Danger - Das Gebot der Rache
nach draußen und lief über den nassen Rasen nach Cramer Hall. Wieder meinte sie, jemanden hinter sich zu hören, Schritte, die durch den Regen rannten. Erneut blickte sie über die Schulter. Diesmal sah sie jemanden im dämmrigen Licht, einen großen Mann, der hinter ihr herstürmte. Er kam ihr bekannt vor, aber es war zu dunkel, um seine Züge zu erkennen. Als sie in seine Richtung blickte, wandte er das Gesicht ab und verschwand im dichten Regenschleier.
Einen Augenblick lang fragte sich Kristi, ob er ihr absichtlich gefolgt war, aber das war lächerlich. Wer sollte sie in diesem Wolkenbruch schon verfolgen?
Du bist schon genauso paranoid wie dein alter Herr! Der Kerl hinter dir ist nur gerannt, um aus diesem scheußlichen Regen rauszukommen. Daran ist nichts Beängstigendes.
Kurz dachte sie, der Mann hinter ihr sei Brian gewesen – die Statur hätte gestimmt –, aber warum sollte Brian nicht versuchen, sie einzuholen? Warum hatte er sich abgewandt und war im Dämmerlicht verschwunden? Nein, das machte keinen Sinn.
Wo steckte Brian eigentlich?, fragte sie sich leicht gereizt. Sie stieß die Tür zu ihrem Haus auf und versuchte, nicht sauer zu sein. Vermutlich gab es einen guten Grund, warum er sie nicht zurückrief.
Kristi flitzte zwei Treppen nach oben, wischte sich den Regen aus dem Gesicht und riss ihr Handy aus der Tasche. Nichts. Niemand hatte angerufen, seit ihr Vater ihr mitgeteilt hatte, dass er sich verspäten würde.
Großartig.
Die Tür zu ihrem Zimmer war unverschlossen. Lucretia lag auf dem unteren Etagenbett und blätterte durch eine neue Ausgabe der
Modern Bride.
Kristi hätte sich am liebsten übergeben. Lucretia tat wirklich nichts anderes, als zu lernen und davon zu träumen, so bald wie möglich ihren Abschluss zu machen, um heiraten zu können. Kristi verkniff sich einen bissigen Kommentar und begann, Jacke und Jeans auszuziehen. »Hat jemand für mich angerufen?«, fragte sie, drückte das Wasser aus ihrem Pferdeschwanz und suchte in ihrem winzigen Kleiderschrank nach etwas Trockenem zum Anziehen.
»Ja. Jay.« Lucretia trank Cola light und mampfte Cheetos, ihren Lieblings-Käsesnack, während sie eingehend eine Seite mit verschiedenen, aufwendig verzierten Hochzeitstorten betrachtete.
Kristi zuckte zusammen.
»Er will wissen, wann du nach Hause kommst.«
»Du hast mit ihm gesprochen?«, fragte Kristi und warf einen Blick auf ihr Spiegelbild. Ihre Haut war von der Kälte gerötet, ihr Haar kräuselte sich. »Warum hast du nicht den Anrufbeantworter drangehen lassen?«
»Ich hab nicht nachgedacht, hab einfach den Hörer abgenommen, ohne vorher auf die Anruferkennung zu schauen.« Lucretia verdrehte die Augen, als sie Kristis genervten Gesichtsausdruck bemerkte. »Tut mir leid. Übrigens: Er denkt immer noch, er sei dein Freund. Ich hab nicht gewusst, dass das eine so große Sache war.« Sie zuckte die Schulter und steckte sich einen weiteren Cheeto in den Mund. »Er möchte, dass du ihn zurückrufst.«
»Ich denke, damit warte ich, bis ich zu Hause bin.«
»Mir egal.« Lucretia leckte sich den Käse von den Lippen.
»Sonst noch jemand?«
»Nein.« Lucretia blickte mit jenem selbstgefälligen Blick auf, der Kristi stets unter die Haut ging. »Niemand. Nicht mal Brian.«
Kristi erwiderte nichts, doch sie konnte es kaum erwarten, endlich nach Hause zu kommen, weg von ihrer selbstgerechten Zimmergenossin. Lucretia rauchte nicht, trank nicht, nahm keine Drogen, hörte nicht mal Musik, abgesehen von christlichen Sendern. Sie träumte von nichts anderem, als Ehefrau und Mutter zu sein. Wie langweilig! Kristi blickte auf die Uhr und fragte sich, wann zum Teufel ihr Vater endlich da sein würde.
Bentz parkte vor dem Tor. Er stieg aus dem Jeep, zückte seine Dienstmarke und zeigte sie dem Beamten vom Department des Sheriffs, der Wache stand. Hinter dem durchhängenden alten Zaun stand eine stillgelegte Getreidemühle.
Montoya hatte bereits mit den anderen Officers gesprochen. Er löste sich von dem Grüppchen, das sich im Regen versammelt hatte, und winkte Bentz zu sich.
»Was haben wir?«, fragte Bentz.
»Zwei nicht identifizierte Frauenleichen.« Montoya zog heftig an seiner Zigarette. Seine Jacke glänzte vor Nässe, sein Gesicht wirkte in der hereinbrechenden Dunkelheit angespannt. Die Dämmerung hatte sich schnell über diese Bauernschaft, etwa eine Fahrstunde von der Stadt entfernt, gesenkt. Der Regen ließ nicht nach und strömte vom Schirm von Bentz’
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