Hause hätten, wäre es ein Kassenschlager.«
»Aha«, machte die gute Fee und toastete einen zweiten Eierkuchen. »Jetzt kommen wir der Sache näher. Ich würde gerne mehr über diesen Ort erfahren, denn mir ist bewusst, dass ihr nicht aus diesem Königreich stammt – oder überhaupt aus dieser Welt.«
»Und das überrascht Sie gar nicht?«, fragte Lee.
»Gute Güte, nein, mein Herzchen, kaum etwas überrascht mich. Ich weiß auch, dass einer von euch der Castle Creeper ist. Noch bin ich mir unsicher, wer, aber das hat Zeit, bis ihr gegessen und euch aufgewärmt habt. Gebt bloß acht, dass ihr keine Frostbeulen bekommt.« Nachdem sie einen dritten Eierkuchen aufgespießt hatte, machte sie sich daran, die ersten beiden mit Butter zu bestreichen – die Grillgabel blieb einfach so in der Luft schweben. »Brombeermarmelade, meine Lieben? Ich habe auch frisch gebackene Lebkuchen – auf einem Teller machen sie sich viel besser als auf dem Dach – und beinahe einen ganzen Kümmelkuchen. Gerne auch Brot und Honig, wenn ihr möchtet.«
»Oh Mann, ich könnte echt sofort hier einziehen!«, wiederholte Maggie mit Nachdruck.
Nach den qualvollen Ereignissen vorhin im Lager brachten Lee und Spencer noch immer keinen Happen hinunter. Ein heißes Getränk war das Äußerste. Aber Maggie konnte dem Anblick und den Düften des köstlichen Essens, das vor ihnen ausgebreitet war, nicht widerstehen. Die Jungs schauten zu, wie sie den ersten Bissen nahm und die geschmolzene Butter von ihrem Handgelenk tropfte. Schließlich hielten sie das laute Knurren ihrer geschrumpften Mägen nicht mehr aus und schlugen ebenfalls zu.
»Na also«, sagte die gute Fee strahlend, als sie alles ratzfatz verputzten.
Die drei hatten schon ganz vergessen, wie richtiges Essen schmeckte, allerdings war das hier ohnehin viel leckerer als alles, was sie je gekostet hatten.
Malinda lockte mit gekrümmtem Finger einen dreibeinigen Schemel zu sich, der prompt einen Satz machte und zu ihr hoppelte, damit sie sich setzen konnte. »Schon besser. Ihr habt ausgesehen, als hättet ihr seit Tagen nichts mehr in den Bauch bekommen.« Sie verschränkte die Hände im Schoß und betrachtete die drei Jugendlichen der Reihe nach, als suche sie in ihren Gesichtern nach etwas. »Es ist viel Zeit vergangen seit der Nacht der Vollkommenen Finsternis. Damals habe ich versucht –«
Ein verstohlenes Schlurfen unterbrach sie und etwas leuchtend Blaues huschte über die Teppiche.
»Da bist du also!«, rief Malinda. »Benimm dich gefälligst, wenn wir Gäste haben. Komm und begrüße sie. Wo sind nur deine Manieren?«
Sofort lugte ein kleines Gesicht aus den Schatten hinter einem Beistelltisch.
Maggie schrie überrascht auf und das Gesicht verschwand wieder. Doch als Malinda es anlockte, kam Gilly, das Kaninchen, hervorgekrabbelt.
Es war kein gewöhnliches Tier, sondern bestand vollkommen aus durchscheinendem blauem Glas. Fell und Konturen waren lediglich hineinmodelliert und ganz glatt. Trotzdem bewegte es sich wie ein echtes, lebendiges Kaninchen aus Fleisch und Blut. Die Ohren zuckten, um die verblüffenden Geräusche einzufangen, die diese Fremden verursachten, und als Malinda es hochhob und auf den Schoß nahm, zappelte es mit den Pfoten.
»Gilly ist Fremden gegenüber schrecklich scheu«, erklärte sie, während sie dem Tierchen über die Ohren streichelte, woraufhin es genüsslich mit der Nase wackelte. »Wenn man sie heute so sieht, denkt man gar nicht, dass sie an manchen Tagen gar nicht mehr aufhört, über alle möglichen Dinge zu plappern. Schnatter, schnatter – so furchtbar voreingenommen, dass es ziemlich ermüdend sein
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