Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Türme eines prächtigen Schlosses zeichneten sich gegen einen tiefblauen Himmel ab. Kate verschlug es die Sprache. Da endlich ließen die Schwarzgesichtigen Damen sie los und sie fiel der Länge nach zu Boden. Wie Federn kitzelte das Gras ihre Finger.
Columbine hob den Blick von der Gans in ihrem Schoß und wischte sich über die Stirn, auf der ein dünner Streifen Blut zurückblieb. Dann widmeten sich ihre Finger wieder dem Federvieh, dem sie mechanisch eine Daune nach der anderen ausrupfte. Der Kopf der Gans baumelte leblos herab und ruckelte jedes Mal hin und her, wenn Columbine zupackte.
An diesem Winternachmittag war es ungewöhnlich ruhig in der Küche. Meisterin Slab war im Schlachthaus auf der anderen Seite des Schlosshofs und hatte alle Hände voll damit zu tun, sich um den großen, randvollen Bottich und die blutige Mischung darin zu kümmern. Die rosafarbene, klebrige Masse aus Hackfleisch, Brotkrumen und Kräutern musste bald in Schweinedärme abgefüllt werden. Die Köchin von Mooncaster hütete ihr Geheimrezept für Würste wie ihren Augapfel und verbarrikadierte sich jedes Mal im Schlachthaus, wenn sie neue herstellte.
Ned und Beetle, die Küchenjungen, waren mit der Schubkarre ins Dorf gegangen, um von der Müllersfrau frische Brotlaibe zu holen. Columbine war ganz allein.
Die Küche war riesig, viel größer als die übrigen vier, in denen die Speisen für die königlichen Häuser zubereitet wurden. Zwei große Feuer sorgten dafür, dass es hier drinnen immer sommerlich warm war. Die Flammen spiegelten sich in den vielen Kupfertöpfen und -pfannen, die entlang der getünchten Wände aufgereiht waren, und jedes Gericht, dass Meisterin Slab anrichtete, wurde um die Zutat von Schweißperlen angereichert.
Inzwischen hatte sich Columbine an die Hitze gewöhnt und kleidete sich nur noch in locker sitzende, zerlumpte Gewänder, die so oft ausgebessert und geflickt waren, dass sie aus mehr Stoffstücken als ein Quilt bestanden. Das Gesicht des jungen rothaarigen Mädchens war nur an Feiertagen sauber oder wenn die Küchenjungen wieder einmal Unfug trieben und sie in die Pferdetränke warfen. Sie erledigte ihre nie enden wollenden Pflichten barfuß, denn es tat gut, die kühlen Steinfliesen unter den Sohlen zu fühlen und mit den schmuddeligen Zehen durch Stroh oder Asche zu fahren.
Nie beschwerte sie sich, wenn Meisterin Slab sie mit dem großen Holzlöffel schlug, weil sie sie beim Trödeln erwischt hatte. Das Mädchen wusste, dass sie sich glücklich schätzen durfte, im Schloss zu arbeiten. In den seltenen freien Augenblicken schlich sie die Küchentreppe nach oben und lugte hinaus zu den fein gekleideten Höflingen, die durch den Bankettsaal liefen. Welch einen Augenschmaus sie abgaben! So kostbar und edel waren ihre Gewänder! Wenn die Musik während der Feierlichkeiten bis in die Küche hinabdrang, dann schloss Columbine ihre Augen, wiegte sich im Takt und stellte sich vor, selbst solch überaus vornehme Roben und dazu Tanzschuhe aus goldener Seide zu tragen.
Doch Meisterin Slabs dröhnende Bärenstimme riss sie jedes Mal aus ihren Tagträumen: Die Zwiebeln mussten geschält, der Kaminrost gescheuert, der Bratspieß gedreht, die Erbsen aus der Schale gepult oder die Butter geschlagen werden.
Als die Gans vollständig nackt war, lehnte sich das Mädchen kurz zurück. Dann griff sie nach dem zweiten Vogel, den sie vor der Rückkehr der Köchin zu rupfen hatte.
Hoch oben auf den Zinnen erschallte eine Trompete. Noch unten in der Küche hörte Columbine sie und wusste, dass sie die Heimkehr des Kreuzbuben von der heutigen Jagd verkündete.
Ein erfreutes Lächeln breitete sich auf dem schmutzigen Gesicht aus. Das Mädchen sprang von ihrem Hocker und rannte die Stufen zum Bankettsaal hinauf.
Eine spanische Wand aus geschnitztem Holz verbarg den Dienstbotenzugang vor den Augen der Adeligen. Hinter dieser wartete Columbine, während sie begierig durch die Ritzen in den hölzernen Ornamenten spähte. Lords und Ladys, die sich über die abenteuerlichen Ereignisse des Tages unterhielten, schritten an ihr vorüber. Wenigstens zweimal hatte der Kreuzbube die Hinterläufe eines Tiers im Visier gehabt und seinen Pfeil trotzdem nicht abgeschossen, was ihm die Pikdame besonders übel nahm. Seine Liebe für die Tiere und Vögel war weithin bekannt, doch in ihren Augen war das Zurschaustellen von Gnade reine Torheit.
Als das Mädchen diesen neuesten Tratsch hörte, befeuchtete sie grinsend ihre
Weitere Kostenlose Bücher