Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
aufschwang.
»Kastanien«, krächzte sie. »Und Äpfel, noch genauso süß und saftig wie im letzten Herbst, als man sie vom Ast gepflückt hat.«
Columbine kannte das alte Weib nicht, aber die Wälder waren voller fremder Geschöpfe. Sie fragte sich, wie weit die Frau an diesem Tag wohl gelaufen war. Allein den Korb hochzuheben schien schon zu anstrengend für sie. Einen Moment lang vergaß Columbine ihre eigene missliche Lage und bemitleidete sie.
»Ich kann Euch nichts abkaufen«, sagte das Dienstmädchen entschuldigend. »Ich habe kein Geld und meine Herrin ist beschäftigt. Sie würde mir die Ohren lang ziehen, sollte ich sie stören. Habt Ihr es schon in den kleineren Küchen des Schlosses versucht? Oder unten im Dorf?«
Die alte Frau ließ die Schultern noch weiter sacken. »Nichts als zugeschlagene Türen und gemeine Worte hat Granny Oakwright an diesem bitteren Tag verdient«, klagte sie. »Ich muss in meine Hütte im Verwunschenen Wald zurückkehren, wo mich weder Feuer noch ein Brotkrumen oder Freude erwarten.« Sie wandte sich zum Gehen und sah mit jedem schlurfenden Schritt noch gebeugter und zerbrechlicher aus. Das konnte Columbine nicht ertragen.
»Wartet!«, rief sie. »Ich habe keine Pennys, dafür gibt es in ganz Mooncaster keine wärmeren Kamine als hier. Kommt herein, Mütterchen, und wärmt Euch auf.«
Die Frau nuschelte einen Dank, drehte sich auf wackligen Beinen um und trat in die Küche.
Columbine führte sie zu einem Hocker vor dem größten Feuer, wo die Alte sich niederließ und den Korb vom Rücken nahm.
»Oh, bei meinen alten Knochen!«, rief Granny Oakwright aus, als sie die Hände in den gestrickten Handschuhen den züngelnden Flammen entgegenstreckte. »Granny fühlt, wie ihre Frostbeulen aufleben! Wie es in ihren knorrigen Fingern kitzelt!«
Columbine lächelte, dann flitzte sie in die Speisekammer und kam mit einem großen Stück Schafspastete und einem Kanten Käse zurück. Sie wusste, dass Meisterin Slab sie für diese milde Gabe verprügeln würde, aber was machte das schon?
»Bitte«, sagte sie freundlich. »Ein Mahl, wie unser Lord Ismus es nicht verschmähen würde, und heißes Würzbier sollt Ihr auch bekommen, um es hinunterzuspülen!«
Der alten Frau verschlug es die Sprache. Mit offenem Mund bestaunte sie die königliche Verpflegung und klatschte in die Hände. »Was für ein tugendhaftes, gütiges Kind du bist!«, rief sie mit vollem Mund. »Das uneigennützigste Herz im ganzen Reich – und passend dazu noch ein hübsches Gesicht!«
Columbine machte sich daran, in einen Humpen besten Oktoberbiers Zimt, Nelken und Muskat zu streuen. Dann hielt sie ein glühendes Eisen hinein, sodass ein herrlicher Duft aufstieg, während das Gebräu blubbernd und dampfend über den Rand schäumte.
Als sie den heißen Trunk der alten Frau reichte, hatte diese gerade die letzten Pasteten- und Käsereste verputzt und pickte die Krümel von ihrem schäbigen Hemd.
»Ich könnte Euch ein wenig mehr Käse in ein Tuch wickeln, damit Ihr es mit nach Hause nehmen könnt«, schlug das Mädchen vor. »Leider haben wir kein Brot, sonst könntet Ihr auch davon gerne haben, aber die Küchenjungen holen es eben erst von der Müllersfrau.«
Ihr Gast hielt den dampfenden Becher in beiden Händen und nippte dankbar daran, während er sie durchdringend betrachtete. Zwei dunkle kleine Augen, vom Alter zerfurcht, blickten Columbine aus dem Schatten der Hutkrempe an.
»Lieber würde ich vergiftete Schlangenleber essen als den feinsten Laib Brot, den Gristabel Smallrynd, die Frau des Müllers, gebacken hat«, stieß das alte Weib plötzlich hervor. »Hat heute damit gedroht, ihren schielenden Hund auf mich zu hetzen, ganz recht! Und mit einem Stecken hat sie nach Grannys Kopf gehauen … Doch das wird sie noch bereuen.« Ihr warziges Kinn wackelte hin und her, während sie gluckernd das Bier schluckte. Nach einem zufriedenen Seufzen sagte sie: »Ich danke dir für das Angebot, aber lass den Käse nur, wo er ist. Du warst schon freigiebig genug – noch dazu, da es sicherlich auffallen wird, wenn solch feine Leckerbissen fehlen. Ich könnte darauf wetten, dass dir dafür eine Strafe droht. In ganz Mooncaster würde niemand sonst einem alten, freundlosen Weib wie mir so viel Liebenswürdigkeit entgegenbringen.«
»Ich hätte es nicht ertragen, Euch an einem so kalten Tag wie heute müde und hungrig von dannen humpeln zu sehen.«
»Dann lass es mich dir vergelten, Kind. Gibt es etwas, worum du ein
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