DanDep-StaderVer
Mann, der so weit über allem stand, dass für ihn die normalen Sterblichkeitsregeln nicht gelten konnten. Sein Tod riss ein klaffendes Loch in das Leben aller, die ihn gekannt hatten.
Am schwersten traf es Dee, Beaus kleines Mädchen. Ihre Brüder konnten nur zur Beerdigung bleiben. Sie waren über die halbe Welt verteilt, der eine lebte in Frankreich, der andere in New York, beide hatten Familie. Beaus Frau Mary, einem zähen alten Vogel, blieb nichts anderes übrig, als die Ranch in Ojai mit Hilfe einer mexikanischen Familie, die schon seit Jahren bei ihnen arbeitete, allein zu bewirtschaften. Dee hatte in den letzten beiden Sommern praktisch bei ihr gewohnt. Sie half mit den Tieren, machte die Buchführung und leistete Mary Gesellschaft. Spandau fuhr raus, wann immer es seine Zeit erlaubte.
Er war nicht überrascht, als sie ihm eröffnete, dass sie endgültig wieder auf die Ranch ziehen wollte. Sie lebten ein Jahr lang getrennt, ohne sich scheiden zu lassen, dann wollte Dee die Trennung lieber doch amtlich besiegeln lassen. Spandau fragte sich, ob sie wohl einen anderen hatte, aber bis jetzt war noch keiner aufgetaucht.
Vielleicht wollte Dee ihm die Freiheit geben, andere Frauen kennenzulernen. Erst seit die Scheidungspapiere unterzeichnet waren, seit nicht einmal einem Jahr, konnte Spandau andere Frauen wenigstens ansehen. Doch er fühlte sich bis jetzt unbehaglich dabei. Er erwartete nicht, dass er noch einmal eine Frau wie sie finden würde.
Er fand keine zweite Dee, er fand überhaupt niemanden, und das war ihm sogar lieber. Als die Scheidung rechtskräftig war und feststand, dass sie nicht mehr zurückkommen würde, kaufte ihr Spandau ihre Hälfte des Hauses ab. Sonst besaßen sie nichts. Sie nahm den Toyota 4-Runner. Spandau behielt den Apache und die meisten Möbel.
Spandau brachte die Einkäufe in die Küche, stellte die Tüte auf den Tisch und räumte die Sachen ein. Es war kurz vor zwei. Er machte sich ein Sandwich und aß es schnell aus der Hand, über die Spüle gebeugt, wie ein Junggeselle. Dann ging er in sein Büro, um den Anrufbeantworter abzuhören.
Aus dem Gästezimmer hätte eigentlich das Kinderzimmer werden sollen. Jetzt war es die »Gene-Autry-Hütte«, wie Dee es nannte. Anfangs nur ein Büroraum, in dem Spandau seine Buchführung erledigte und die Berichte für Coren schrieb, verwandelte es sich allmählich in ein Depot, in dem sich Erinnerungsstücke, Andenken und Fotos von seinen Filmen und Rodeos sammelten. Und auch ein paar Pokale von irgendwelchen Vorstadtrodeos, meistens fürs Kälberfangen, denn wie hatte Beau einmal so treffend gesagt? Spandau saß im Sattel, als ob sein Arsch mit Teflon beschichtet sei.
Nachdem Dee ausgezogen war, hatte der - nie sehr tief - in ihm schlummernde Cowboy den Raum ganz in Besitz genommen. Navajo-Teppiche, Indianertotems, mexikanische Decken auf einem alten Sofa und einem Sessel aus Sattelleder, seinem Lieblingsplatz. Seine Büchersammlung über den Wilden Westen in einer Glasvitrine. An der einen Wand ein paar antike Gewehre. Ein großes Poster von Sitting Bull über dem Schreibtisch, einem schweren, alten Rollsekretär, der sich nur von drei Männern vom Fleck bewegen ließ.
Die wenigen Freunde, die er je dort hereinließ, fühlten sich wie in das Museum einer längst vergangenen Zeit versetzt. Einzige Zugeständnisse an das zwanzigste Jahrhundert - das Spandau, wie Evelyn Waugh, für einen gigantischen Irrtum hielt - waren der Anrufbeantworter und der Laptop, unauffällig in eine Ecke abgeschoben. Hier fühlte sich Spandau zu Hause, mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Pfeife rauchend und an einem Wild Turkey nippend, vertrödelte er hier manch langen, einsamen Abend, vertieft in ein Buch über den Wilden Westen.
Der Anrufbeantworter hatte keine Überraschungen zu bieten. Pookie erinnerte ihn mit ihrer fürs Telefon reservierten Marilyn-Monroe-Stimme daran, dass Coren immer noch auf die Kilometerabrechnung wartete. Ein Freund aus Utah, ein echter Cowboy, rief aus Langeweile -und im Suff - an, um ihm Bescheid zu geben, dass er demnächst nach L. A. kommen würde, und um zu fragen, ob Spandau vielleicht irgendwelche Filmsternchen für ihn auf Lager habe.
Ein Anruf war von Dee. Sie wollte wissen, ob er immer noch vorhatte, am Nachmittag auf die Ranch rauszufahren. Spandau spielte sich ihre Nachricht gleich mehrere Male hintereinander ab und lauschte mit stockendem Herzen ihrer Stimme.
Er zog den Armani aus und schlüpfte in eine Jeans, ein
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