Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
die ständig zwischen Küche und Bankettsaal hin- und hereilten. Er erhaschte ein paar Blicke durch die Schwingtüren und bemerkte, dass man dort keinerlei Veränderungen vorgenommen hatte. Noch immer brannte in der Küche elektrisches Licht und überall waren gebürsteter Stahl und hell lackierte Oberflächen zu sehen. Lee legte ein Stück Pastete auf den Holzteller, drückte es mit der Hand flach und klatschte es dann auf eine Scheibe Brot, die er einmal zusammenklappte und sich in den Mund schob, während es in seinem Kopf beständig weiterarbeitete.
Einen Tisch weiter stieß Charm bewundernde Laute aus, während sie das Schloss begutachtete. »Wenn ich erst mal am Zug bin, hänge ich rosa Vorhänge vor meine Fenster da drin«, erklärte sie und lächelte strahlend in die Kameras, die sich um sie versammelt hatten. »Egal, als wer ich aufwache, ich werd alles rosa anmalen. Ist einfach meine Lieblingsfarbe!« Sie posierte und schauspielerte für die Fotografen, dann schnitt sie sich eine Scheibe von dem Fasan ab und erklärte es zu einem »zähen Hühnchen«, wobei alles andere »kohlenhydratverpestet« war.
»Brot, Pasteten, Bier und Kuchen!«, rief sie und warf die Hände in gespieltem Grauen in die Luft. »Nur schlechtes Zeug! Würde sich sofort an meinem Hintern absetzen, hundertpro! Ein Glück, dass es keine Kartoffeln gibt, sonst würd ich aufgehen wie ein Hefekloß. Ich liebe Kartoffeln. Aber in Mooncaster gibt’s keine, oder? Noch nicht erfunden oder so was in der Art, hat mir meine Mama erzählt. Keine Ahnung, was ich sonntags dort ohne meinen Kartoffelbrei mit Soße machen soll! Haben Sie schon mal lila Kartoffeln probiert? Die sind eine Wucht! Und ganz komplett lila, auch innen drin, wie bei Roter Beete, ehrlich wahr! Einmal hab ich sie mit normalen Kartoffeln zusammengemanscht, damit Rosa rauskommt, ist aber nur so ’n hässliches Grau draus geworden. Voll widerlich!«
Nachdem sie peinlich genau die »monstermörderfette Haut« vom Fleisch gepult hatte, nahm Charm einen winzigen Bissen Fasan in den Mund und kaute. Sobald sie den Wildgeschmack auf der Zunge spürte, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig. Ihre Augen schienen überzuquellen, dann spuckte sie das Fleisch würgend aus. Charm packte ihren Bierkrug und leerte die vierhundert Kalorien in einem Zug.
Bis um neun Uhr dauerte der Festschmaus, dann folgte die letzte Lesung des Abends. Jody legte die Stirn auf den Tisch. Wozu das Spielchen weiterspielen? Es würde doch eh bei keinem von ihnen wirken.
Die anderen beobachteten stockstarr, wie die Erwachsenen im Saal freudig erschauderten, als sie wieder in ihre anderen Leben eintauchten. Marcus verschränkte die Arme und starrte stur auf das Modellschloss. Die erschlafften Gesichter der Jax-Anhänger wollte er nicht sehen, es hing ihm zum Hals heraus. Charm dagegen legte die Hände wie zum Gebet zusammen und versuchte sich vorzustellen, wie sie diese Zinnen entlangmarschierte oder zu einem der Türme aufblickte; um jeden Preis wollte sie dorthin. An der Tafel, an der Alasdair mit den Kleinsten saß, wurde unter dem Tisch ein Spiel gespielt – der Erste gab den Füßen neben sich einen leichten Schubs, der weitergegeben wurde, bis die Reihe einmal durch war. Dann wanderten die spaßigen Tritte im Takt wieder zurück. Das eine Ende dieser Kette war Christina, das andere Alasdair, wo das Spielchen jedes Mal einen abrupten Schluss fand, bis er beschloss, auch mitzumachen. Von den Erwachsenen bekam keiner etwas davon mit, alle waren zu versunken in der Welt von Mooncaster, und der Ismus hing seinen eigenen Gedanken nach.
Als die Geschichte zu Ende war, durften die Kinder und Jugendlichen endlich in ihre Hütten, nachdem man ihnen versprochen hatte, dass der nächste Tag sogar noch besser werden würde.
»Wir Glückspilze!«, murrte Jody. »Kann’s kaum erwarten.«
Alasdair scharte seine Gruppe um sich. Die meisten waren schon halb eingeschlafen. Dieser Tag war für alle lang und kräftezehrend gewesen und die Jungs konnten sich kaum noch auf den Beinen halten. Alasdair führte sie nach draußen und stellte erleichtert fest, dass Tommy Williams endlich einmal lächelte.
Marcus schlenderte zu Charm, die schmollte, weil keine Kameras mehr da waren.
»Na, Schönheit, wie fandest du den Festfraß?«
»Zum Kotzen.« Sie ließ ihn stehen und stolzierte davon.
»Und«, rief er ihr hinterher, »was hast du heute noch vor? Der Abend ist jung! Wir sollten ein bisschen abhängen und
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