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Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Titel: Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jarvis
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Tagesanbruch erneut hörten und es wieder sicher war.«
    Columbine räusperte sich und hob eine Hand, um die Hexe zu unterbrechen. »Wie hängt das denn mit diesem widerwärtigen Ohr zusammen?«, fragte sie und schauderte beim Anblick des abgetrennten Körperteils.
    »Es war Sir Lucius, der die Lamia in einer von Regen gepeitschten Nacht bis in den Wald verfolgte«, fuhr Haxxentrot fort. »Mit seinem Speer durchbohrte er ihre Flanke, sodass sie das Kind, das sie zuletzt gestohlen hatte, fallen ließ. Kreischend und brüllend vor Schmerz und Wut stürzte sie sich auf den Ritter, packte sein Pferd am Kopf und trug beide, Tier und Mann, hoch in die Lüfte, über Felder und Baumwipfel. Die ganze Zeit über hieb Sir Lucius auf sie ein und kämpfte mit ihr, wehrte ihre Schläge und Bisse ab, bis sein Schild schließlich zerbarst. So erhob er sein Schwert zum letzten Stich, doch die Lamia ließ sein Pferd fallen, sodass Ross und Reiter vom Himmel stürzten. Direkt vor dem Eingang zur Schwarzen Festung prallten sie auf. Das Pferd brach sich auf dem Waldboden alle Knochen, doch mit dem Ritter meinte es das Schicksal etwas besser. Obwohl er ein Auge eingebüßt hatte und sein Körper von Zweigen und Krallen zerfetzt war, lebte er noch immer. Er sah, wie das Untier auf ihn zuflog, um ihm die Glieder auszureißen und sich an seinem adeligen Fleisch gütlich zu tun. Doch noch hatte das Glück den braven Ritter nicht verlassen. Als der Tod ihm schon gewiss und unausweichlich schien, schob sich die Sonne hinter den östlichen Bergen hervor. Brüllend flüchtete sich die Lamia in die sichere Dunkelheit ihrer Höhle. Dreimal erklang die gewaltige Glocke über dem Kopf von Sir Lucius und brachte seine Ohren zum Bluten. Der Marmorstein rutschte knirschend an seinen Platz zurück und das Gewölbe war versperrt. Da wusste Sir Lucius, was er zu tun hatte.« Die Hexe hielt inne, um das schwarze Häufchen aus Haut und Knorpel mit einem beinahe zärtlichen Blick zu betrachten.
    »Verwundet, in Stücke gerissen und mit gebrochenen Knochen schleppte sich der Ritter, fast verrückt von dem dröhnenden Geläut, die Burgruine hinauf. Er kletterte bis zu den hohen Säulen, zwischen denen die monströse Glocke hing. Ohne ihre Stimme würde sich das Gewölbe, die Gruft, nie wieder öffnen lassen. Also griff Sir Lucius in Deathknellys Mund und raubte ihr die Zunge. Doch wog der Klöppel so schmerzlich viel und der Ritter war so geschwächt, dass er stolperte und stürzte.« Haxxentrot nahm das Ohr in die Hände und schmiegte es an sich, während sie es streichelte und bestaunte.
    »Ich habe ihn dann dort gefunden, viel später am selben Tag, zerschmettert nahe dem bronzenen Klöppel. Die Waldtiere hatten sich schon über ihn hergemacht. Sie sind so fleißige, schnelle Arbeiter. Dies hier habe ich an mich genommen im Andenken an einen tapferen Mann, den vortrefflichsten, den dieses verderbte Königreich je gesehen hat. Er hat mich von einer Rivalin und Geißel befreit, wofür ich ihm noch immer dankbar bin. Von der Lamia hat man nie wieder etwas gesehen oder gehört. Die versiegelte Höhle ist zu ihrem Grab geworden.« Die Stimme der alten Hexe versagte, während ihr Blick weiter auf dem schauerlichen Andenken haftete.
    Columbine rann ein kalter Schauder über die Haut. »Und Ihr denkt, dass ich so etwas zum Geschenk will?«, murmelte sie ungläubig. »Seid Ihr etwa genauso verrückt wie hässlich?«
    Die Hexe schwieg, hielt das scheußliche Relikt an ihre vertrockneten Lippen und küsste es. Dann, noch bevor Columbine sie aufhalten konnte, sprang Haxxentrot auf, presste der Küchenmagd das Ohr gegen die Schulter und wälzte es im noch immer glitzernden Blut des Jockeys. Dabei stieß sie eigenartige Worte aus, griff nach dem Tamburin und schlug mit der Hand darauf.
    In sämtlichen Herden loderten die Flammen inbrünstig auf. Stürmische Wogen aus grünem und purpurnem Feuer ergossen sich in die Küche. Die Flammen hüllten Haxxentrot und Columbine ein, zischten und prasselten, während feurige Sterne durch das Zimmer zischten und von Töpfen und Tellern abprallten. Einer schlug in einen großen Tonkrug ein, der sofort zu Staub zerbröckelte. Ein anderer schoss in den Salzsack, woraufhin die wertvollen Körnchen auf den Boden rieselten. Die Luft war erfüllt von Sirren und Kreischen. Haxxentrot wirbelte herum und brüllte eine Beschwörungsformel. Columbine schrie sich in Todesangst die Seele aus dem Leib. Die Kupferpfannen bebten an ihren Haken.

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